gewöhnen, dass man es maschinenmäßig thun solle. Nach einer großen Zerstreu- ung unmittelbar sich hinstellen und mit Gott reden wollen, läßt immer besorgen, dass man ein so ehrwürdiges Geschäfft nicht auf die gebührende Weise verrichten wer- de. In solchem Falle lieber nicht gebetet! Sie erriethen es zuletzt doch. Ich war ge- stern in dem Falle. Glauben sie, dass mich das entschuldigen kann? --
Sie wohl, mein lieber Serenus! aber nimmermehr den gemeinen Christen, der in mannichfaltige Geschäffte verwickelt, immer zerstreut, immer unaufgelegt zum beten ist; nimmermehr den Mann nach der Welt, der keinen Augenblick bey sich selbst ist, der von Einem Vergnügen zum andern forteilt, der sich vom Spieltische an die Tafel setzt und mit einem Rausche
(II. Theil.) P
gewöhnen, daſs man es maſchinenmäßig thun ſolle. Nach einer großen Zerſtreu- ung unmittelbar ſich hinſtellen und mit Gott reden wollen, läßt immer beſorgen, daſs man ein ſo ehrwürdiges Geſchäfft nicht auf die gebührende Weiſe verrichten wer- de. In ſolchem Falle lieber nicht gebetet! Sie erriethen es zuletzt doch. Ich war ge- ſtern in dem Falle. Glauben ſie, daſs mich das entſchuldigen kann? —
Sie wohl, mein lieber Serenus! aber nimmermehr den gemeinen Chriſten, der in mannichfaltige Geſchäffte verwickelt, immer zerſtreut, immer unaufgelegt zum beten iſt; nimmermehr den Mann nach der Welt, der keinen Augenblick bey ſich ſelbſt iſt, der von Einem Vergnügen zum andern forteilt, der ſich vom Spieltiſche an die Tafel ſetzt und mit einem Rauſche
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gewöhnen, daſs man es maſchinenmäßig
thun ſolle. Nach einer großen Zerſtreu-
ung unmittelbar ſich hinſtellen und mit
Gott reden wollen, läßt immer beſorgen,
daſs man ein ſo ehrwürdiges Geſchäfft nicht
auf die gebührende Weiſe verrichten wer-
de. In ſolchem Falle lieber nicht gebetet!
Sie erriethen es zuletzt doch. Ich war ge-
ſtern in dem Falle. Glauben ſie, daſs
mich das entſchuldigen kann? —
Sie wohl, mein lieber Serenus! aber
nimmermehr den gemeinen Chriſten, der
in mannichfaltige Geſchäffte verwickelt,
immer zerſtreut, immer unaufgelegt zum
beten iſt; nimmermehr den Mann nach
der Welt, der keinen Augenblick bey ſich
ſelbſt iſt, der von Einem Vergnügen zum
andern forteilt, der ſich vom Spieltiſche
an die Tafel ſetzt und mit einem Rauſche
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/231>, abgerufen am 02.05.2024.
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