Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

genommen hat. Welch ein Entwurf! Und
auf welche Art ausgeführt! -- Und
wie konnte man dieß anders in einer An-
gelegenheit erwarten, von welcher der
Unendliche selbst die nähere wirkende Ur-
sach war? Christus erklärte allenthalben,
dass er nur ein Werkzeug in der Hand sei-
nes Vaters sey, der sich aller erbarmen
und durch ihn alle seiner Erbarmung werth
machen wollte. Wann sich die Gottheit
selbst zu einer so großen Absicht bekennt,
ist es da wohl glaublich, dass sie dieselbe
nur dem kleinsten Theile nach erreichen
sollte? Ist es nicht Schwäche des Kopß
und des Herzens, das nur zu vermuthen?
Freylich hängt unser künftiges Schicksal
zunächst von unserm Verhalten in diesem
Leben ab. Hier ist die Zeit der Gnade!
Aber ausschließungsweise Nur Hier? --
Wie wenig wäre dann gewonnen! --

genommen hat. Welch ein Entwurf! Und
auf welche Art ausgeführt! — Und
wie konnte man dieß anders in einer An-
gelegenheit erwarten, von welcher der
Unendliche ſelbſt die nähere wirkende Ur-
ſach war? Chriſtus erklärte allenthalben,
daſs er nur ein Werkzeug in der Hand ſei-
nes Vaters ſey, der ſich aller erbarmen
und durch ihn alle ſeiner Erbarmung werth
machen wollte. Wann ſich die Gottheit
ſelbſt zu einer ſo großen Abſicht bekennt,
iſt es da wohl glaublich, daſs ſie dieſelbe
nur dem kleinſten Theile nach erreichen
ſollte? Iſt es nicht Schwäche des Kopß
und des Herzens, das nur zu vermuthen?
Freylich hängt unſer künftiges Schickſal
zunächſt von unſerm Verhalten in dieſem
Leben ab. Hier iſt die Zeit der Gnade!
Aber ausſchließungsweiſe Nur Hier? —
Wie wenig wäre dann gewonnen! —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="162"/>
genommen hat. Welch ein Entwurf! Und<lb/>
auf welche Art ausgeführt! &#x2014; Und<lb/>
wie konnte man dieß anders in einer An-<lb/>
gelegenheit erwarten, von welcher der<lb/>
Unendliche &#x017F;elb&#x017F;t die nähere wirkende Ur-<lb/>
&#x017F;ach war? Chri&#x017F;tus erklärte allenthalben,<lb/>
da&#x017F;s er nur ein Werkzeug in der Hand &#x017F;ei-<lb/>
nes Vaters &#x017F;ey, der &#x017F;ich aller erbarmen<lb/>
und durch ihn alle &#x017F;einer Erbarmung werth<lb/>
machen wollte. Wann &#x017F;ich die Gottheit<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zu einer &#x017F;o großen Ab&#x017F;icht bekennt,<lb/>
i&#x017F;t es da wohl glaublich, da&#x017F;s &#x017F;ie die&#x017F;elbe<lb/>
nur dem klein&#x017F;ten Theile nach erreichen<lb/>
&#x017F;ollte? I&#x017F;t es nicht Schwäche des Kopß<lb/>
und des Herzens, das nur zu vermuthen?<lb/>
Freylich hängt un&#x017F;er künftiges Schick&#x017F;al<lb/>
zunäch&#x017F;t von un&#x017F;erm Verhalten in die&#x017F;em<lb/>
Leben ab. Hier i&#x017F;t die Zeit der Gnade!<lb/>
Aber aus&#x017F;chließungswei&#x017F;e Nur Hier? &#x2014;<lb/>
Wie wenig wäre dann gewonnen! &#x2014;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0168] genommen hat. Welch ein Entwurf! Und auf welche Art ausgeführt! — Und wie konnte man dieß anders in einer An- gelegenheit erwarten, von welcher der Unendliche ſelbſt die nähere wirkende Ur- ſach war? Chriſtus erklärte allenthalben, daſs er nur ein Werkzeug in der Hand ſei- nes Vaters ſey, der ſich aller erbarmen und durch ihn alle ſeiner Erbarmung werth machen wollte. Wann ſich die Gottheit ſelbſt zu einer ſo großen Abſicht bekennt, iſt es da wohl glaublich, daſs ſie dieſelbe nur dem kleinſten Theile nach erreichen ſollte? Iſt es nicht Schwäche des Kopß und des Herzens, das nur zu vermuthen? Freylich hängt unſer künftiges Schickſal zunächſt von unſerm Verhalten in dieſem Leben ab. Hier iſt die Zeit der Gnade! Aber ausſchließungsweiſe Nur Hier? — Wie wenig wäre dann gewonnen! —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/168
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/168>, abgerufen am 21.11.2024.