bundes ist und den französischen Einfluß bis unter die Thore von Berlin bringt. Jetzt haben die Bamberger es versucht, sich unter dem Protectorate von Rußland als Trias zu constituiren, wohl wissend, daß es ein leichtes ist, ein Protectorat zu wechseln, um so mehr, da die russisch-französische Allianz doch das Ende vom Liede ist, wenn England nicht bald die Augen aufgehen über die Thor¬ heit des Krieges und des Bündnisses mit Frankreich1). ...
Sanssouci, den 22. Juli 1854.
Für die deutsche Diplomatie, in so weit sie jetzt von Preußen ausgeht, öffnet sich ein glänzendes Schlachtfeld, denn leider scheint es, daß Prokesch nicht Unrecht hat, wenn er für seinen Kaiser die Kriegstrompete bläst. Die Wiener Nachrichten sind gar nicht be¬ sonders, obschon ich es doch noch nicht aufgebe, daß in der elften Stunde Buol und der Kaiser auseinander gehen werden. ... Es wäre der größeste Fehler, den man machen könnte, wenn man den mir noch nicht ganz verständlichen antifranzösischen Enthusiasmus von Bayern, Würtemberg, Sachsen und Hannover, so ganz ungenutzt vorüber¬ gehen ließe. Sobald man mit Oesterreich im Klaren ist, d. h. sowie dessen westmächtliche Sympathien klar hervortreten, müssen die leb¬ haftesten Verhandlungen mit den deutschen Mächten beginnen, und wir müssen einen Fürstenbund schließen, ganz anders und fester als der von Friedrich II. war2). ...
Charlottenburg, den 9. August 1854.
... Manteuffel ist bis jetzt ganz vernünftig, aber wie Sie wissen, unzuverlässig. Ich glaube, daß Sie die Aufgabe haben, nach zwei Seiten hin für den richtigen Weg zu wirken. Einmal, daß Sie Ihrem Freunde Prokesch die richtige Politik über dem Kopfe weg¬ nehmen und ihm zu verstehen geben, daß jetzt jeder Vorwand weg¬
1) Vgl. a. a. O. S. 174 f.
2) a. a. O. 178 f.
Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.
bundes iſt und den franzöſiſchen Einfluß bis unter die Thore von Berlin bringt. Jetzt haben die Bamberger es verſucht, ſich unter dem Protectorate von Rußland als Trias zu conſtituiren, wohl wiſſend, daß es ein leichtes iſt, ein Protectorat zu wechſeln, um ſo mehr, da die ruſſiſch-franzöſiſche Allianz doch das Ende vom Liede iſt, wenn England nicht bald die Augen aufgehen über die Thor¬ heit des Krieges und des Bündniſſes mit Frankreich1). ...
Sansſouci, den 22. Juli 1854.
Für die deutſche Diplomatie, in ſo weit ſie jetzt von Preußen ausgeht, öffnet ſich ein glänzendes Schlachtfeld, denn leider ſcheint es, daß Prokeſch nicht Unrecht hat, wenn er für ſeinen Kaiſer die Kriegstrompete bläſt. Die Wiener Nachrichten ſind gar nicht be¬ ſonders, obſchon ich es doch noch nicht aufgebe, daß in der elften Stunde Buol und der Kaiſer auseinander gehen werden. ... Es wäre der größeſte Fehler, den man machen könnte, wenn man den mir noch nicht ganz verſtändlichen antifranzöſiſchen Enthuſiasmus von Bayern, Würtemberg, Sachſen und Hannover, ſo ganz ungenutzt vorüber¬ gehen ließe. Sobald man mit Oeſterreich im Klaren iſt, d. h. ſowie deſſen weſtmächtliche Sympathien klar hervortreten, müſſen die leb¬ hafteſten Verhandlungen mit den deutſchen Mächten beginnen, und wir müſſen einen Fürſtenbund ſchließen, ganz anders und feſter als der von Friedrich II. war2). ...
Charlottenburg, den 9. Auguſt 1854.
... Manteuffel iſt bis jetzt ganz vernünftig, aber wie Sie wiſſen, unzuverläſſig. Ich glaube, daß Sie die Aufgabe haben, nach zwei Seiten hin für den richtigen Weg zu wirken. Einmal, daß Sie Ihrem Freunde Prokeſch die richtige Politik über dem Kopfe weg¬ nehmen und ihm zu verſtehen geben, daß jetzt jeder Vorwand weg¬
1) Vgl. a. a. O. S. 174 f.
2) a. a. O. 178 f.
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Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.
bundes iſt und den franzöſiſchen Einfluß bis unter die Thore von
Berlin bringt. Jetzt haben die Bamberger es verſucht, ſich unter
dem Protectorate von Rußland als Trias zu conſtituiren, wohl
wiſſend, daß es ein leichtes iſt, ein Protectorat zu wechſeln, um ſo
mehr, da die ruſſiſch-franzöſiſche Allianz doch das Ende vom Liede
iſt, wenn England nicht bald die Augen aufgehen über die Thor¬
heit des Krieges und des Bündniſſes mit Frankreich 1). ...
Sansſouci, den 22. Juli 1854.
Für die deutſche Diplomatie, in ſo weit ſie jetzt von Preußen
ausgeht, öffnet ſich ein glänzendes Schlachtfeld, denn leider ſcheint
es, daß Prokeſch nicht Unrecht hat, wenn er für ſeinen Kaiſer die
Kriegstrompete bläſt. Die Wiener Nachrichten ſind gar nicht be¬
ſonders, obſchon ich es doch noch nicht aufgebe, daß in der elften
Stunde Buol und der Kaiſer auseinander gehen werden. ... Es wäre
der größeſte Fehler, den man machen könnte, wenn man den mir noch
nicht ganz verſtändlichen antifranzöſiſchen Enthuſiasmus von Bayern,
Würtemberg, Sachſen und Hannover, ſo ganz ungenutzt vorüber¬
gehen ließe. Sobald man mit Oeſterreich im Klaren iſt, d. h. ſowie
deſſen weſtmächtliche Sympathien klar hervortreten, müſſen die leb¬
hafteſten Verhandlungen mit den deutſchen Mächten beginnen, und
wir müſſen einen Fürſtenbund ſchließen, ganz anders und feſter
als der von Friedrich II. war 2). ...
Charlottenburg, den 9. Auguſt 1854.
... Manteuffel iſt bis jetzt ganz vernünftig, aber wie Sie wiſſen,
unzuverläſſig. Ich glaube, daß Sie die Aufgabe haben, nach zwei
Seiten hin für den richtigen Weg zu wirken. Einmal, daß Sie
Ihrem Freunde Prokeſch die richtige Politik über dem Kopfe weg¬
nehmen und ihm zu verſtehen geben, daß jetzt jeder Vorwand weg¬
1)
Vgl. a. a. O. S. 174 f.
2)
a. a. O. 178 f.
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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/129>, abgerufen am 18.07.2024.
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