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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Ernennung nach Petersburg. Levinstein.

Unsre Zeit bedarf der Männer, bedarf Thatkraft, das wird
man hier vielleicht etwas zu spät einsehen. Aber die Ereignisse in
unsrer Zeit gehen rasch, und ich fürchte, daß für die Dauer doch
der Friede kaum zu erhalten sein wird, wie man auch für einige
Monate kitten wird.

Ich habe heut eine kleine Operation gemacht, die, wie ich
hoffe, gute Früchte tragen soll, ich werde später die Ehre haben,
sie Ihnen mitzutheilen. --

In Wien ist man sehr unbehaglich wegen Ihrer Peters¬
burger Mission, weil man Sie für principiellen Gegner hält.

Sehr gut wäre es, dort ausgesöhnt zu sein, weil doch früher
oder später jene Mächte sich mit uns gut verstehen werden.

Wollen Ew. Excellenz nur in einigen beliebigen Zeilen an
mich sagen, daß Sie persönlich nicht gegen Oesterreich ein¬
genommen sind, so würde das von unberechenbarem Nutzen sein.
-- Herr von Manteuffel sagt immer, ich sei zähe in der Ausführung
einer Idee und ruhe nicht, bis ich zum Ziele gekommen -- doch fügte
er hinzu, ich wäre weder ehr- noch geldgeizig. Bis jetzt, Gott sei
Dank, ist es mein Stolz, daß noch Niemand aus einer Verbindung
mit mir irgend einen Nachtheil gehabt.

Für die Dauer Ihrer Abwesenheit biete ich Ihnen meine
Dienste zur Besorgung Ihrer Angelegenheiten, sei es hier oder
sonst wo, mit Vergnügen an. Uneigennütziger und redlicher sollen
Sie gewiß anderswo nicht bedient werden.

Mit aufrichtiger Hochachtung bin ich
Ew. Excellenz
ganz ergebenster
B. 23./3. 59. Levinstein."

Ich ließ den Brief unbeantwortet und erhielt im Laufe des
Tages, vor meiner Abfahrt zum Bahnhofe, im Hotel Royal, wo
ich logirte, den Besuch des Herrn Levinstein. Nachdem er sich
durch Vorzeigung eines eigenhändigen Einführungsschreibens des

Ernennung nach Petersburg. Levinſtein.

Unſre Zeit bedarf der Männer, bedarf Thatkraft, das wird
man hier vielleicht etwas zu ſpät einſehen. Aber die Ereigniſſe in
unſrer Zeit gehen raſch, und ich fürchte, daß für die Dauer doch
der Friede kaum zu erhalten ſein wird, wie man auch für einige
Monate kitten wird.

Ich habe heut eine kleine Operation gemacht, die, wie ich
hoffe, gute Früchte tragen ſoll, ich werde ſpäter die Ehre haben,
ſie Ihnen mitzutheilen. —

In Wien iſt man ſehr unbehaglich wegen Ihrer Peters¬
burger Miſſion, weil man Sie für principiellen Gegner hält.

Sehr gut wäre es, dort ausgeſöhnt zu ſein, weil doch früher
oder ſpäter jene Mächte ſich mit uns gut verſtehen werden.

Wollen Ew. Excellenz nur in einigen beliebigen Zeilen an
mich ſagen, daß Sie perſönlich nicht gegen Oeſterreich ein¬
genommen ſind, ſo würde das von unberechenbarem Nutzen ſein.
— Herr von Manteuffel ſagt immer, ich ſei zähe in der Ausführung
einer Idee und ruhe nicht, bis ich zum Ziele gekommen — doch fügte
er hinzu, ich wäre weder ehr- noch geldgeizig. Bis jetzt, Gott ſei
Dank, iſt es mein Stolz, daß noch Niemand aus einer Verbindung
mit mir irgend einen Nachtheil gehabt.

Für die Dauer Ihrer Abweſenheit biete ich Ihnen meine
Dienſte zur Beſorgung Ihrer Angelegenheiten, ſei es hier oder
ſonſt wo, mit Vergnügen an. Uneigennütziger und redlicher ſollen
Sie gewiß anderswo nicht bedient werden.

Mit aufrichtiger Hochachtung bin ich
Ew. Excellenz
ganz ergebenſter
B. 23./3. 59. Levinſtein.“

Ich ließ den Brief unbeantwortet und erhielt im Laufe des
Tages, vor meiner Abfahrt zum Bahnhofe, im Hôtel Royal, wo
ich logirte, den Beſuch des Herrn Levinſtein. Nachdem er ſich
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[213/0240] Ernennung nach Petersburg. Levinſtein. Unſre Zeit bedarf der Männer, bedarf Thatkraft, das wird man hier vielleicht etwas zu ſpät einſehen. Aber die Ereigniſſe in unſrer Zeit gehen raſch, und ich fürchte, daß für die Dauer doch der Friede kaum zu erhalten ſein wird, wie man auch für einige Monate kitten wird. Ich habe heut eine kleine Operation gemacht, die, wie ich hoffe, gute Früchte tragen ſoll, ich werde ſpäter die Ehre haben, ſie Ihnen mitzutheilen. — In Wien iſt man ſehr unbehaglich wegen Ihrer Peters¬ burger Miſſion, weil man Sie für principiellen Gegner hält. Sehr gut wäre es, dort ausgeſöhnt zu ſein, weil doch früher oder ſpäter jene Mächte ſich mit uns gut verſtehen werden. Wollen Ew. Excellenz nur in einigen beliebigen Zeilen an mich ſagen, daß Sie perſönlich nicht gegen Oeſterreich ein¬ genommen ſind, ſo würde das von unberechenbarem Nutzen ſein. — Herr von Manteuffel ſagt immer, ich ſei zähe in der Ausführung einer Idee und ruhe nicht, bis ich zum Ziele gekommen — doch fügte er hinzu, ich wäre weder ehr- noch geldgeizig. Bis jetzt, Gott ſei Dank, iſt es mein Stolz, daß noch Niemand aus einer Verbindung mit mir irgend einen Nachtheil gehabt. Für die Dauer Ihrer Abweſenheit biete ich Ihnen meine Dienſte zur Beſorgung Ihrer Angelegenheiten, ſei es hier oder ſonſt wo, mit Vergnügen an. Uneigennütziger und redlicher ſollen Sie gewiß anderswo nicht bedient werden. Mit aufrichtiger Hochachtung bin ich Ew. Excellenz ganz ergebenſter B. 23./3. 59. Levinſtein.“ Ich ließ den Brief unbeantwortet und erhielt im Laufe des Tages, vor meiner Abfahrt zum Bahnhofe, im Hôtel Royal, wo ich logirte, den Beſuch des Herrn Levinſtein. Nachdem er ſich durch Vorzeigung eines eigenhändigen Einführungsſchreibens des

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/240>, abgerufen am 28.11.2024.