Erster Abschnitt. Von dem Unterschied zwischen dem Menschen und den übrigen Thieren.
§. 1. Schwierigkeit der Untersuchung.
Wer von der Verschiedenartigkeit des Menschenge- schlechts schreiben, und die Unterschiede aufzählen will, welche in Hinsicht auf ihren Körperbau zwi- schen den verschiedenen Menschenstämmen statt finden, muß vor allen Dingen eine Untersuchung anstellen über jene Unterscheidungen, welche den Menschen und die übrigen Thiere von einander sondern. Da trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium der Naturgeschichte, und zwar insonderheit der Zoo- logie öfters der Fall ist, daß man bisweilen eine Gattung von ihren Nebengeschlechtern weit leichter auf die erste Ansicht, und zwar zu Folge eines ge- wissen sinnlichen Eindrucks, unterscheiden, als diese unterscheidenden Merkmale selbst aufzählen, und mit Worten ausdrücken kann. So ist es ziemlich leicht die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem Haasen zu unterscheiden, schwer hingegen die charak- teristischen Zeichen, auf denen diese allgemein be- merkte Verschiedenheit beruht, heraus zu suchen. Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten, dieselbe Schwierigkeit habe, haben in diesem Fache
Erster Abschnitt. Von dem Unterschied zwischen dem Menschen und den übrigen Thieren.
§. 1. Schwierigkeit der Untersuchung.
Wer von der Verschiedenartigkeit des Menschenge- schlechts schreiben, und die Unterschiede aufzählen will, welche in Hinsicht auf ihren Körperbau zwi- schen den verschiedenen Menschenstämmen statt finden, muß vor allen Dingen eine Untersuchung anstellen über jene Unterscheidungen, welche den Menschen und die übrigen Thiere von einander sondern. Da trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium der Naturgeschichte, und zwar insonderheit der Zoo- logie öfters der Fall ist, daß man bisweilen eine Gattung von ihren Nebengeschlechtern weit leichter auf die erste Ansicht, und zwar zu Folge eines ge- wissen sinnlichen Eindrucks, unterscheiden, als diese unterscheidenden Merkmale selbst aufzählen, und mit Worten ausdrücken kann. So ist es ziemlich leicht die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem Haasen zu unterscheiden, schwer hingegen die charak- teristischen Zeichen, auf denen diese allgemein be- merkte Verschiedenheit beruht, heraus zu suchen. Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten, dieselbe Schwierigkeit habe, haben in diesem Fache
<TEI><textxml:id="blume000008"><body><divn="1"><pbfacs="#f0051"xml:id="pb017_0001"n="17"/><headrendition="#c"><hirendition="#g">Erster Abschnitt</hi>.<lb/>
Von dem Unterschied zwischen dem Menschen<lb/>
und den übrigen Thieren.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><headrendition="#c">§. 1.<lb/><hirendition="#g">Schwierigkeit der Untersuchung</hi>.</head><lb/><prendition="#no_indent">Wer von der Verschiedenartigkeit des Menschenge-<lb/>
schlechts schreiben, und die Unterschiede aufzählen<lb/>
will, welche in Hinsicht auf ihren Körperbau zwi-<lb/>
schen den verschiedenen Menschenstämmen statt finden,<lb/>
muß vor allen Dingen eine Untersuchung anstellen<lb/>
über jene Unterscheidungen, welche den Menschen<lb/>
und die übrigen Thiere von einander sondern. Da<lb/>
trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium<lb/>
der Naturgeschichte, und zwar insonderheit der Zoo-<lb/>
logie öfters der Fall ist, daß man bisweilen eine<lb/>
Gattung von ihren Nebengeschlechtern weit leichter<lb/>
auf die erste Ansicht, und zwar zu Folge eines ge-<lb/>
wissen sinnlichen Eindrucks, unterscheiden, als diese<lb/>
unterscheidenden Merkmale selbst aufzählen, und mit<lb/>
Worten ausdrücken kann. So ist es ziemlich leicht<lb/>
die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem<lb/>
Haasen zu unterscheiden, schwer hingegen die charak-<lb/>
teristischen Zeichen, auf denen diese allgemein be-<lb/>
merkte Verschiedenheit beruht, heraus zu suchen.<lb/>
Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten,<lb/>
dieselbe Schwierigkeit habe, haben in diesem Fache<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[17/0051]
Erster Abschnitt.
Von dem Unterschied zwischen dem Menschen
und den übrigen Thieren.
§. 1.
Schwierigkeit der Untersuchung.
Wer von der Verschiedenartigkeit des Menschenge-
schlechts schreiben, und die Unterschiede aufzählen
will, welche in Hinsicht auf ihren Körperbau zwi-
schen den verschiedenen Menschenstämmen statt finden,
muß vor allen Dingen eine Untersuchung anstellen
über jene Unterscheidungen, welche den Menschen
und die übrigen Thiere von einander sondern. Da
trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium
der Naturgeschichte, und zwar insonderheit der Zoo-
logie öfters der Fall ist, daß man bisweilen eine
Gattung von ihren Nebengeschlechtern weit leichter
auf die erste Ansicht, und zwar zu Folge eines ge-
wissen sinnlichen Eindrucks, unterscheiden, als diese
unterscheidenden Merkmale selbst aufzählen, und mit
Worten ausdrücken kann. So ist es ziemlich leicht
die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem
Haasen zu unterscheiden, schwer hingegen die charak-
teristischen Zeichen, auf denen diese allgemein be-
merkte Verschiedenheit beruht, heraus zu suchen.
Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten,
dieselbe Schwierigkeit habe, haben in diesem Fache
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/51>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.