haben, sich mit einem Querholze die Scheidewand der Nase zu durchbohren, und die Nasenlöcher gleichsam mit einem Riegel so zu verstopfen, daß sie bloß mit offnem Munde Athem holen können. Es ist also glaublich, daß jene Flachheit durch den be- ständigen Druck dieses Querriegels nach und nach entstehe.
Weit häufiger aber erleiden die flachen Knochen der Hirnschaale durch einen langen Druck eine be- sondere und zuweilen auch wohl nationale Umwand- lung der Bildung, die sich entweder von der, ge- wissen Nationen eignen, Sitte, die Kinder in Wiegen zu legen, oder von einem gewaltsamen, täglich absichtlich wiederhohlten Druck der Hand herschreibt.
Daher zeichneten sich zu den Zeiten des Vesalius, nach dessen Aussage die Teutschen mehrentheils durch ein eingedrücktes Hinterhaupt und einen breiten Kopf aus, weil die Knaben in der Wiege immer auf dem Rücken lägen.
Den Holländern aber schrieb er länglichere Köpfe als den übrigen zu, weil die Mütter ihre in Windeln gewickelten Kinder gewöhnlich auf der Seite und auf den Schläfen schlafen ließen.
Daher zeichnen sich die rohen amerikanischen Völkerschaften um Nord-Karolina bis nach Neu- Mexico hin, durch eine eingedrückte Hirnschaale aus, welche sie den Kindern durch eine abschüssige Lage in der Wiege zuziehen, in welcher sie mit dem Schei-
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haben, ſich mit einem Querholze die Scheidewand der Naſe zu durchbohren, und die Naſenloͤcher gleichſam mit einem Riegel ſo zu verſtopfen, daß ſie bloß mit offnem Munde Athem holen koͤnnen. Es iſt alſo glaublich, daß jene Flachheit durch den be- ſtaͤndigen Druck dieſes Querriegels nach und nach entſtehe.
Weit haͤufiger aber erleiden die flachen Knochen der Hirnſchaale durch einen langen Druck eine be- ſondere und zuweilen auch wohl nationale Umwand- lung der Bildung, die ſich entweder von der, ge- wiſſen Nationen eignen, Sitte, die Kinder in Wiegen zu legen, oder von einem gewaltſamen, taͤglich abſichtlich wiederhohlten Druck der Hand herſchreibt.
Daher zeichneten ſich zu den Zeiten des Veſalius, nach deſſen Ausſage die Teutſchen mehrentheils durch ein eingedruͤcktes Hinterhaupt und einen breiten Kopf aus, weil die Knaben in der Wiege immer auf dem Ruͤcken laͤgen.
Den Hollaͤndern aber ſchrieb er laͤnglichere Koͤpfe als den uͤbrigen zu, weil die Muͤtter ihre in Windeln gewickelten Kinder gewoͤhnlich auf der Seite und auf den Schlaͤfen ſchlafen ließen.
Daher zeichnen ſich die rohen amerikaniſchen Voͤlkerſchaften um Nord-Karolina bis nach Neu- Mexico hin, durch eine eingedruͤckte Hirnſchaale aus, welche ſie den Kindern durch eine abſchuͤſſige Lage in der Wiege zuziehen, in welcher ſie mit dem Schei-
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haben, ſich mit einem Querholze die Scheidewand
der Naſe zu durchbohren, und die Naſenloͤcher
gleichſam mit einem Riegel ſo zu verſtopfen, daß ſie
bloß mit offnem Munde Athem holen koͤnnen. Es
iſt alſo glaublich, daß jene Flachheit durch den be-
ſtaͤndigen Druck dieſes Querriegels nach und nach
entſtehe.
Weit haͤufiger aber erleiden die flachen Knochen
der Hirnſchaale durch einen langen Druck eine be-
ſondere und zuweilen auch wohl nationale Umwand-
lung der Bildung, die ſich entweder von der, ge-
wiſſen Nationen eignen, Sitte, die Kinder in
Wiegen zu legen, oder von einem gewaltſamen,
taͤglich abſichtlich wiederhohlten Druck der Hand
herſchreibt.
Daher zeichneten ſich zu den Zeiten des Veſalius,
nach deſſen Ausſage die Teutſchen mehrentheils durch
ein eingedruͤcktes Hinterhaupt und einen breiten
Kopf aus, weil die Knaben in der Wiege immer
auf dem Ruͤcken laͤgen.
Den Hollaͤndern aber ſchrieb er laͤnglichere
Koͤpfe als den uͤbrigen zu, weil die Muͤtter ihre in
Windeln gewickelten Kinder gewoͤhnlich auf der Seite
und auf den Schlaͤfen ſchlafen ließen.
Daher zeichnen ſich die rohen amerikaniſchen
Voͤlkerſchaften um Nord-Karolina bis nach Neu-
Mexico hin, durch eine eingedruͤckte Hirnſchaale aus,
welche ſie den Kindern durch eine abſchuͤſſige Lage
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/188>, abgerufen am 16.02.2025.
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