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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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jeden Gebetsübung gehalten werden. Chri-
stus scheint in der That diesen Endzweck
dabey nicht vor Augen gehabt zu haben.
Ich glaube vielmehr, dass er das Fehlerhaf-
te des formularischen Betens damit habe
verhüten und nur die Güter summarisch ha-
be bezeichnen wollen, um derentwillen man
sich hauptsächlich zu Gott wenden, um de-
ren Gehalt man sich bekümmern, deren
Mittheilung man von dem Geber alles Gu-
ten vornehmlich erwarten müße. Ich pfle-
ge daher bey meinen gottesdienstlichen
Verrichtungen das Vaterunser seltner als ge-
wöhnlich zu beten. Dagegen wend' ich dop-
pelten Fleiß darauf, den Inhalt desselben ei-
nem jeden verständlich zu machen. Es liegt
viel daran, dass man wiße was uns wahr-
haftig gut sey und was man sich vernünf-
tigerweise von Gott wünschen dürfe. --

jeden Gebetsübung gehalten werden. Chri-
ſtus ſcheint in der That dieſen Endzweck
dabey nicht vor Augen gehabt zu haben.
Ich glaube vielmehr, daſs er das Fehlerhaf-
te des formulariſchen Betens damit habe
verhüten und nur die Güter ſummariſch ha-
be bezeichnen wollen, um derentwillen man
ſich hauptſächlich zu Gott wenden, um de-
ren Gehalt man ſich bekümmern, deren
Mittheilung man von dem Geber alles Gu-
ten vornehmlich erwarten müße. Ich pfle-
ge daher bey meinen gottesdienſtlichen
Verrichtungen das Vaterunſer ſeltner als ge-
wöhnlich zu beten. Dagegen wend’ ich dop-
pelten Fleiß darauf, den Inhalt deſſelben ei-
nem jeden verſtändlich zu machen. Es liegt
viel daran, daſs man wiße was uns wahr-
haftig gut ſey und was man ſich vernünf-
tigerweiſe von Gott wünſchen dürfe. —

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[227/0233] jeden Gebetsübung gehalten werden. Chri- ſtus ſcheint in der That dieſen Endzweck dabey nicht vor Augen gehabt zu haben. Ich glaube vielmehr, daſs er das Fehlerhaf- te des formulariſchen Betens damit habe verhüten und nur die Güter ſummariſch ha- be bezeichnen wollen, um derentwillen man ſich hauptſächlich zu Gott wenden, um de- ren Gehalt man ſich bekümmern, deren Mittheilung man von dem Geber alles Gu- ten vornehmlich erwarten müße. Ich pfle- ge daher bey meinen gottesdienſtlichen Verrichtungen das Vaterunſer ſeltner als ge- wöhnlich zu beten. Dagegen wend’ ich dop- pelten Fleiß darauf, den Inhalt deſſelben ei- nem jeden verſtändlich zu machen. Es liegt viel daran, daſs man wiße was uns wahr- haftig gut ſey und was man ſich vernünf- tigerweiſe von Gott wünſchen dürfe. —

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/233>, abgerufen am 02.05.2024.