Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.

Bild:
<< vorherige Seite
Die erwählte Einsamkeit.
Der Lippen Purpur glüht. Die Wangen
Röslein winken.

Solang du öffnest nicht des Munds Corallen-
Zinken:

solang sagt man/ daß du wohl köndest Ve-
nus seyn.

Wann aber zeigen sich im Mund die
schwarzen Zäun/

die Zähne: dann beginnt dein Schönheit-
Lob zu sinken;

bald es komt in dem Mund/ da fängt es an
zuhinken.

Ach! daß ihn die Natur/ nit auch mit Hel-
fenbein

geziert/ wie deinen Leib! Die Zähne beissen
dir

für war kein kleines Stuck von deiner grossen
Zier.

Drüm hättest bässer du ein stummes Bild ge-
geben/

das mit den Augen redt. Das Reden zwar
dich kan

so gar verstellen nicht. Nur merke diß/ mein
Leben:

wann ich dich lieben soll/ so lache mich nit an!

Der Befehl/ ist höflich vollzogen!
sagte Floridan. Du aber/ schöne Nym-
fe! (fuhr er fort/ wider die Dorilis/) weil

du/
Die erwaͤhlte Einſamkeit.
Der Lippen Purpur gluͤht. Die Wangen
Roͤslein winken.

Solang du oͤffneſt nicht des Munds Corallen-
Zinken:

ſolang ſagt man/ daß du wohl koͤndeſt Ve-
nus ſeyn.

Wann aber zeigen ſich im Mund die
ſchwarzen Zaͤun/

die Zaͤhne: dann beginnt dein Schoͤnheit-
Lob zu ſinken;

bald es komt in dem Mund/ da faͤngt es an
zuhinken.

Ach! daß ihn die Natur/ nit auch mit Hel-
fenbein

geziert/ wie deinen Leib! Die Zaͤhne beiſſen
dir

fuͤr war kein kleines Stuck von deiner groſſen
Zier.

Druͤm haͤtteſt baͤſſer du ein ſtummes Bild ge-
geben/

das mit den Augen redt. Das Reden zwar
dich kan

ſo gar verſtellen nicht. Nur merke diß/ mein
Leben:

wann ich dich lieben ſoll/ ſo lache mich nit an!

Der Befehl/ iſt hoͤflich vollzogen!
ſagte Floridan. Du aber/ ſchoͤne Nym-
fe! (fuhr er fort/ wider die Dorilis/) weil

du/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0097" n="85"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Die erwa&#x0364;hlte Ein&#x017F;amkeit.</hi> </fw><lb/>
          <l>Der Lippen Purpur glu&#x0364;ht. Die Wangen<lb/><hi rendition="#et">Ro&#x0364;slein winken.</hi></l><lb/>
          <l>Solang du o&#x0364;ffne&#x017F;t nicht des Munds Corallen-<lb/><hi rendition="#et">Zinken:</hi></l><lb/>
          <l>&#x017F;olang &#x017F;agt man/ daß du wohl ko&#x0364;nde&#x017F;t Ve-<lb/><hi rendition="#et">nus &#x017F;eyn.</hi></l><lb/>
          <l>Wann aber zeigen &#x017F;ich im Mund die<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chwarzen Za&#x0364;un/</hi></l><lb/>
          <l>die Za&#x0364;hne: dann beginnt dein Scho&#x0364;nheit-<lb/><hi rendition="#et">Lob zu &#x017F;inken;</hi></l><lb/>
          <l>bald es komt in dem Mund/ da fa&#x0364;ngt es an<lb/><hi rendition="#et">zuhinken.</hi></l><lb/>
          <l>Ach! daß ihn die Natur/ nit auch mit Hel-<lb/><hi rendition="#et">fenbein</hi></l><lb/>
          <l>geziert/ wie deinen Leib! Die Za&#x0364;hne bei&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">dir</hi></l><lb/>
          <l>fu&#x0364;r war kein kleines Stuck von deiner gro&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Zier.</hi></l><lb/>
          <l>Dru&#x0364;m ha&#x0364;tte&#x017F;t ba&#x0364;&#x017F;&#x017F;er du ein &#x017F;tummes Bild ge-<lb/><hi rendition="#et">geben/</hi></l><lb/>
          <l>das mit den Augen redt. Das Reden zwar<lb/><hi rendition="#et">dich kan</hi></l><lb/>
          <l>&#x017F;o gar ver&#x017F;tellen nicht. Nur merke diß/ mein<lb/><hi rendition="#et">Leben:</hi></l><lb/>
          <l>wann ich dich lieben &#x017F;oll/ &#x017F;o lache mich nit an!</l>
        </lg><lb/>
        <p>Der Befehl/ i&#x017F;t ho&#x0364;flich vollzogen!<lb/>
&#x017F;agte Floridan. Du aber/ &#x017F;cho&#x0364;ne Nym-<lb/>
fe! (fuhr er fort/ wider die Dorilis/) weil<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">du/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0097] Die erwaͤhlte Einſamkeit. Der Lippen Purpur gluͤht. Die Wangen Roͤslein winken. Solang du oͤffneſt nicht des Munds Corallen- Zinken: ſolang ſagt man/ daß du wohl koͤndeſt Ve- nus ſeyn. Wann aber zeigen ſich im Mund die ſchwarzen Zaͤun/ die Zaͤhne: dann beginnt dein Schoͤnheit- Lob zu ſinken; bald es komt in dem Mund/ da faͤngt es an zuhinken. Ach! daß ihn die Natur/ nit auch mit Hel- fenbein geziert/ wie deinen Leib! Die Zaͤhne beiſſen dir fuͤr war kein kleines Stuck von deiner groſſen Zier. Druͤm haͤtteſt baͤſſer du ein ſtummes Bild ge- geben/ das mit den Augen redt. Das Reden zwar dich kan ſo gar verſtellen nicht. Nur merke diß/ mein Leben: wann ich dich lieben ſoll/ ſo lache mich nit an! Der Befehl/ iſt hoͤflich vollzogen! ſagte Floridan. Du aber/ ſchoͤne Nym- fe! (fuhr er fort/ wider die Dorilis/) weil du/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/97
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/97>, abgerufen am 21.11.2024.