Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

welche durch schön geformte Busen sich auszeichnen;
endlich aber ist auch diese Verlängerung keineswegs
blos den wilden Völkerschaften eigen, sondern man
hat sie hier und da auch bey europäischen Weibern,
z. B. sonst an den irrländischen 189) und noch in
neuern Zeiten bey den morlachischen 190), gefunden.

Die Ursache davon scheint hauptsächlich in der
Gewohnheit, die Kinder, auf dem Rücken der Mut-
ter hangend, zu sängen, zum Theil auch in einem
langen, mehrjährigen Säugen der Kinder zu liegen.
Hin und wieder wird uns sogar berichtet, daß bey
Völkern, welche diese Verlängerung für schön hiel-
ten, die Brüste durch Kunst verlängert worden
sind 191).


An-
189) Lithgow's rare Adventures and painefull pere-
grinations
,
S. 433. -- "In den nördlichen
Theilen von Irrland sah ich Weiber, wel-
che auf der Straße arbeiteten, oder heim-
wärts gingen, und ihre Kinder auf den
Nacken trugen, und ihre Brüste über die
Schultern gelegt, die Säuglinge hinter
ihren Rücken saugen ließen, ohne sie in
ihre Arme zu nehmen. Solche Art von
Brüsten deucht mich, wären sehr passend,
Geldbeutel für ost- oder westindische Kauf-
loute daraus zu machen; denn sie sind
länger als eine halbe Elle und so zuge-
richtet, als nur immer ein Lohgerber
solches Leder zurichten könnte
." D d d)
190) Fortis viaggio in Dalmazia. Th. 1. S. 81.
191) Von den Bewohnern der östlichen Küste Afrikas,
zwischen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se-
nega. Cadamosto in Ramusius Sammlung, Theil 1.
S. 100.
Vergl. L'amiral l'Afrique et le peuple Africain.
Paris 1789. 8. S. 43.
"In

welche durch ſchoͤn geformte Buſen ſich auszeichnen;
endlich aber iſt auch dieſe Verlaͤngerung keineswegs
blos den wilden Voͤlkerſchaften eigen, ſondern man
hat ſie hier und da auch bey europaͤiſchen Weibern,
z. B. ſonſt an den irrlaͤndiſchen 189) und noch in
neuern Zeiten bey den morlachiſchen 190), gefunden.

Die Urſache davon ſcheint hauptſaͤchlich in der
Gewohnheit, die Kinder, auf dem Ruͤcken der Mut-
ter hangend, zu ſaͤngen, zum Theil auch in einem
langen, mehrjaͤhrigen Saͤugen der Kinder zu liegen.
Hin und wieder wird uns ſogar berichtet, daß bey
Voͤlkern, welche dieſe Verlaͤngerung fuͤr ſchoͤn hiel-
ten, die Bruͤſte durch Kunſt verlaͤngert worden
ſind 191).


