Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Bedeutung der Convention. Begegnung mit Hintzpeter. großen Redner, war das auch und gefiel sich in der Vorstellung,wie Europa seine auf einer Warschauer oder russischen Tribüne entfaltete Beredsamkeit bewundern werde. Es wurde angenommen, daß liberale Concessionen, die den Polen eingeräumt würden, den Russen nicht vorenthalten werden könnten; die constitutionell ge¬ stimmten Russen waren schon deshalb Polenfreunde. Während die polnische Frage die öffentliche Meinung bei uns Bedeutung der Convention. Begegnung mit Hintzpeter. großen Redner, war das auch und gefiel ſich in der Vorſtellung,wie Europa ſeine auf einer Warſchauer oder ruſſiſchen Tribüne entfaltete Beredſamkeit bewundern werde. Es wurde angenommen, daß liberale Conceſſionen, die den Polen eingeräumt würden, den Ruſſen nicht vorenthalten werden könnten; die conſtitutionell ge¬ ſtimmten Ruſſen waren ſchon deshalb Polenfreunde. Während die polniſche Frage die öffentliche Meinung bei uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0342" n="315"/><fw place="top" type="header">Bedeutung der Convention. Begegnung mit Hintzpeter.<lb/></fw> großen Redner, war das auch und gefiel ſich in der Vorſtellung,<lb/> wie Europa ſeine auf einer Warſchauer oder ruſſiſchen Tribüne<lb/> entfaltete Beredſamkeit bewundern werde. Es wurde angenommen,<lb/> daß liberale Conceſſionen, die den Polen eingeräumt würden, den<lb/> Ruſſen nicht vorenthalten werden könnten; die conſtitutionell ge¬<lb/> ſtimmten Ruſſen waren ſchon deshalb Polenfreunde.</p><lb/> <p>Während die polniſche Frage die öffentliche Meinung bei uns<lb/> beſchäftigte, und die Alvenslebenſche Convention die unverſtändige<lb/> Entrüſtung der Liberalen im Landtage erregte, wurde mir in einer<lb/> Geſellſchaft bei dem Kronprinzen Herr Hintzpeter vorgeſtellt. Da<lb/> er im täglichen Verkehr mit den Herrſchaften war und ſich mir<lb/> als ein Mann von conſervativer Geſinnung zu erkennen gab, ließ<lb/> ich mich auf ein Geſpräch mit ihm ein, in dem ich ihm meine<lb/> Auffaſſung der polniſchen Frage auseinanderſetzte, in der Erwartung,<lb/> daß er hin und wieder Gelegenheit finden werde, im Sinne der¬<lb/> ſelben zu ſprechen. Einige Tage darauf ſchrieb er mir, die Frau<lb/> Kronprinzeſſin habe ihn gefragt, was ich ſo lange mit ihm ge¬<lb/> ſprochen hätte. Er habe ihr Alles erzählt und dann eine Auf¬<lb/> zeichnung ſeiner Erzählung gemacht, die er mir mit der Bitte um<lb/> Prüfung oder Berichtigung überſchickte. Ich antwortete ihm, daß<lb/> ich dieſe Bitte ablehnen müſſe; wenn ich ſie erfüllte, ſo würde ich<lb/> nach dem, was er ſelbſt meldete, nicht zu ihm, ſondern zu der Frau<lb/> Kronprinzeſſin mich <hi rendition="#g">ſchriftlich</hi> über die Frage äußern, was ich nur<lb/> mündlich zu thun bereit ſei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [315/0342]
Bedeutung der Convention. Begegnung mit Hintzpeter.
großen Redner, war das auch und gefiel ſich in der Vorſtellung,
wie Europa ſeine auf einer Warſchauer oder ruſſiſchen Tribüne
entfaltete Beredſamkeit bewundern werde. Es wurde angenommen,
daß liberale Conceſſionen, die den Polen eingeräumt würden, den
Ruſſen nicht vorenthalten werden könnten; die conſtitutionell ge¬
ſtimmten Ruſſen waren ſchon deshalb Polenfreunde.
Während die polniſche Frage die öffentliche Meinung bei uns
beſchäftigte, und die Alvenslebenſche Convention die unverſtändige
Entrüſtung der Liberalen im Landtage erregte, wurde mir in einer
Geſellſchaft bei dem Kronprinzen Herr Hintzpeter vorgeſtellt. Da
er im täglichen Verkehr mit den Herrſchaften war und ſich mir
als ein Mann von conſervativer Geſinnung zu erkennen gab, ließ
ich mich auf ein Geſpräch mit ihm ein, in dem ich ihm meine
Auffaſſung der polniſchen Frage auseinanderſetzte, in der Erwartung,
daß er hin und wieder Gelegenheit finden werde, im Sinne der¬
ſelben zu ſprechen. Einige Tage darauf ſchrieb er mir, die Frau
Kronprinzeſſin habe ihn gefragt, was ich ſo lange mit ihm ge¬
ſprochen hätte. Er habe ihr Alles erzählt und dann eine Auf¬
zeichnung ſeiner Erzählung gemacht, die er mir mit der Bitte um
Prüfung oder Berichtigung überſchickte. Ich antwortete ihm, daß
ich dieſe Bitte ablehnen müſſe; wenn ich ſie erfüllte, ſo würde ich
nach dem, was er ſelbſt meldete, nicht zu ihm, ſondern zu der Frau
Kronprinzeſſin mich ſchriftlich über die Frage äußern, was ich nur
mündlich zu thun bereit ſei.
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