Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

digen Unterredungen. Sie befahle eines Tags jhn zu
beruffen. Er erschiene unsäumig; und als Sie sich mit
jhm an ein Fenster gesteuret/ fragte Sie/ was er guts neues
mitbrächte? Von so bösen Zeiten/ sagete er/ kan man nichts
gutes hören. Ich mag E. Durchl. nicht mehr betruben mit
Zeitungen von dem Staat der unsteligen Waffen in dero
Landen. Ich bitte euch auch/ fiele Sie jhm ein/ saget mir
nichts mehr darvon. Ich habe dißfals meine Sache und
Sorge zu vörderst GOtt/ hernach meinen treuen Söhnen
übergeben. Der Himmel mache es mit mir/ wie es mein
Geschicke/ und sein allweiser Wille ist; wider die läst es sich
nicht murren. Kleinmütigs Grämen thut auch nichtszur
Sachen. Fröliche Gedult bietet dem Trotz deß Unglückes
trotz/ und sitzet mitten unter dem Zeitsturm unbeweglich.
Großmuht ist den wider wertigkeiten gewachsen genug/
sie zu überkommen. Unterdessen vermeidet sie das zu
hören/ was sie betrüben kan.
Aber wisset jhr sonst nichts
neues? Genugsam/ Durchleuchtigste Prinzessin/ antwor-
tete er. Und wolte Gott/ daß E. Durchl. ein solches Glück/
als dero Nachbarin der streitbaren Heptemie/ widerfahren
solte. doch wird es villeicht E. Durchl schon bewust seyn.

5.

Mir nichts/ antwortete sie/ Mein Kummer leidet
es nicht/ viel Leute in mein Zimmer zu lassen. Ihr sehet/ wie
ich von Kräfften vnd Gliedern kommen bin. Einer solchen
Fürstin wie ich bin/ gebürt es nit/ sich in sothaner bewandniß
viel sehen zu lassen. Das Unglück/ das man heimlich hält
trägt man am leichtesten. Der Fursten Unmuht/ macht die
Unterthanen blöde. Schwer aber ist es/ unter einer frö-
lichen Stirn ein verwirrtes Gehirn tragen können. Das
Angesicht ist ein Buch/ darinn die Natur die Gedanken
der Menschen/ gleichsam Sinnbildsweiß vorstelliget.

Aber saget mir doch/ was ist das für ein Gluck/ das andern

wider-

digen Unterredungen. Sie befahle eines Tags jhn zu
beruffen. Er erſchiene unſaͤumig; und als Sie ſich mit
jhm an ein Fenſter geſteuret/ fragte Sie/ was er guts neues
mitbraͤchte? Von ſo boͤſen Zeiten/ ſagete er/ kan man nichts
gutes hoͤren. Ich mag E. Durchl. nicht mehr betrůben mit
Zeitungen von dem Staat der unſteligen Waffen in dero
Landen. Ich bitte euch auch/ fiele Sie jhm ein/ ſaget mir
nichts mehr darvon. Ich habe dißfals meine Sache und
Sorge zu voͤrderſt GOtt/ hernach meinen treuen Soͤhnen
übergeben. Der Himmel mache es mit mir/ wie es mein
Geſchicke/ und ſein allweiſer Wille iſt; wider die laͤſt es ſich
nicht murren. Kleinmuͤtigs Graͤmen thut auch nichtszur
Sachẽ. Froͤliche Gedult bietet dem Trotz deß Ungluͤckes
trotz/ und ſitzet mitten unter dem Zeitſturm unbeweglich.
Großmuht iſt den wider wertigkeiten gewachſen genug/
ſie zu uͤberkommen. Unterdeſſen vermeidet ſie das zu
hoͤren/ was ſie betruͤben kan.
Aber wiſſet jhr ſonſt nichts
neues? Genugſam/ Durchleuchtigſte Prinzeſſin/ antwor-
tete er. Und wolte Gott/ daß E. Durchl. ein ſolches Gluͤck/
als dero Nachbarin der ſtreitbaren Heptemie/ widerfahren
ſolte. doch wird es villeicht E. Durchl ſchon bewuſt ſeyn.

