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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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R*** aufhielt. Aurora von R*** war
die Tochter des ehemaligen Geheimen-
raths von R***, von dem sie nur ihr Da-
seyn und eine standesmäßige Erziehung
ererbet hatte. Nach dem Tode ihres
Vaters wurde sie selbst von ihren näch-
sten Anverwandten vernachläßiget, die
es, ihres adlichen Stolzes und ihres ansehn-
lichen Vermögens ungeachtet, leiden konn-
ten, dass ihre unglückliche Kousine von ei-
nem ehmaligen Klienten ihres Vaters aus
Dankbarkeit aufgenommen, und mit recht
väterlicher Sorgfalt vor den Ungelegenhei-
ten der Dürftigkeit bewahrt wurde. Au-
rora von R*** war eben damals in der
Blüthe ihrer jugendlichen Reize. Sie hat-
te nur erst das zweyte Zehend ihrer Iahre
beschloßen. Ohne eine glänzende Schön-
heit zu seyn, hatte sie doch Vorzüge, die
sie geltend zu machen wußte. Sie gefiel

R*** aufhielt. Aurora von R*** war
die Tochter des ehemaligen Geheimen-
raths von R***, von dem ſie nur ihr Da-
ſeyn und eine ſtandesmäßige Erziehung
ererbet hatte. Nach dem Tode ihres
Vaters wurde ſie ſelbſt von ihren näch-
ſten Anverwandten vernachläßiget, die
es, ihres adlichen Stolzes und ihres anſehn-
lichen Vermögens ungeachtet, leiden konn-
ten, daſs ihre unglückliche Kouſine von ei-
nem ehmaligen Klienten ihres Vaters aus
Dankbarkeit aufgenommen, und mit recht
väterlicher Sorgfalt vor den Ungelegenhei-
ten der Dürftigkeit bewahrt wurde. Au-
rora von R*** war eben damals in der
Blüthe ihrer jugendlichen Reize. Sie hat-
te nur erſt das zweyte Zehend ihrer Iahre
beſchloßen. Ohne eine glänzende Schön-
heit zu ſeyn, hatte ſie doch Vorzüge, die
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[21/0027] R*** aufhielt. Aurora von R*** war die Tochter des ehemaligen Geheimen- raths von R***, von dem ſie nur ihr Da- ſeyn und eine ſtandesmäßige Erziehung ererbet hatte. Nach dem Tode ihres Vaters wurde ſie ſelbſt von ihren näch- ſten Anverwandten vernachläßiget, die es, ihres adlichen Stolzes und ihres anſehn- lichen Vermögens ungeachtet, leiden konn- ten, daſs ihre unglückliche Kouſine von ei- nem ehmaligen Klienten ihres Vaters aus Dankbarkeit aufgenommen, und mit recht väterlicher Sorgfalt vor den Ungelegenhei- ten der Dürftigkeit bewahrt wurde. Au- rora von R*** war eben damals in der Blüthe ihrer jugendlichen Reize. Sie hat- te nur erſt das zweyte Zehend ihrer Iahre beſchloßen. Ohne eine glänzende Schön- heit zu ſeyn, hatte ſie doch Vorzüge, die ſie geltend zu machen wußte. Sie gefiel

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/27>, abgerufen am 29.03.2024.