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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Sechzehntes Kapitel: Danziger Episode.

Seite 8. Die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen ver¬
stößt gegen die Strafgesetze. Was als Staatsgeheimniß zu be¬
handeln sei, hängt von den Befehlen des Königs über dienstliche
Geheimhaltung ab.

Seite 8. Warum wird so großer Werth auf das Bekannt¬
werden "draußen im Lande" gelegt? Wenn S. K. H. nach pflicht¬
mäßiger Ueberzeugung im conseil Seine Meinung sagt, so ist dem
Gewissen Genüge geschehn. Der Kronprinz hat keine offizielle
Stellung zu den Staatsgeschäften, und keinen Beruf, Sich öffentlich
zu äußern; das Einverständniß S. K. H. mit den Beschlüssen der
Regirung wird Niemand, der unsre Staatseinrichtungen auch nur
oberflächlich kennt, daraus folgern, daß S. K. H. ohne Stimm¬
recht
, also ohne die Möglichkeit wirksamen Widerspruchs, die Ver¬
handlungen des conseils anhört.

Seite 8. "nicht besser erscheinen"; der Fehler der Situation
liegt darin eben, daß auf das "Erscheinen" zu viel Werth gelegt
wird; auf das Sein und das Können kommt es an, und das
ist nur die Frucht ernster und besonnener Arbeit.

Seite 9. Die Theilnahme Sr. K. H. an den conseils ist
keine "active Stellung", und "Abstimmungen" des Kronprinzen
finden nicht statt.

Seite 9. Die Mittheilung an "berufene" (?) Personen ohne
Ermächtigung Sr. Majestät würde gegen die Strafgesetze verstoßen.
Das Recht der freien Meinungsäußerung wird ja Sr. K. H. nicht
verschränkt, im Gegentheil, gewünscht; aber nur im conseil, wo die
Aeußerung ja allein von Einfluß auf die zu fassenden Entschließungen
sein kann. Den Gegensatz "vor dem Lande offen zu legen",
kann nur eine Befriedigung des Selbstgefühls bezwecken, und leicht
die Folge haben, Unzufriedenheit und Unbotmäßigkeit zu fördern,
und dadurch der Revolution die Wege zu bahnen.

Seite 10. Erschweren wird S. K. H. den Ministern die
Arbeit ohne Zweifel, und bequemer würde ihre Aufgabe sein, wenn
S. K. H. Sich nicht an den Sitzungen betheiligte. Aber kann

Sechzehntes Kapitel: Danziger Epiſode.

Seite 8. Die Veröffentlichung von Staatsgeheimniſſen ver¬
ſtößt gegen die Strafgeſetze. Was als Staatsgeheimniß zu be¬
handeln ſei, hängt von den Befehlen des Königs über dienſtliche
Geheimhaltung ab.

Seite 8. Warum wird ſo großer Werth auf das Bekannt¬
werden „draußen im Lande“ gelegt? Wenn S. K. H. nach pflicht¬
mäßiger Ueberzeugung im conseil Seine Meinung ſagt, ſo iſt dem
Gewiſſen Genüge geſchehn. Der Kronprinz hat keine offizielle
Stellung zu den Staatsgeſchäften, und keinen Beruf, Sich öffentlich
zu äußern; das Einverſtändniß S. K. H. mit den Beſchlüſſen der
Regirung wird Niemand, der unſre Staatseinrichtungen auch nur
oberflächlich kennt, daraus folgern, daß S. K. H. ohne Stimm¬
recht
, alſo ohne die Möglichkeit wirkſamen Widerſpruchs, die Ver¬
handlungen des conseils anhört.

Seite 8. „nicht beſſer erſcheinen“; der Fehler der Situation
liegt darin eben, daß auf das „Erſcheinen“ zu viel Werth gelegt
wird; auf das Sein und das Können kommt es an, und das
iſt nur die Frucht ernſter und beſonnener Arbeit.

Seite 9. Die Theilnahme Sr. K. H. an den conseils iſt
keine „active Stellung“, und „Abſtimmungen“ des Kronprinzen
finden nicht ſtatt.

Seite 9. Die Mittheilung an „berufene“ (?) Perſonen ohne
Ermächtigung Sr. Majeſtät würde gegen die Strafgeſetze verſtoßen.
Das Recht der freien Meinungsäußerung wird ja Sr. K. H. nicht
verſchränkt, im Gegentheil, gewünſcht; aber nur im conseil, wo die
Aeußerung ja allein von Einfluß auf die zu faſſenden Entſchließungen
ſein kann. Den Gegenſatz „vor dem Lande offen zu legen“,
kann nur eine Befriedigung des Selbſtgefühls bezwecken, und leicht
die Folge haben, Unzufriedenheit und Unbotmäßigkeit zu fördern,
und dadurch der Revolution die Wege zu bahnen.

Seite 10. Erſchweren wird S. K. H. den Miniſtern die
Arbeit ohne Zweifel, und bequemer würde ihre Aufgabe ſein, wenn
S. K. H. Sich nicht an den Sitzungen betheiligte. Aber kann

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[328/0355] Sechzehntes Kapitel: Danziger Epiſode. Seite 8. Die Veröffentlichung von Staatsgeheimniſſen ver¬ ſtößt gegen die Strafgeſetze. Was als Staatsgeheimniß zu be¬ handeln ſei, hängt von den Befehlen des Königs über dienſtliche Geheimhaltung ab. Seite 8. Warum wird ſo großer Werth auf das Bekannt¬ werden „draußen im Lande“ gelegt? Wenn S. K. H. nach pflicht¬ mäßiger Ueberzeugung im conseil Seine Meinung ſagt, ſo iſt dem Gewiſſen Genüge geſchehn. Der Kronprinz hat keine offizielle Stellung zu den Staatsgeſchäften, und keinen Beruf, Sich öffentlich zu äußern; das Einverſtändniß S. K. H. mit den Beſchlüſſen der Regirung wird Niemand, der unſre Staatseinrichtungen auch nur oberflächlich kennt, daraus folgern, daß S. K. H. ohne Stimm¬ recht, alſo ohne die Möglichkeit wirkſamen Widerſpruchs, die Ver¬ handlungen des conseils anhört. Seite 8. „nicht beſſer erſcheinen“; der Fehler der Situation liegt darin eben, daß auf das „Erſcheinen“ zu viel Werth gelegt wird; auf das Sein und das Können kommt es an, und das iſt nur die Frucht ernſter und beſonnener Arbeit. Seite 9. Die Theilnahme Sr. K. H. an den conseils iſt keine „active Stellung“, und „Abſtimmungen“ des Kronprinzen finden nicht ſtatt. Seite 9. Die Mittheilung an „berufene“ (?) Perſonen ohne Ermächtigung Sr. Majeſtät würde gegen die Strafgeſetze verſtoßen. Das Recht der freien Meinungsäußerung wird ja Sr. K. H. nicht verſchränkt, im Gegentheil, gewünſcht; aber nur im conseil, wo die Aeußerung ja allein von Einfluß auf die zu faſſenden Entſchließungen ſein kann. Den Gegenſatz „vor dem Lande offen zu legen“, kann nur eine Befriedigung des Selbſtgefühls bezwecken, und leicht die Folge haben, Unzufriedenheit und Unbotmäßigkeit zu fördern, und dadurch der Revolution die Wege zu bahnen. Seite 10. Erſchweren wird S. K. H. den Miniſtern die Arbeit ohne Zweifel, und bequemer würde ihre Aufgabe ſein, wenn S. K. H. Sich nicht an den Sitzungen betheiligte. Aber kann

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/355>, abgerufen am 23.11.2024.