Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.
Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg. Bemühungen des Grafen Buol, einen Kriegsfall zu schaffen, diedurch die Räumung der Wallachei und Moldau seitens der Russen vereitelt wurden, die von ihm beantragte und im Geheimniß vor Preußen abgeschlossene Allianz mit den Westmächten vom 2. December, die vier Punkte der Wiener Conferenz und der weitre Verlauf bis zu dem Pariser Frieden vom 30. März 1856 sind von Sybel aus den Archiven dargestellt, und meine amtliche Stellungnahme zu allen diesen Fragen ergiebt sich aus dem Werke "Preußen im Bundestage", Ueber das, was in dem Cabinet vorging, über die Erwägungen und Einflüsse, die den König in den wechselnden Phasen bestimmten, erhielt ich von dem General von Gerlach Mit¬ theilungen, von denen ich die interessanteren einflechte. Wir hatten für diese Correspondenz seit Herbst 1855 eine Art von Chiffre ver¬ abredet, in welchem die Staaten durch die Namen uns bekannter Dörfer, die Personen nicht ohne Humor durch Figuren aus Shake¬ speare bezeichnet waren 1). "Berlin, den 24. April 1854. Manteuffel hat seinen Abschluß mit (dem Feldzeugmeister) Doch dem sei wie ihm wolle, dieser Abschluß ist ein fait 1) S. den Schlüssel in den Briefen Bismarck's an General L. v. Gerlach,
herausg. von H. Kohl S. 351 f. (doch ist S. 352 Z. 4 zu lesen: Fortinbras, Z. 8: Trinkulo). -- Zum ersten Male bediente sich der Chiffre Bismarck im Briefe vom 21. December 1855, Gerlach im Briefe vom 15. Januar 1856 (Bismarck-Jahrbuch II 212 ff.). Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg. Bemühungen des Grafen Buol, einen Kriegsfall zu ſchaffen, diedurch die Räumung der Wallachei und Moldau ſeitens der Ruſſen vereitelt wurden, die von ihm beantragte und im Geheimniß vor Preußen abgeſchloſſene Allianz mit den Weſtmächten vom 2. December, die vier Punkte der Wiener Conferenz und der weitre Verlauf bis zu dem Pariſer Frieden vom 30. März 1856 ſind von Sybel aus den Archiven dargeſtellt, und meine amtliche Stellungnahme zu allen dieſen Fragen ergiebt ſich aus dem Werke „Preußen im Bundestage“, Ueber das, was in dem Cabinet vorging, über die Erwägungen und Einflüſſe, die den König in den wechſelnden Phaſen beſtimmten, erhielt ich von dem General von Gerlach Mit¬ theilungen, von denen ich die intereſſanteren einflechte. Wir hatten für dieſe Correſpondenz ſeit Herbſt 1855 eine Art von Chiffre ver¬ abredet, in welchem die Staaten durch die Namen uns bekannter Dörfer, die Perſonen nicht ohne Humor durch Figuren aus Shake¬ ſpeare bezeichnet waren 1). „Berlin, den 24. April 1854. Manteuffel hat ſeinen Abſchluß mit (dem Feldzeugmeiſter) Doch dem ſei wie ihm wolle, dieſer Abſchluß iſt ein fait 1) S. den Schlüſſel in den Briefen Bismarck's an General L. v. Gerlach,
herausg. von H. Kohl S. 351 f. (doch iſt S. 352 Z. 4 zu leſen: Fortinbras, Z. 8: Trinkulo). — Zum erſten Male bediente ſich der Chiffre Bismarck im Briefe vom 21. December 1855, Gerlach im Briefe vom 15. Januar 1856 (Bismarck-Jahrbuch II 212 ff.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="100"/><fw place="top" type="header">Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.<lb/></fw> Bemühungen des Grafen Buol, einen Kriegsfall zu ſchaffen, die<lb/> durch die Räumung der Wallachei und Moldau ſeitens der Ruſſen<lb/> vereitelt wurden, die von ihm beantragte und im Geheimniß vor<lb/> Preußen abgeſchloſſene Allianz mit den Weſtmächten vom 2. December,<lb/> die vier Punkte der Wiener Conferenz und der weitre Verlauf<lb/> bis zu dem Pariſer Frieden vom 30. März 1856 ſind von Sybel<lb/> aus den Archiven dargeſtellt, und meine amtliche Stellungnahme<lb/> zu allen dieſen Fragen ergiebt ſich aus dem Werke „Preußen im<lb/> Bundestage“, Ueber das, was in dem Cabinet vorging, über die<lb/> Erwägungen und Einflüſſe, die