er uns in einem Momente aufrichten. und wozu diess Aufrichten, wenn er uns gut er- schaffen, wenn er für immer verhüten konnte, dass wir nicht fielen? Das konnte er nicht; oder er musste die Erde mit Ma- schinen bevölkern, die, von seinen Händen gelenkt, nur diese und jene Wirkung, zu dieser und der Zeit, und keine von allen aus eigenthümlicher Kraft hervorbrächten. Man ist nicht recht glücklich, ohne vollkommen frey zu seyn. Und wenn es Wesen giebt, die über alle unsre Begriffe selig sind, so sind sie schlechterdings auch auf eine so vor- zügliche Weise frey, als sie es nur immer seyn können.
Diess festgesetzt; bleibt es doch eben so gewiss, dass unser moralisches Wohlseyn grossentheils mit von den besondern Ver- hältnissen abhange, darin es der höchsten Weisheit und Güte uns gerathen zu lassen
er uns in einem Momente aufrichten. und wozu dieſs Aufrichten, wenn er uns gut er- ſchaffen, wenn er für immer verhüten konnte, daſs wir nicht fielen? Das konnte er nicht; oder er muſste die Erde mit Ma- ſchinen bevölkern, die, von ſeinen Händen gelenkt, nur dieſe und jene Wirkung, zu dieſer und der Zeit, und keine von allen aus eigenthümlicher Kraft hervorbrächten. Man iſt nicht recht glücklich, ohne vollkommen frey zu ſeyn. Und wenn es Weſen giebt, die über alle unſre Begriffe ſelig ſind, ſo ſind ſie ſchlechterdings auch auf eine ſo vor- zügliche Weiſe frey, als ſie es nur immer ſeyn können.
Dieſs feſtgeſetzt; bleibt es doch eben ſo gewiſs, daſs unſer moraliſches Wohlſeyn groſsentheils mit von den beſondern Ver- hältniſsen abhange, darin es der höchſten Weisheit und Güte uns gerathen zu laſsen
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er uns in einem Momente aufrichten. und
wozu dieſs Aufrichten, wenn er uns gut er-
ſchaffen, wenn er für immer verhüten
konnte, daſs wir nicht fielen? Das konnte
er nicht; oder er muſste die Erde mit Ma-
ſchinen bevölkern, die, von ſeinen Händen
gelenkt, nur dieſe und jene Wirkung, zu
dieſer und der Zeit, und keine von allen aus
eigenthümlicher Kraft hervorbrächten. Man
iſt nicht recht glücklich, ohne vollkommen
frey zu ſeyn. Und wenn es Weſen giebt,
die über alle unſre Begriffe ſelig ſind, ſo
ſind ſie ſchlechterdings auch auf eine ſo vor-
zügliche Weiſe frey, als ſie es nur immer
ſeyn können.
Dieſs feſtgeſetzt; bleibt es doch eben
ſo gewiſs, daſs unſer moraliſches Wohlſeyn
groſsentheils mit von den beſondern Ver-
hältniſsen abhange, darin es der höchſten
Weisheit und Güte uns gerathen zu laſsen
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/142>, abgerufen am 16.07.2024.
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