Angesichts der Rechte, die sich in unsern Händen und in denen Oestreichs befinden und die unantastbar sind, so lange nicht einem der Herrn Prätendenten es gelingt, zu unsrer Ueberzeugung ein besseres Recht als das auf uns übergegangene des Königs Christian IX. von Dänemark nachzuweisen, angesichts der Rechte, welche in voller Souveränetät von uns und Oestreich besessen werden, sehe ich nicht ein, wie uns die schließliche Erfüllung unsrer Bedingungen entgehn sollte, sobald wir nur nicht die Geduld ver¬ lieren, sondern ruhig abwarten, ob sich Jemand findet, der es unternimmt, Düppel zu belagern, wenn die Preußen darin sind. ...
Zweifeln Sie dennoch an der Möglichkeit, unsre Absichten zu verwirklichen, so habe ich schon in der Commission ein Aus¬ kunftsmittel empfohlen: limitiren Sie die Anleihe dahin, daß die erforderlichen Beträge nur dann zahlbar sind, wenn wir wirklich Kiel besitzen, und sagen Sie: ,Kein Kiel, kein Geld!' Ich glaube, daß Sie andern Ministern als denen, die jetzt die Ehre haben, sich des Vertrauens Sr. Majestät des Königs zu erfreuen, eine solche Bedingung nicht abschlagen würden. ...
Das Vertrauen der Bevölkerung zur Weisheit des Königs ist groß genug, daß sie sich sagt, sollte das Land dabei (durch Einführung der zweijährigen Dienstzeit) zu Grunde gehn oder in Schaden kommen, so wird es ja der König nicht leiden. Die Leute unterschätzen eben die Bedeutung der Verfassung in Folge der frühern Traditionen. Ich bin überzeugt, daß ihr in die Weisheit des Königs gesetztes Vertrauen sie nicht täuschen wird; aber ich kann doch nicht leugnen, daß es mir einen peinlichen Eindruck macht, wenn ich sehe, daß angesichts einer großen nationalen Frage, die seit 20 Jahren die öffentliche Meinung beschäftigt hat, diejenige Ver¬ sammlung, die in Europa für die Concentration der Intelligenz und des Patriotismus in Preußen gilt, zu keiner andern Haltung, als zu der einer impotenten Negative sich erheben kann. Es ist dies, meine Herrn, nicht die Waffe, mit der Sie dem Königthum das Scepter aus der Hand winden werden, es ist auch nicht das
Neunzehntes Kapitel: Schleswig-Holſtein.
Angeſichts der Rechte, die ſich in unſern Händen und in denen Oeſtreichs befinden und die unantaſtbar ſind, ſo lange nicht einem der Herrn Prätendenten es gelingt, zu unſrer Ueberzeugung ein beſſeres Recht als das auf uns übergegangene des Königs Chriſtian IX. von Dänemark nachzuweiſen, angeſichts der Rechte, welche in voller Souveränetät von uns und Oeſtreich beſeſſen werden, ſehe ich nicht ein, wie uns die ſchließliche Erfüllung unſrer Bedingungen entgehn ſollte, ſobald wir nur nicht die Geduld ver¬ lieren, ſondern ruhig abwarten, ob ſich Jemand findet, der es unternimmt, Düppel zu belagern, wenn die Preußen darin ſind. ...
Zweifeln Sie dennoch an der Möglichkeit, unſre Abſichten zu verwirklichen, ſo habe ich ſchon in der Commiſſion ein Aus¬ kunftsmittel empfohlen: limitiren Sie die Anleihe dahin, daß die erforderlichen Beträge nur dann zahlbar ſind, wenn wir wirklich Kiel beſitzen, und ſagen Sie: ,Kein Kiel, kein Geld!‘ Ich glaube, daß Sie andern Miniſtern als denen, die jetzt die Ehre haben, ſich des Vertrauens Sr. Majeſtät des Königs zu erfreuen, eine ſolche Bedingung nicht abſchlagen würden. ...