den König in den wechſelnden<lb/> Phaſen beſtimmten, erhielt ich von dem General von Gerlach Mit¬<lb/> theilungen, von denen ich die intereſſanteren einflechte. Wir hatten<lb/> für dieſe Correſpondenz ſeit Herbſt 1855 eine Art von Chiffre ver¬<lb/> abredet, in welchem die Staaten durch die Namen uns bekannter<lb/> Dörfer, die Perſonen nicht ohne Humor durch Figuren aus Shake¬<lb/> ſpeare bezeichnet waren <note place="foot" n="1)"><lb/> S. den Schlüſſel in den Briefen Bismarck's an General L. v. Gerlach,<lb/> herausg. von <hi rendition="#g">H</hi>. <hi rendition="#g">Kohl</hi> S. 351 f. (doch iſt S. 352 Z. 4 zu leſen: Fortinbras,<lb/> Z. 8: Trinkulo). — Zum erſten Male bediente ſich der Chiffre Bismarck im<lb/> Briefe vom 21. December 1855, Gerlach im Briefe vom 15. Januar 1856<lb/> (Bismarck-Jahrbuch <hi rendition="#aq">II</hi> 212 ff.).</note>.</p><lb/> <p> <hi rendition="#right">„Berlin, den 24. April 1854.</hi> </p><lb/> <p>Manteuffel hat ſeinen Abſchluß mit (dem Feldzeugmeiſter)<lb/> Heß zu Stande gebracht und zwar auf eine Art, die ich nicht<lb/> anders als eine verlorne Bataille bezeichnen kann. Alle meine<lb/> militäriſchen Berechnungen, alle Ihre Briefe, die entſchieden be¬<lb/> wieſen, daß Oeſterreich nie wagen würde, ohne uns zu einem be¬<lb/> ſtimmten Abſchluß mit den Weſtmächten zu kommen, haben nichts<lb/> geholfen; man hat ſich von den Furchtſamen furchtſam machen<lb/> laſſen, und ſo weit muß ich Manteuffel Recht geben, daß es gar<lb/> nicht unmöglich iſt, daß eben aus Furcht Oeſterreich den kühnen<lb/> Sprung nach Weſten hätte machen können.</p><lb/> <p>Doch dem ſei wie ihm wolle, dieſer Abſchluß iſt ein <hi rendition="#aq">fait</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0127]
Fünftes Kapitel: Wochenblattspartei. Krimkrieg.
Bemühungen des Grafen Buol, einen Kriegsfall zu ſchaffen, die
durch die Räumung der Wallachei und Moldau ſeitens der Ruſſen
vereitelt wurden, die von ihm beantragte und im Geheimniß vor
Preußen abgeſchloſſene Allianz mit den Weſtmächten vom 2. December,
die vier Punkte der Wiener Conferenz und der weitre Verlauf
bis zu dem Pariſer Frieden vom 30. März 1856 ſind von Sybel
aus den Archiven dargeſtellt, und meine amtliche Stellungnahme
zu allen dieſen Fragen ergiebt ſich aus dem Werke „Preußen im
Bundestage“, Ueber das, was in dem Cabinet vorging, über die
Erwägungen und Einflüſſe, die den König in den wechſelnden
Phaſen beſtimmten, erhielt ich von dem General von Gerlach Mit¬
theilungen, von denen ich die intereſſanteren einflechte. Wir hatten
für dieſe Correſpondenz ſeit Herbſt 1855 eine Art von Chiffre ver¬
abredet, in welchem die Staaten durch die Namen uns bekannter
Dörfer, die Perſonen nicht ohne Humor durch Figuren aus Shake¬
ſpeare bezeichnet waren 1).
„Berlin, den 24. April 1854.
Manteuffel hat ſeinen Abſchluß mit (dem Feldzeugmeiſter)
Heß zu Stande gebracht und zwar auf eine Art, die ich nicht
anders als eine verlorne Bataille bezeichnen kann. Alle meine
militäriſchen Berechnungen, alle Ihre Briefe, die entſchieden be¬
wieſen, daß Oeſterreich nie wagen würde, ohne uns zu einem be¬
ſtimmten Abſchluß mit den Weſtmächten zu kommen, haben nichts
geholfen; man hat ſich von den Furchtſamen furchtſam machen
laſſen, und ſo weit muß ich Manteuffel Recht geben, daß es gar
nicht unmöglich iſt, daß eben aus Furcht Oeſterreich den kühnen
Sprung nach Weſten hätte machen können.
Doch dem ſei wie ihm wolle, dieſer Abſchluß iſt ein fait
1)
S. den Schlüſſel in den Briefen Bismarck's an General L. v. Gerlach,
herausg. von H. Kohl S. 351 f. (doch iſt S. 352 Z. 4 zu leſen: Fortinbras,
Z. 8: Trinkulo). — Zum erſten Male bediente ſich der Chiffre Bismarck im
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| Zitationshilfe: | Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/127>, abgerufen am 14.05.2024. |