5.

Mir nichts/ antwortete ſie/ Mein Kummer leidet
es nicht/ viel Leute in mein Zimmer zu laſſen. Ihr ſehet/ wie
ich von Kraͤfften vnd Gliedern kommen bin. Einer ſolchen
Fuͤrſtin wie ich bin/ gebuͤrt es nit/ ſich in ſothaner bewandniß
viel ſehen zu laſſen. Das Ungluͤck/ das man heimlich haͤlt
traͤgt man am leichteſtẽ. Der Fůrſten Unmuht/ macht die
Unterthanen bloͤde. Schwer aber iſt es/ unter einer froͤ-
lichen Stirn ein verwirrtes Gehirn tragen koͤnnen. Das
Angeſicht iſt ein Buch/ darinn die Natur die Gedanken
der Menſchen/ gleichſam Sinnbildsweiß vorſtelliget.

Aber ſaget mir doch/ was iſt das fuͤr ein Glůck/ das andern

wider-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="4"/>
digen <hi rendition="#aq">U</hi>nterredungen. Sie befahle eines Tags jhn zu<lb/>
beruffen. Er er&#x017F;chiene un&#x017F;a&#x0364;umig<hi rendition="#i">;</hi> und als Sie &#x017F;ich mit<lb/>
jhm an ein Fen&#x017F;ter ge&#x017F;teuret/ fragte Sie/ was er guts neues<lb/>
mitbra&#x0364;chte? Von &#x017F;o bo&#x0364;&#x017F;en Zeiten/ &#x017F;agete er/ kan man nichts<lb/>
gutes ho&#x0364;ren. Ich mag E. Durchl. nicht mehr betr&#x016F;ben mit<lb/>
Zeitungen von dem Staat der un&#x017F;teligen Waffen in dero<lb/>
Landen. Ich bitte euch auch/ fiele Sie jhm ein/ &#x017F;aget mir<lb/>
nichts mehr darvon. Ich habe dißfals meine Sache und<lb/>
Sorge zu vo&#x0364;rder&#x017F;t GOtt/ hernach meinen treuen So&#x0364;hnen<lb/>
übergeben. Der Himmel mache es mit mir/ wie es mein<lb/>
Ge&#x017F;chicke/ und &#x017F;ein allwei&#x017F;er Wille i&#x017F;t; wider die la&#x0364;&#x017F;t es &#x017F;ich<lb/>
nicht murren. <hi rendition="#fr">Kleinmu&#x0364;tigs Gra&#x0364;men thut auch nichtszur<lb/>
Sache&#x0303;. Fro&#x0364;liche Gedult bietet dem Trotz deß <hi rendition="#aq">U</hi>nglu&#x0364;ckes<lb/>
trotz/ und &#x017F;itzet mitten unter dem Zeit&#x017F;turm unbeweglich.<lb/>
Großmuht i&#x017F;t den wider wertigkeiten gewach&#x017F;en genug/<lb/>
&#x017F;ie zu u&#x0364;berkommen. <hi rendition="#aq">U</hi>nterde&#x017F;&#x017F;en vermeidet &#x017F;ie das zu<lb/>
ho&#x0364;ren/ was &#x017F;ie betru&#x0364;ben kan.</hi> Aber wi&#x017F;&#x017F;et jhr &#x017F;on&#x017F;t nichts<lb/>
neues? Genug&#x017F;am/ Durchleuchtig&#x017F;te Prinze&#x017F;&#x017F;in/ antwor-<lb/>
tete er. <hi rendition="#aq">U</hi>nd wolte Gott/ daß E. Durchl. ein &#x017F;olches Glu&#x0364;ck/<lb/>
als dero Nachbarin der &#x017F;treitbaren <hi rendition="#fr">Heptemie/</hi> widerfahren<lb/>
&#x017F;olte. doch wird es villeicht E. Durchl &#x017F;chon bewu&#x017F;t &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>5.</head><lb/>
          <p>Mir nichts/ antwortete &#x017F;ie/ Mein Kummer leidet<lb/>
es nicht/ viel Leute in mein Zimmer zu la&#x017F;&#x017F;en. Ihr &#x017F;ehet/ wie<lb/>
