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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

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Nicht gern, meine Herren! Dafür ste-
hen sie jetzt auch mitten unter der blühen-
den Iugend einer ansehnlichen Dorfschaft,
an der Seite eines Mannes, der sie für mei-
ne Deklamation, wie mich für die Abwe-
senheit meines lieben Serenus Schadlos hal-
ten wird. --

Herr Treumann hatte seine Schulkin-
der, ihrem Geschlechte und ihren Fähig-
keiten nach in verschiedene Klassen abge-
theilt, deren jede ihren eignen. Tisch ein-
nahm. Sein Ansehn schien in seinem klei-
nen Staate unumschränkt zu seyn, und un-
geachtet ich die gewöhnlichen Zeichen des-
selben, die Fasces nirgends wahrnahm; so
schien doch alles in ehrfurchtsvoller Stille
auf seine Winke zu warten. Ich bekam
bald allerhand Probestücke zu hören. Ei-
nige lasen kleine moralische Erzählungen,
andre Biblische Geschichten, noch andre

Nicht gern, meine Herren! Dafür ſte-
hen ſie jetzt auch mitten unter der blühen-
den Iugend einer anſehnlichen Dorfſchaft,
an der Seite eines Mannes, der ſie für mei-
ne Deklamation, wie mich für die Abwe-
ſenheit meines lieben Serenus Schadlos hal-
ten wird. —

Herr Treumann hatte ſeine Schulkin-
der, ihrem Geſchlechte und ihren Fähig-
keiten nach in verſchiedene Klaſſen abge-
theilt, deren jede ihren eignen. Tiſch ein-
nahm. Sein Anſehn ſchien in ſeinem klei-
nen Staate unumſchränkt zu ſeyn, und un-
geachtet ich die gewöhnlichen Zeichen deſ-
ſelben, die Faſces nirgends wahrnahm; ſo
ſchien doch alles in ehrfurchtsvoller Stille
auf ſeine Winke zu warten. Ich bekam
bald allerhand Probeſtücke zu hören. Ei-
nige laſen kleine moraliſche Erzählungen,
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[194/0200] Nicht gern, meine Herren! Dafür ſte- hen ſie jetzt auch mitten unter der blühen- den Iugend einer anſehnlichen Dorfſchaft, an der Seite eines Mannes, der ſie für mei- ne Deklamation, wie mich für die Abwe- ſenheit meines lieben Serenus Schadlos hal- ten wird. — Herr Treumann hatte ſeine Schulkin- der, ihrem Geſchlechte und ihren Fähig- keiten nach in verſchiedene Klaſſen abge- theilt, deren jede ihren eignen. Tiſch ein- nahm. Sein Anſehn ſchien in ſeinem klei- nen Staate unumſchränkt zu ſeyn, und un- geachtet ich die gewöhnlichen Zeichen deſ- ſelben, die Faſces nirgends wahrnahm; ſo ſchien doch alles in ehrfurchtsvoller Stille auf ſeine Winke zu warten. Ich bekam bald allerhand Probeſtücke zu hören. Ei- nige laſen kleine moraliſche Erzählungen, andre Bibliſche Geſchichten, noch andre

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/200>, abgerufen am 21.11.2024.