stimmt, und für ein richtiges und gutes Sehen von höchster Wichtigkeit ist. Deshalb ist die Regenbo- genhaut des Auges der Leukäthiopier blaß rosenfarb und halb durchsichtig, die von einem dunklerem Roth schimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem bleichen Karneol.
Diese Symptome findet man stets beysammen, so daß man, meines Wissens, diese sonderbare Rö- the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte Weiß der Haupt- und übrigen Haare gesehen hat. Daß aber jene Röthe der Pupillen von den Beobach- tern öfters nicht bemerkt worden, ist kein Wunder, da die übrigen genannten Symptome ihnen mehr in die Augen fielen, die Leukäthiopier aber, welche das Licht nicht gut vertragen können, die Augenlieder mehrentheils geschlossen halten.
Stets ist diese Krankheit angeboren, niemals, meines Wissens, nach der Geburt entstanden. Sie ist stets unheilbar; denn es findet sich kein einziges Beyspiel, daß sich jemals nach der Geburt eine dunklere Farbe noch angesetzt habe.
Nicht selten ist sie erblich, denn fälschlich sind die Leukäthiopier von einigen für unfruchtbar und entweder zum Zeugen oder zum Empfangen für un- tüchtig ausgegeben werden.
Im Allgemeinen aber ist die Kenntnis von dieser merkwürdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei- nungen verfälscht worden. So z. B. sind einige ungewiß gewesen, ob sie die Leukäthiopie für einen wirklich krankhaften Zustand halten sollten;
ande-
ſtimmt, und fuͤr ein richtiges und gutes Sehen von hoͤchſter Wichtigkeit iſt. Deshalb iſt die Regenbo- genhaut des Auges der Leukaͤthiopier blaß roſenfarb und halb durchſichtig, die von einem dunklerem Roth ſchimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem bleichen Karneol.
Dieſe Symptome findet man ſtets beyſammen, ſo daß man, meines Wiſſens, dieſe ſonderbare Roͤ- the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte Weiß der Haupt- und uͤbrigen Haare geſehen hat. Daß aber jene Roͤthe der Pupillen von den Beobach- tern oͤfters nicht bemerkt worden, iſt kein Wunder, da die uͤbrigen genannten Symptome ihnen mehr in die Augen fielen, die Leukaͤthiopier aber, welche das Licht nicht gut vertragen koͤnnen, die Augenlieder mehrentheils geſchloſſen halten.
Stets iſt dieſe Krankheit angeboren, niemals, meines Wiſſens, nach der Geburt entſtanden. Sie iſt ſtets unheilbar; denn es findet ſich kein einziges Beyſpiel, daß ſich jemals nach der Geburt eine dunklere Farbe noch angeſetzt habe.
Nicht ſelten iſt ſie erblich, denn faͤlſchlich ſind die Leukaͤthiopier von einigen fuͤr unfruchtbar und entweder zum Zeugen oder zum Empfangen fuͤr un- tuͤchtig ausgegeben werden.
Im Allgemeinen aber iſt die Kenntnis von dieſer merkwuͤrdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei- nungen verfaͤlſcht worden. So z. B. ſind einige ungewiß geweſen, ob ſie die Leukaͤthiopie fuͤr einen wirklich krankhaften Zuſtand halten ſollten;
ande-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0231"n="197"/>ſtimmt, und fuͤr ein richtiges und gutes Sehen von<lb/>
hoͤchſter Wichtigkeit iſt. Deshalb iſt die Regenbo-<lb/>
genhaut des Auges der Leukaͤthiopier blaß roſenfarb<lb/>
und halb durchſichtig, die von einem dunklerem Roth<lb/>ſchimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem<lb/>
bleichen Karneol.</p><lb/><p>Dieſe Symptome findet man ſtets beyſammen,<lb/>ſo daß man, meines Wiſſens, dieſe ſonderbare Roͤ-<lb/>
the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte<lb/>
Weiß der Haupt- und uͤbrigen Haare geſehen hat.<lb/>
Daß aber jene Roͤthe der Pupillen von den Beobach-<lb/>
tern oͤfters nicht bemerkt worden, iſt kein Wunder,<lb/>
da die uͤbrigen genannten Symptome ihnen mehr in<lb/>
die Augen fielen, die Leukaͤthiopier aber, welche das<lb/>
Licht nicht gut vertragen koͤnnen, die Augenlieder<lb/>
mehrentheils geſchloſſen halten.</p><lb/><p>Stets iſt dieſe Krankheit <hirendition="#fr">angeboren</hi>, niemals,<lb/>
meines Wiſſens, nach der Geburt entſtanden. Sie<lb/>
iſt ſtets unheilbar; denn es findet ſich kein einziges<lb/>
Beyſpiel, daß ſich jemals nach der Geburt eine<lb/>
dunklere Farbe noch angeſetzt habe.</p><lb/><p>Nicht ſelten iſt ſie erblich, denn faͤlſchlich ſind<lb/>
die Leukaͤthiopier von einigen fuͤr unfruchtbar und<lb/>
entweder zum Zeugen oder zum Empfangen fuͤr un-<lb/>
tuͤchtig ausgegeben werden.</p><lb/><p>Im Allgemeinen aber iſt die Kenntnis von dieſer<lb/>
merkwuͤrdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei-<lb/>
nungen verfaͤlſcht worden. So z. B. ſind einige<lb/>
ungewiß geweſen, ob ſie die Leukaͤthiopie fuͤr<lb/>
einen wirklich krankhaften Zuſtand halten ſollten;<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ande-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[197/0231]
ſtimmt, und fuͤr ein richtiges und gutes Sehen von
hoͤchſter Wichtigkeit iſt. Deshalb iſt die Regenbo-
genhaut des Auges der Leukaͤthiopier blaß roſenfarb
und halb durchſichtig, die von einem dunklerem Roth
ſchimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem
bleichen Karneol.
Dieſe Symptome findet man ſtets beyſammen,
ſo daß man, meines Wiſſens, dieſe ſonderbare Roͤ-
the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte
Weiß der Haupt- und uͤbrigen Haare geſehen hat.
Daß aber jene Roͤthe der Pupillen von den Beobach-
tern oͤfters nicht bemerkt worden, iſt kein Wunder,
da die uͤbrigen genannten Symptome ihnen mehr in
die Augen fielen, die Leukaͤthiopier aber, welche das
Licht nicht gut vertragen koͤnnen, die Augenlieder
mehrentheils geſchloſſen halten.
Stets iſt dieſe Krankheit angeboren, niemals,
meines Wiſſens, nach der Geburt entſtanden. Sie
iſt ſtets unheilbar; denn es findet ſich kein einziges
Beyſpiel, daß ſich jemals nach der Geburt eine
dunklere Farbe noch angeſetzt habe.
Nicht ſelten iſt ſie erblich, denn faͤlſchlich ſind
die Leukaͤthiopier von einigen fuͤr unfruchtbar und
entweder zum Zeugen oder zum Empfangen fuͤr un-
tuͤchtig ausgegeben werden.
Im Allgemeinen aber iſt die Kenntnis von dieſer
merkwuͤrdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei-
nungen verfaͤlſcht worden. So z. B. ſind einige
ungewiß geweſen, ob ſie die Leukaͤthiopie fuͤr
einen wirklich krankhaften Zuſtand halten ſollten;
ande-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/231>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.