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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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zens, Freunde meiner überlegtesten Wahl.
Das kostete mir oft meine Ruhe, das lock-
te mir manche geheime Thräne ab. Aber
mußt' ich das alles nicht verlieren, um ge-
rade dahin zu kommen, wo ihr mich jetzt
seht? zu dieser beneideten Unabhängig-
keit, zu diesem zufriedenen Muthe, zu die-
sem stillen Vertrauen auf Gott? -- Doch
verließ mich mein gutes Glück nur selten.
Ein langwieriges Unglück hätte den zärt-
lichen Bau meiner Nerven zu heftig er-
schüttert; meine Seele würde unter einer
allzuschmerzhaften Empfindung erlegen
seyn. Ich würde den Anfall nicht ausge-
dauert, ich würde meine beste Ueberle-
gung verloren, ich würde meine heilsam-
sten Entschlüße aufgegeben haben. Ich
wurde nicht über mein Vermögen ver-
sucht. -- Ich war nicht immer gut. Ihr

zens, Freunde meiner überlegteſten Wahl.
Das koſtete mir oft meine Ruhe, das lock-
te mir manche geheime Thräne ab. Aber
mußt’ ich das alles nicht verlieren, um ge-
rade dahin zu kommen, wo ihr mich jetzt
ſeht? zu dieſer beneideten Unabhängig-
keit, zu dieſem zufriedenen Muthe, zu die-
ſem ſtillen Vertrauen auf Gott? — Doch
verließ mich mein gutes Glück nur ſelten.
Ein langwieriges Unglück hätte den zärt-
lichen Bau meiner Nerven zu heftig er-
ſchüttert; meine Seele würde unter einer
allzuſchmerzhaften Empfindung erlegen
ſeyn. Ich würde den Anfall nicht ausge-
dauert, ich würde meine beſte Ueberle-
gung verloren, ich würde meine heilſam-
ſten Entſchlüße aufgegeben haben. Ich
wurde nicht über mein Vermögen ver-
ſucht. — Ich war nicht immer gut. Ihr

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[239/0245] zens, Freunde meiner überlegteſten Wahl. Das koſtete mir oft meine Ruhe, das lock- te mir manche geheime Thräne ab. Aber mußt’ ich das alles nicht verlieren, um ge- rade dahin zu kommen, wo ihr mich jetzt ſeht? zu dieſer beneideten Unabhängig- keit, zu dieſem zufriedenen Muthe, zu die- ſem ſtillen Vertrauen auf Gott? — Doch verließ mich mein gutes Glück nur ſelten. Ein langwieriges Unglück hätte den zärt- lichen Bau meiner Nerven zu heftig er- ſchüttert; meine Seele würde unter einer allzuſchmerzhaften Empfindung erlegen ſeyn. Ich würde den Anfall nicht ausge- dauert, ich würde meine beſte Ueberle- gung verloren, ich würde meine heilſam- ſten Entſchlüße aufgegeben haben. Ich wurde nicht über mein Vermögen ver- ſucht. — Ich war nicht immer gut. Ihr

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/245>, abgerufen am 02.05.2024.