Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft. und die Möglichkeit weitrer Einmischung meinerseits. Er fragtemich, weshalb ich nicht auf meinen Posten ginge, wo ich in der gegenwärtigen Situation sehr nöthig sein würde. Ich erwiderte: "Ich bin hier viel nöthiger"1). Durch Allerhöchsten Erlaß vom 23. October wurde der Prinz 1) Vgl. Bismarck's Brief an Gerlach vom 19. Dec. 1857, Ausg. von H. Kohl S. 337 ff. und Gerlachs Antwort, Bismarck-Jahrbuch II 250 ff. 2) Am 15. Juli 1858.
Neuntes Kapitel: Reiſen. Regentſchaft. und die Möglichkeit weitrer Einmiſchung meinerſeits. Er fragtemich, weshalb ich nicht auf meinen Poſten ginge, wo ich in der gegenwärtigen Situation ſehr nöthig ſein würde. Ich erwiderte: „Ich bin hier viel nöthiger“1). Durch Allerhöchſten Erlaß vom 23. October wurde der Prinz 1) Vgl. Bismarck's Brief an Gerlach vom 19. Dec. 1857, Ausg. von H. Kohl S. 337 ff. und Gerlachs Antwort, Bismarck-Jahrbuch II 250 ff. 2) Am 15. Juli 1858.
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Neuntes Kapitel: Reiſen. Regentſchaft.
und die Möglichkeit weitrer Einmiſchung meinerſeits. Er fragte
mich, weshalb ich nicht auf meinen Poſten ginge, wo ich in der
gegenwärtigen Situation ſehr nöthig ſein würde. Ich erwiderte:
„Ich bin hier viel nöthiger“ 1).
Durch Allerhöchſten Erlaß vom 23. October wurde der Prinz
von Preußen zunächſt auf drei Monate mit der Stellvertretung
des Königs beauftragt, die dann noch dreimal auf je drei Monate
verlängert wurde und ohne nochmalige Verlängerung im October
1858 abgelaufen wäre. Im Sommer 1858 war ein ernſter Verſuch
im Werke, die Königin zu veranlaſſen, die Unterſchrift des Königs
zu einem Briefe an ſeinen Bruder zu beſchaffen, in dem zu ſagen
ſei, daß er ſich wieder wohl genug fühle, um die Regirung zu
übernehmen, und dem Prinzen für die geführte Stellvertretung
danke. Die letztre war durch einen Brief des Königs eingeleitet
worden, konnte alſo, ſo argumentirte man, durch einen ſolchen
wieder aufgehoben werden. Die Regirung würde dann, unter
Controlle der königlichen Unterſchrift durch Ihre Majeſtät die
Königin, von den dazu berufenen oder ſich darbietenden Herren
vom Hofe geführt werden. Zu dieſem Plan wurde mündlich auch
meine Mitwirkung in Anſpruch genommen, die ich in der Form
ablehnte, das würde eine Haremsregirung werden. Ich wurde
von Frankfurt nach Baden-Baden gerufen und ſetzte dort 2)den
Prinzen von dem Plane in Kenntniß, ohne die Urheber zu nennen.
„Dann nehme ich meinen Abſchied!“ rief der Prinz. Ich ſtellle
ihm vor, daß das Ausſcheiden aus ſeinen militäriſchen Aemtern
nichts helfen, ſondern die Sache ſchlimmer machen würde. Der
Plan ſei nur ausführbar, wenn das Staatsminiſterium dazu ſtille
hielte. Ich rieth daher, den Miniſter Manteuffel, der auf ſeinem
Gute den Erfolg des ihm bekannten Plans abwartete, telegraphiſch
zu citiren und durch geeignete Weiſungen den Faden der Intrigue
1)
Vgl. Bismarck's Brief an Gerlach vom 19. Dec. 1857, Ausg. von
H. Kohl S. 337 ff. und Gerlachs Antwort, Bismarck-Jahrbuch II 250 ff.
2)
Am 15. Juli 1858.
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