ich von Kra&#x0364;fften vnd Gliedern kommen bin. Einer &#x017F;olchen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin wie ich bin/ gebu&#x0364;rt es nit/ &#x017F;ich in &#x017F;othaner bewandniß<lb/>
viel &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#fr">Das <hi rendition="#aq">U</hi>nglu&#x0364;ck/ das man heimlich ha&#x0364;lt<lb/>
tra&#x0364;gt man am leichte&#x017F;te&#x0303;. Der F&#x016F;r&#x017F;ten <hi rendition="#aq">U</hi>nmuht/ macht die<lb/><hi rendition="#aq">U</hi>nterthanen blo&#x0364;de. Schwer aber i&#x017F;t es/ unter einer fro&#x0364;-<lb/>
lichen Stirn ein verwirrtes Gehirn tragen ko&#x0364;nnen. Das<lb/>
Ange&#x017F;icht i&#x017F;t ein Buch/ darinn die Natur die Gedanken<lb/>
der Men&#x017F;chen/ gleich&#x017F;am Sinnbildsweiß vor&#x017F;telliget.</hi><lb/>
Aber &#x017F;aget mir doch/ was i&#x017F;t das fu&#x0364;r ein Gl&#x016F;ck/ das andern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wider-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0054] digen Unterredungen. Sie befahle eines Tags jhn zu beruffen. Er erſchiene unſaͤumig; und als Sie ſich mit jhm an ein Fenſter geſteuret/ fragte Sie/ was er guts neues mitbraͤchte? Von ſo boͤſen Zeiten/ ſagete er/ kan man nichts gutes hoͤren. Ich mag E. Durchl. nicht mehr betrůben mit Zeitungen von dem Staat der unſteligen Waffen in dero Landen. Ich bitte euch auch/ fiele Sie jhm ein/ ſaget mir nichts mehr darvon. Ich habe dißfals meine Sache und Sorge zu voͤrderſt GOtt/ hernach meinen treuen Soͤhnen übergeben. Der Himmel mache es mit mir/ wie es mein Geſchicke/ und ſein allweiſer Wille iſt; wider die laͤſt es ſich nicht murren. Kleinmuͤtigs Graͤmen thut auch nichtszur Sachẽ. Froͤliche Gedult bietet dem Trotz deß Ungluͤckes trotz/ und ſitzet mitten unter dem Zeitſturm unbeweglich. Großmuht iſt den wider wertigkeiten gewachſen genug/ ſie zu uͤberkommen. Unterdeſſen vermeidet ſie das zu hoͤren/ was ſie betruͤben kan. Aber wiſſet jhr ſonſt nichts neues? Genugſam/ Durchleuchtigſte Prinzeſſin/ antwor- tete er. Und wolte Gott/ daß E. Durchl. ein ſolches Gluͤck/ als dero Nachbarin der ſtreitbaren Heptemie/ widerfahren ſolte. doch wird es villeicht E. Durchl ſchon bewuſt ſeyn. 5. Mir nichts/ antwortete ſie/ Mein Kummer leidet es nicht/ viel Leute in mein Zimmer zu laſſen. Ihr ſehet/ wie ich von Kraͤfften vnd Gliedern kommen bin. Einer ſolchen Fuͤrſtin wie ich bin/ gebuͤrt es nit/ ſich in ſothaner bewandniß viel ſehen zu laſſen. Das Ungluͤck/ das man heimlich haͤlt traͤgt man am leichteſtẽ. Der Fůrſten Unmuht/ macht die Unterthanen bloͤde. Schwer aber iſt es/ unter einer froͤ- lichen Stirn ein verwirrtes Gehirn tragen koͤnnen. Das Angeſicht iſt ein Buch/ darinn die Natur die Gedanken der Menſchen/ gleichſam Sinnbildsweiß vorſtelliget. Aber ſaget mir doch/ was iſt das fuͤr ein Glůck/ das andern wider-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/54
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/54>, abgerufen am 03.12.2024.