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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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75). Bey Frauenzimmern, welche sonst sehr
weiß waren, färbten sich während der Schwanger-
schaft mehrere oder wenigere Theile des Körpers mit
einer Kohlenschwärze: diese aber schwand allmählig
nach der Entbindung, und die vorige frische Farbe
des Körpers kam wieder. Eine Anwendung der
neuern Chemie auf die Physiologie der Schwanger-
schaft wird dieses räthselhafte Problem uns auflösen.
Bey der nicht schwängern Mutter nämlich sondert
sich die überflüßige Kohlenstoffmasse des eignen Kör-
pers durch eine mäßige Ausdünstung der Haut, be-
quem aus, bey der schwangern hingegen kommt zu
jener eignen Masse noch eine andere von dem Fötus
hinzu, welche in dem Schafwasssr (liquor amnii)
enthalten ist und noch nicht ausdünstet. Das Blut
der Mutter hat also jetzt einen zu großen Uiberfluß
von Kohlenstoff: denn dieser ist aus zwey Körpern
gleichsam in einen einzigen zusammengeführt worden.
Natürlich kann sich also die ganze Masse desselben
nicht wie gewöhnlich durch Ausdünstung absondern,
sondern bleibt zum Theil präcipitirt auf dem mal-
pighischen Schleime hängen, und färbt die Haut,
bis nach der Entbindung das ehemalige Gleichgewicht
zwischen dem Kohlenstoff des eignen Körpers, und
den Ausdünstungsgefäßen der Haut wieder hergestellt
ist, und das Oberhäutchen, welches sich mit seiner
beständigen Schleimunterlage nach und nach abnutzt,
und wieder neu herstellt, seine natürliche Weiße
wieder erlangt hat.

Dieselbe Bewandnis scheint es auch, nach den
nöthigen Veränderungen, mit so viel andern Bey-
spielen von Europäern zu haben, an welchen einige
Körpertheile widernatürlich mit einer Rußschwärze
gefärbt waren. Es mag ebenfalls ein Zusammen-
fluß von Kohlenstoff statt gefunden haben. So hat
man eine ähnliche Schwärze an Weibern bemerkt,
die niemals einen Monatsfluß gehabt hatten76).

75) gend von Paris, die sich als Ammenährt,
hat in der Regel bey jeder Schwanger-
schaft einen ganz schwarzen Leib, und
diese Farbe verliert sich im Kindbett.
"
"Bey einer andern ist in diesen Umständ-
den die rechte Hüfte schwarz
"
u. s. w. Ff) Auch Lorry de melancholia, Th. 1. S. 298. u. s. w.
76) Vergl. z. B. Jac. Youge in philosof. Transact.
Bd. 26. S. 425.

75). Bey Frauenzimmern, welche sonst sehr
weiß waren, färbten sich während der Schwanger-
schaft mehrere oder wenigere Theile des Körpers mit
einer Kohlenschwärze: diese aber schwand allmählig
nach der Entbindung, und die vorige frische Farbe
des Körpers kam wieder. Eine Anwendung der
neuern Chemie auf die Physiologie der Schwanger-
schaft wird dieses räthselhafte Problem uns auflösen.
Bey der nicht schwängern Mutter nämlich sondert
sich die überflüßige Kohlenstoffmasse des eignen Kör-
pers durch eine mäßige Ausdünstung der Haut, be-
quem aus, bey der schwangern hingegen kommt zu
jener eignen Masse noch eine andere von dem Fötus
hinzu, welche in dem Schafwasssr (liquor amnii)
enthalten ist und noch nicht ausdünstet. Das Blut
der Mutter hat also jetzt einen zu großen Uiberfluß
von Kohlenstoff: denn dieser ist aus zwey Körpern
gleichsam in einen einzigen zusammengeführt worden.
Natürlich kann sich also die ganze Masse desselben
nicht wie gewöhnlich durch Ausdünstung absondern,
sondern bleibt zum Theil präcipitirt auf dem mal-
pighischen Schleime hängen, und färbt die Haut,
bis nach der Entbindung das ehemalige Gleichgewicht
zwischen dem Kohlenstoff des eignen Körpers, und
den Ausdünstungsgefäßen der Haut wieder hergestellt
ist, und das Oberhäutchen, welches sich mit seiner
beständigen Schleimunterlage nach und nach abnutzt,
und wieder neu herstellt, seine natürliche Weiße
wieder erlangt hat.