Das Vertrauen der Bevölkerung zur Weisheit des Königs iſt groß genug, daß ſie ſich ſagt, ſollte das Land dabei (durch Einführung der zweijährigen Dienſtzeit) zu Grunde gehn oder in Schaden kommen, ſo wird es ja der König nicht leiden. Die Leute unterſchätzen eben die Bedeutung der Verfaſſung in Folge der frühern Traditionen. Ich bin überzeugt, daß ihr in die Weisheit des Königs geſetztes Vertrauen ſie nicht täuſchen wird; aber ich kann doch nicht leugnen, daß es mir einen peinlichen Eindruck macht, wenn ich ſehe, daß angeſichts einer großen nationalen Frage, die ſeit 20 Jahren die öffentliche Meinung beſchäftigt hat, diejenige Ver¬ ſammlung, die in Europa für die Concentration der Intelligenz und des Patriotismus in Preußen gilt, zu keiner andern Haltung, als zu der einer impotenten Negative ſich erheben kann. Es iſt dies, meine Herrn, nicht die Waffe, mit der Sie dem Königthum das Scepter aus der Hand winden werden, es iſt auch nicht das
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Neunzehntes Kapitel: Schleswig-Holſtein.
Angeſichts der Rechte, die ſich in unſern Händen und in
denen Oeſtreichs befinden und die unantaſtbar ſind, ſo lange nicht
einem der Herrn Prätendenten es gelingt, zu unſrer Ueberzeugung
ein beſſeres Recht als das auf uns übergegangene des Königs
Chriſtian IX. von Dänemark nachzuweiſen, angeſichts der Rechte,
welche in voller Souveränetät von uns und Oeſtreich beſeſſen
werden, ſehe ich nicht ein, wie uns die ſchließliche Erfüllung unſrer
Bedingungen entgehn ſollte, ſobald wir nur nicht die Geduld ver¬
lieren, ſondern ruhig abwarten, ob ſich Jemand findet, der es
unternimmt, Düppel zu belagern, wenn die Preußen darin ſind. ...
Zweifeln Sie dennoch an der Möglichkeit, unſre Abſichten
zu verwirklichen, ſo habe ich ſchon in der Commiſſion ein Aus¬
kunftsmittel empfohlen: limitiren Sie die Anleihe dahin, daß die
erforderlichen Beträge nur dann zahlbar ſind, wenn wir wirklich
Kiel beſitzen, und ſagen Sie: ,Kein Kiel, kein Geld!‘ Ich glaube,
daß Sie andern Miniſtern als denen, die jetzt die Ehre haben,
ſich des Vertrauens Sr. Majeſtät des Königs zu erfreuen, eine
ſolche Bedingung nicht abſchlagen würden. ...
Das Vertrauen der Bevölkerung zur Weisheit des Königs
iſt groß genug, daß ſie ſich ſagt, ſollte das Land dabei (durch
Einführung der zweijährigen Dienſtzeit) zu Grunde gehn oder in
Schaden kommen, ſo wird es ja der König nicht leiden. Die Leute
unterſchätzen eben die Bedeutung der Verfaſſung in Folge der
frühern Traditionen. Ich bin überzeugt, daß ihr in die Weisheit
des Königs geſetztes Vertrauen ſie nicht täuſchen wird; aber ich kann
doch nicht leugnen, daß es mir einen peinlichen Eindruck macht,
wenn ich ſehe, daß angeſichts einer großen nationalen Frage, die
ſeit 20 Jahren die öffentliche Meinung beſchäftigt hat, diejenige Ver¬
ſammlung, die in Europa für die Concentration der Intelligenz
und des Patriotismus in Preußen gilt, zu keiner andern Haltung,
als zu der einer impotenten Negative ſich erheben kann. Es iſt
dies, meine Herrn, nicht die Waffe, mit der Sie dem Königthum
das Scepter aus der Hand winden werden, es iſt auch nicht das
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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/44>, abgerufen am 17.02.2025.
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