An-
189) Lithgow’s rare Adventures and painefull pere-
grinations
,
S. 433. — „In den noͤrdlichen
Theilen von Irrland ſah ich Weiber, wel-
che auf der Straße arbeiteten, oder heim-
waͤrts gingen, und ihre Kinder auf den
Nacken trugen, und ihre Bruͤſte uͤber die
Schultern gelegt, die Saͤuglinge hinter
ihren Ruͤcken ſaugen ließen, ohne ſie in
ihre Arme zu nehmen. Solche Art von
Bruͤſten deucht mich, waͤren ſehr paſſend,
Geldbeutel fuͤr oſt- oder weſtindiſche Kauf-
loute daraus zu machen; denn ſie ſind
laͤnger als eine halbe Elle und ſo zuge-
richtet, als nur immer ein Lohgerber
ſolches Leder zurichten koͤnnte
.“ D d d)
190) Fortis viaggio in Dalmazia. Th. 1. S. 81.
191) Von den Bewohnern der oͤſtlichen Kuͤſte Afrikas,
zwiſchen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se-
nega. Cadamoſto in Ramuſius Sammlung, Theil 1.
S. 100.
Vergl. L’amiral l’Afrique et le peuple Africain.
Paris 1789. 8. S. 43.
In
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="170"/>
welche durch &#x017F;cho&#x0364;n geformte Bu&#x017F;en &#x017F;ich auszeichnen;<lb/>
endlich aber i&#x017F;t auch die&#x017F;e Verla&#x0364;ngerung keineswegs<lb/>
blos den wilden Vo&#x0364;lker&#x017F;chaften eigen, &#x017F;ondern man<lb/>
hat &#x017F;ie hier und da auch bey europa&#x0364;i&#x017F;chen Weibern,<lb/>
z. B. &#x017F;on&#x017F;t an den irrla&#x0364;ndi&#x017F;chen <note place="foot" n="189)"><hi rendition="#aq">Lithgow&#x2019;s rare <hi rendition="#i">Adventures and painefull pere-<lb/>
grinations</hi>,</hi> S. 433. &#x2014; &#x201E;<hi rendition="#g">In den no&#x0364;rdlichen<lb/>
Theilen von Irrland &#x017F;ah ich Weiber, wel-<lb/>
che auf der Straße arbeiteten, oder heim-<lb/>
wa&#x0364;rts gingen, und ihre Kinder auf den<lb/>
Nacken trugen, und ihre Bru&#x0364;&#x017F;te u&#x0364;ber die<lb/>
Schultern gelegt, die Sa&#x0364;uglinge hinter<lb/>
ihren Ru&#x0364;cken &#x017F;augen ließen, ohne &#x017F;ie in<lb/>
ihre Arme zu nehmen. Solche Art von<lb/>
Bru&#x0364;&#x017F;ten deucht mich, wa&#x0364;ren &#x017F;ehr pa&#x017F;&#x017F;end,<lb/>
Geldbeutel fu&#x0364;r o&#x017F;t- oder we&#x017F;tindi&#x017F;che Kauf-<lb/>
loute daraus zu machen; denn &#x017F;ie &#x017F;ind<lb/>
la&#x0364;nger als eine halbe Elle und &#x017F;o zuge-<lb/>
richtet, als nur immer ein Lohgerber<lb/>
&#x017F;olches Leder zurichten ko&#x0364;nnte</hi>.&#x201C; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D d d</hi></hi>)</note> und noch in<lb/>
neuern Zeiten bey den morlachi&#x017F;chen <note place="foot" n="190)"><hi rendition="#aq">Fortis <hi rendition="#i">viaggio in Dalmazia</hi>.</hi> Th. 1. S. 81.</note>, gefunden.</p><lb/>
          <p>Die Ur&#x017F;ache davon &#x017F;cheint haupt&#x017F;a&#x0364;chlich in der<lb/>
Gewohnheit, die Kinder, auf dem Ru&#x0364;cken der Mut-<lb/>
ter hangend, zu &#x017F;a&#x0364;ngen, zum Theil auch in einem<lb/>
langen, mehrja&#x0364;hrigen Sa&#x0364;ugen der Kinder zu liegen.<lb/>
Hin und wieder wird uns &#x017F;ogar berichtet, daß bey<lb/>
Vo&#x0364;lkern, welche die&#x017F;e Verla&#x0364;ngerung fu&#x0364;r &#x017F;cho&#x0364;n hiel-<lb/>
ten, die Bru&#x0364;&#x017F;te durch Kun&#x017F;t verla&#x0364;ngert worden<lb/>
&#x017F;ind <note xml:id="note-0204" next="#note-0205" place="foot" n="191)">Von den Bewohnern der o&#x0364;&#x017F;tlichen Ku&#x0364;&#x017F;te Afrikas,<lb/>
zwi&#x017F;chen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se-<lb/>
nega. Cadamo&#x017F;to in Ramu&#x017F;ius Sammlung, Theil 1.<lb/>
S. 100.<lb/>
Vergl. <hi rendition="#aq">L&#x2019;amiral <hi rendition="#i">l&#x2019;Afrique et le peuple Africain</hi>.</hi><lb/>
Paris 1789. 8. S. 43.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;<hi rendition="#g">In</hi></fw></note>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">An-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0204] welche durch ſchoͤn geformte Buſen ſich auszeichnen; endlich aber iſt auch dieſe Verlaͤngerung keineswegs blos den wilden Voͤlkerſchaften eigen, ſondern man hat ſie hier und da auch bey europaͤiſchen Weibern, z. B. ſonſt an den irrlaͤndiſchen 189) und noch in neuern Zeiten bey den morlachiſchen 190), gefunden. Die Urſache davon ſcheint hauptſaͤchlich in der Gewohnheit, die Kinder, auf dem Ruͤcken der Mut- ter hangend, zu ſaͤngen, zum Theil auch in einem langen, mehrjaͤhrigen Saͤugen der Kinder zu liegen. Hin und wieder wird uns ſogar berichtet, daß bey Voͤlkern, welche dieſe Verlaͤngerung fuͤr ſchoͤn hiel- ten, die Bruͤſte durch Kunſt verlaͤngert worden ſind 191). An- 189) Lithgow’s rare Adventures and painefull pere- grinations, S. 433. — „In den noͤrdlichen Theilen von Irrland ſah ich Weiber, wel- che auf der Straße arbeiteten, oder heim- waͤrts gingen, und ihre Kinder auf den Nacken trugen, und ihre Bruͤſte uͤber die Schultern gelegt, die Saͤuglinge hinter ihren Ruͤcken ſaugen ließen, ohne ſie in ihre Arme zu nehmen. Solche Art von Bruͤſten deucht mich, waͤren ſehr paſſend, Geldbeutel fuͤr oſt- oder weſtindiſche Kauf- loute daraus zu machen; denn ſie ſind laͤnger als eine halbe Elle und ſo zuge- richtet, als nur immer ein Lohgerber ſolches Leder zurichten koͤnnte.“ D d d) 190) Fortis viaggio in Dalmazia. Th. 1. S. 81. 191) Von den Bewohnern der oͤſtlichen Kuͤſte Afrikas, zwiſchen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se- nega. Cadamoſto in Ramuſius Sammlung, Theil 1. S. 100. Vergl. L’amiral l’Afrique et le peuple Africain. Paris 1789. 8. S. 43. „In

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/204
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/204>, abgerufen am 22.11.2024.