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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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theils in den Nahrungsmitteln zu suchen seyen, von
welchen Diodorus Siculus ausdrücklich anführt, daß
sie bey den alten Aegyptiern aus Standen und Wur-
zeln bestanden haben. Dadurch wurden die Zähne
mehr abgerieben; daß aber Zähne, welche stärker
abgerieben, oder mit Fleiß abgestumpft werden, in
die Dicke wachsen, ist eine Bemerkung, die man an
Menschen170) und Thieren171) gemacht hat.

Diese Muthmaßung bekömmt noch mehr Gewicht
durch Winslovs172) Beobachtung, welcher in dem
Hirnschädel eines Grönländers von der Hundsin-
sel173) eine solche ungewöhnliche Dicke der Schnei-

170) Birch's History of the Royal Society, Th. 4. S. 3.
171) Von den elfenbeinenen Stoßzähnen der Elephan-
ten, s. tranquebarische Missionsberichte,
106te Forts.
172) Siehe Memoires de l'Acad. de sciences de Paris
1722. S. 323.
173) Die Hundsinsel (Hond-Eyland) ist eine so be-
kannte Insel bey der Meerenge Disto an der westli-
chen Küste von Grönland, die auf allen genauen Land-
charten seit Zorgdragers Zeiten vorkommt, daß ich
Campern nicht begreifen kann, wenn er Winsloven
der Unwissenheit beschuldigt, und ihn aus Hübners
Geographie eines bessern zu belehren sucht, in welcher
nämlich die Hundsinsel richtiger in das stille Meer
und unter den südlichen Wendekreis u. s. w. gesetzt
werde. Wußte er denn nicht, daß diese südliche Insel
von Schouten, der sie im J. 1616 entdeckte, in seiner
bekannten Reisebeschreibung als völlig unbewohnt be-
schrieben wurde, ja sogar seit jener Zeit, meines
Wissens, von keinem Europäer wieder besucht worden
ist! Da jenes nördliche Land hingegen, aus welchem
Winslov seinen Schädel erhalten hatte, von unzähli-
gen Europäern des Wallfischfanges halber besucht
wird.

theils in den Nahrungsmitteln zu suchen seyen, von
welchen Diodorus Siculus ausdrücklich anführt, daß
sie bey den alten Aegyptiern aus Standen und Wur-
zeln bestanden haben. Dadurch wurden die Zähne
mehr abgerieben; daß aber Zähne, welche stärker
abgerieben, oder mit Fleiß abgestumpft werden, in
die Dicke wachsen, ist eine Bemerkung, die man an
Menschen170) und Thieren171) gemacht hat.

Diese Muthmaßung bekömmt noch mehr Gewicht
durch Winslovs172) Beobachtung, welcher in dem
Hirnschädel eines Grönländers von der Hundsin-
sel173) eine solche ungewöhnliche Dicke der Schnei-

170) Birch's History of the Royal Society, Th. 4. S. 3.
171) Von den elfenbeinenen Stoßzähnen der Elephan-
ten, s. tranquebarische Missionsberichte,
106te Forts.
172) Siehe Mémoires de l'Acad. de sciences de Paris
1722. S. 323.
173) Die Hundsinsel (Hond-Eyland) ist eine so be-
kannte Insel bey der Meerenge Disto an der westli-
chen Küste von Grönland, die auf allen genauen Land-
charten seit Zorgdragers Zeiten vorkommt, daß ich
Campern nicht begreifen kann, wenn er Winsloven
der Unwissenheit beschuldigt, und ihn aus Hübners
Geographie eines bessern zu belehren sucht, in welcher
nämlich die Hundsinsel richtiger in das stille Meer
und unter den südlichen Wendekreis u. s. w. gesetzt
werde. Wußte er denn nicht, daß diese südliche Insel
von Schouten, der sie im J. 1616 entdeckte, in seiner
bekannten Reisebeschreibung als völlig unbewohnt be-
schrieben wurde, ja sogar seit jener Zeit, meines
Wissens, von keinem Europäer wieder besucht worden
ist! Da jenes nördliche Land hingegen, aus welchem
Winslov seinen Schädel erhalten hatte, von unzähli-
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[163/0197] theils in den Nahrungsmitteln zu suchen seyen, von welchen Diodorus Siculus ausdrücklich anführt, daß sie bey den alten Aegyptiern aus Standen und Wur- zeln bestanden haben. Dadurch wurden die Zähne mehr abgerieben; daß aber Zähne, welche stärker abgerieben, oder mit Fleiß abgestumpft werden, in die Dicke wachsen, ist eine Bemerkung, die man an Menschen 170) und Thieren 171) gemacht hat. Diese Muthmaßung bekömmt noch mehr Gewicht durch Winslovs 172) Beobachtung, welcher in dem Hirnschädel eines Grönländers von der Hundsin- sel 173) eine solche ungewöhnliche Dicke der Schnei- 170) Birch's History of the Royal Society, Th. 4. S. 3. 171) Von den elfenbeinenen Stoßzähnen der Elephan- ten, s. tranquebarische Missionsberichte, 106te Forts. 172) Siehe Mémoires de l'Acad. de sciences de Paris 1722. S. 323. 173) Die Hundsinsel (Hond-Eyland) ist eine so be- kannte Insel bey der Meerenge Disto an der westli- chen Küste von Grönland, die auf allen genauen Land- charten seit Zorgdragers Zeiten vorkommt, daß ich Campern nicht begreifen kann, wenn er Winsloven der Unwissenheit beschuldigt, und ihn aus Hübners Geographie eines bessern zu belehren sucht, in welcher nämlich die Hundsinsel richtiger in das stille Meer und unter den südlichen Wendekreis u. s. w. gesetzt werde. Wußte er denn nicht, daß diese südliche Insel von Schouten, der sie im J. 1616 entdeckte, in seiner bekannten Reisebeschreibung als völlig unbewohnt be- schrieben wurde, ja sogar seit jener Zeit, meines Wissens, von keinem Europäer wieder besucht worden ist! Da jenes nördliche Land hingegen, aus welchem Winslov seinen Schädel erhalten hatte, von unzähli- gen Europäern des Wallfischfanges halber besucht wird.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/197>, abgerufen am 04.05.2024.