Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Rechte vierfüßig als behaart benennt werden zu
können.

§. 5.
Daß die Natur den Menschen aufrecht gebildet habe, wird
aus seiner Einrichtung dargethan.

Zwar ist es ein verdrüßliches Geschäft, eine an
sich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei-
sen zu untersuchen; allein sie gänzlich unberührt zu
lassen, verbieten ein paar berühmte Männer, der
Italiener P. Mascati nämlich, und der Holländer
A. Schrage5), die paradoxen Begünstiger der ent-
gegengesetzten Meinung. Indessen wird es hinrei-
chen, nur weniges aus dem sehr vielen herauszuheben.

Daß also der Mensch von Natur zum ausrechten
Gange bestimmt sey, bezeugt gleich auf dem ersten
Anblick die Länge der Schenkel im Verhältniß des
Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich schon dem
Daubenton nicht beystimmen, wenn er meint, daß
kein Thier, außer dem Menschen, so große Hinter-
füße habe6), deren Länge gleich wäre der Länge des
Kopfes und Rumpfes; welches die Beyspiele ver-
schiedener Säugthiere, als des Gibbon Simia lar
und des kapschen Springers (Jerboa Capensis) wi-
derlegen; so ist doch jedem klar, daß der also ge-
baute Mensch auf keine Weise wie die vierfüßigen
Thiere gehen könne; da selbst die Kinder nicht anders,

5) S. dessen Verhandeling over de Longteering in dem
Handbuche, welches den Titel hat: Genees-Natuur-
en Huishoud-kundige Jaarboeken
, 3ter Theil, 1ster
Abschnitt S. 32.
6) S. Memoires de l'acad. des sciences de Paris 1764.
S. 596.

Rechte vierfüßig als behaart benennt werden zu
können.

§. 5.
Daß die Natur den Menschen aufrecht gebildet habe, wird
aus seiner Einrichtung dargethan.

Zwar ist es ein verdrüßliches Geschäft, eine an
sich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei-
sen zu untersuchen; allein sie gänzlich unberührt zu
lassen, verbieten ein paar berühmte Männer, der
Italiener P. Mascati nämlich, und der Holländer
A. Schrage5), die paradoxen Begünstiger der ent-
gegengesetzten Meinung. Indessen wird es hinrei-
chen, nur weniges aus dem sehr vielen herauszuheben.

Daß also der Mensch von Natur zum ausrechten
Gange bestimmt sey, bezeugt gleich auf dem ersten
Anblick die Länge der Schenkel im Verhältniß des
Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich schon dem
Daubenton nicht beystimmen, wenn er meint, daß
kein Thier, außer dem Menschen, so große Hinter-
füße habe6), deren Länge gleich wäre der Länge des
Kopfes und Rumpfes; welches die Beyspiele ver-
schiedener Säugthiere, als des Gibbon Simia lar
und des kapschen Springers (Jerboa Capensis) wi-
derlegen; so ist doch jedem klar, daß der also ge-
baute Mensch auf keine Weise wie die vierfüßigen
Thiere gehen könne; da selbst die Kinder nicht anders,

5) S. dessen Verhandeling over de Longteering in dem
Handbuche, welches den Titel hat: Genees-Natuur-
en Huishoud-kundige Jaarboeken
, 3ter Theil, 1ster
Abschnitt S. 32.
6) S. Memoires de l'acad. des sciences de Paris 1764.
S. 596.
<TEI>
  <text xml:id="blume000008">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0056" xml:id="pb022_0001" n="22"/>
Rechte vierfüßig als behaart benennt werden zu<lb/>
können.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 5.<lb/>
Daß die Natur den Menschen aufrecht gebildet habe, wird<lb/>
aus seiner Einrichtung dargethan.</head><lb/>
          <p>Zwar ist es ein verdrüßliches Geschäft, eine an<lb/>
sich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei-<lb/>
sen zu untersuchen; allein sie gänzlich unberührt zu<lb/>
lassen, verbieten ein paar berühmte Männer, der<lb/>
Italiener P. Mascati nämlich, und der Holländer<lb/>
A. Schrage<note anchored="true" place="foot" n="5)"><p>S. dessen <hi rendition="#aq">Verhandeling over de Longteering</hi> in dem<lb/>
Handbuche, welches den Titel hat: <hi rendition="#aq">Genees-Natuur-<lb/>
en Huishoud-kundige Jaarboeken</hi>, 3ter Theil, 1ster<lb/>
Abschnitt S. 32.</p></note>, die paradoxen Begünstiger der ent-<lb/>
gegengesetzten Meinung. Indessen wird es hinrei-<lb/>
chen, nur weniges aus dem sehr vielen herauszuheben.</p>
          <p>Daß also der Mensch von Natur zum ausrechten<lb/>
Gange bestimmt sey, bezeugt gleich auf dem ersten<lb/>
Anblick die Länge der Schenkel im Verhältniß des<lb/>
Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich schon dem<lb/>
Daubenton nicht beystimmen, wenn er meint, daß<lb/>
kein Thier, außer dem Menschen, so große Hinter-<lb/>
füße habe<note anchored="true" place="foot" n="6)"><p>S. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Memoires de l'acad. des sciences de Paris</hi></hi> 1764.<lb/>
S. 596.</p></note>, deren Länge gleich wäre der Länge des<lb/>
Kopfes und Rumpfes; welches die Beyspiele ver-<lb/>
schiedener Säugthiere, als des Gibbon <hi rendition="#aq">Simia lar</hi><lb/>
und des kapschen Springers (<hi rendition="#aq">Jerboa Capensis</hi>) wi-<lb/>
derlegen; so ist doch jedem klar, daß der also ge-<lb/>
baute Mensch auf keine Weise wie die vierfüßigen<lb/>
Thiere gehen könne; da selbst die Kinder nicht anders,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0056] Rechte vierfüßig als behaart benennt werden zu können. §. 5. Daß die Natur den Menschen aufrecht gebildet habe, wird aus seiner Einrichtung dargethan. Zwar ist es ein verdrüßliches Geschäft, eine an sich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei- sen zu untersuchen; allein sie gänzlich unberührt zu lassen, verbieten ein paar berühmte Männer, der Italiener P. Mascati nämlich, und der Holländer A. Schrage 5), die paradoxen Begünstiger der ent- gegengesetzten Meinung. Indessen wird es hinrei- chen, nur weniges aus dem sehr vielen herauszuheben. Daß also der Mensch von Natur zum ausrechten Gange bestimmt sey, bezeugt gleich auf dem ersten Anblick die Länge der Schenkel im Verhältniß des Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich schon dem Daubenton nicht beystimmen, wenn er meint, daß kein Thier, außer dem Menschen, so große Hinter- füße habe 6), deren Länge gleich wäre der Länge des Kopfes und Rumpfes; welches die Beyspiele ver- schiedener Säugthiere, als des Gibbon Simia lar und des kapschen Springers (Jerboa Capensis) wi- derlegen; so ist doch jedem klar, daß der also ge- baute Mensch auf keine Weise wie die vierfüßigen Thiere gehen könne; da selbst die Kinder nicht anders, 5) S. dessen Verhandeling over de Longteering in dem Handbuche, welches den Titel hat: Genees-Natuur- en Huishoud-kundige Jaarboeken, 3ter Theil, 1ster Abschnitt S. 32. 6) S. Memoires de l'acad. des sciences de Paris 1764. S. 596.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/56
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/56>, abgerufen am 23.11.2024.