Dieselbe Bewandnis scheint es auch, nach den
nöthigen Veränderungen, mit so viel andern Bey-
spielen von Europäern zu haben, an welchen einige
Körpertheile widernatürlich mit einer Rußschwärze
gefärbt waren. Es mag ebenfalls ein Zusammen-
fluß von Kohlenstoff statt gefunden haben. So hat
man eine ähnliche Schwärze an Weibern bemerkt,
die niemals einen Monatsfluß gehabt hatten76).

75) gend von Paris, die sich als Ammenährt,
hat in der Regel bey jeder Schwanger-
schaft einen ganz schwarzen Leib, und
diese Farbe verliert sich im Kindbett.
„Bey einer andern ist in diesen Umständ-
den die rechte Hüfte schwarz
u. s. w. Ff) Auch Lorry de melancholia, Th. 1. S. 298. u. s. w.
76) Vergl. z. B. Jac. Youge in philosof. Transact.
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[117/0151] 75). Bey Frauenzimmern, welche sonst sehr weiß waren, färbten sich während der Schwanger- schaft mehrere oder wenigere Theile des Körpers mit einer Kohlenschwärze: diese aber schwand allmählig nach der Entbindung, und die vorige frische Farbe des Körpers kam wieder. Eine Anwendung der neuern Chemie auf die Physiologie der Schwanger- schaft wird dieses räthselhafte Problem uns auflösen. Bey der nicht schwängern Mutter nämlich sondert sich die überflüßige Kohlenstoffmasse des eignen Kör- pers durch eine mäßige Ausdünstung der Haut, be- quem aus, bey der schwangern hingegen kommt zu jener eignen Masse noch eine andere von dem Fötus hinzu, welche in dem Schafwasssr (liquor amnii) enthalten ist und noch nicht ausdünstet. Das Blut der Mutter hat also jetzt einen zu großen Uiberfluß von Kohlenstoff: denn dieser ist aus zwey Körpern gleichsam in einen einzigen zusammengeführt worden. Natürlich kann sich also die ganze Masse desselben nicht wie gewöhnlich durch Ausdünstung absondern, sondern bleibt zum Theil präcipitirt auf dem mal- pighischen Schleime hängen, und färbt die Haut, bis nach der Entbindung das ehemalige Gleichgewicht zwischen dem Kohlenstoff des eignen Körpers, und den Ausdünstungsgefäßen der Haut wieder hergestellt ist, und das Oberhäutchen, welches sich mit seiner beständigen Schleimunterlage nach und nach abnutzt, und wieder neu herstellt, seine natürliche Weiße wieder erlangt hat. Dieselbe Bewandnis scheint es auch, nach den nöthigen Veränderungen, mit so viel andern Bey- spielen von Europäern zu haben, an welchen einige Körpertheile widernatürlich mit einer Rußschwärze gefärbt waren. Es mag ebenfalls ein Zusammen- fluß von Kohlenstoff statt gefunden haben. So hat man eine ähnliche Schwärze an Weibern bemerkt, die niemals einen Monatsfluß gehabt hatten 76). 75) gend von Paris, die sich als Ammenährt, hat in der Regel bey jeder Schwanger- schaft einen ganz schwarzen Leib, und diese Farbe verliert sich im Kindbett.“ „Bey einer andern ist in diesen Umständ- den die rechte Hüfte schwarz“ u. s. w. Ff) Auch Lorry de melancholia, Th. 1. S. 298. u. s. w. 76) Vergl. z. B. Jac. Youge in philosof. Transact. Bd. 26. S. 425.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/151>, abgerufen am 04.05.2024.