Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

tzen/ er solte jetzt alsobald seine Waffen zu Felde führen/ seine
neugeboltzte Pfeile versuchen/ und insonderheit der beyden
Fürsten/ deß Prinzen Vagusto und deß Hertzogs von Fila-
ma
/ nicht verfehlen/ weil so dapfre Helden nicht gäntzlich
entwerden/ sondern jhres gleichen/ in denen jhre fortge-
pflanzte Tugend und wehrtes Abbild zu verewigung jhres
Nachruhms grünen möchte/ hinder sich lassen müste.

141.
* Georg
Andreas
im Hof/
P. N.

Diese liebreiche Liebesgöttin hatte kaum jhre Rede
beschlossen/ da fienge jhr kleines Flügelkind* so gantz nackicht
erschiene/ mit anmutig- und hurtigen Gebärden an/ es stünde
seines gleichen Kindern zu/ den Eltern zu gehorchen. Darüm
wolte auch er seiner Mutter Befehl/ den er ohne das gerne
thäte/ nachkommen/ und seine Pfeile also brauchen/ daß es
gewiß ohne Wunden nicht abgehen solte. Sie möchten jhn
zwar jhres gefallens für ein Kind/ und für einen blinden ach-
ten (es waren jhm dann die Augen mit einem Flor verbun-
den) sie solten aber erfahren/ daß er gewiß und stark genug
schiessen könne. Könden jhre Carthaunen barte Mauren/ so
solten seine Geschosse steinerne Hertzen fällen. Und ob sie
wol diesen Tag grosses Gepränge mit jhrem Frieden ma-
cheten/ so wolle er jhnen doch versicherlich neuen Kriegs ge-
nug erwecken. Gleichwol solten sie solche Feinde bekommen/
die man wegen jhrer Freundlichkeit bekriegete. Er wolie aber
seine Kunst zu vörderst an den beyden Höchsten prüfen/ und
alsdann etwas mehr seyn als ein Kind/ wann er jhr Meister
würde. Langete hierauf einen Pfeil nach dem andern aus
seinem Köcher/ schosse und trafe mit lustiger Geschwindig-
keit die beyden Fürsten/ den Prinzen Vagusto/ und den
Herzog von Filama/ am ersten/ indessen Mars und Venus
fuß für fuß einander abführeten/ denen er/ nach dem er sich
verschossen/ nachsprunge/ und sich hinder jhnen wider in das
Waldgezelt verstale.

142.

tzen/ er ſolte jetzt alſobald ſeine Waffen zu Felde führen/ ſeine
neugeboltzte Pfeile verſuchen/ und inſonderheit der beyden
Fuͤrſten/ deß Prinzen Vaguſto und deß Hertzogs von Fila-
ma
/ nicht verfehlen/ weil ſo dapfre Helden nicht gaͤntzlich
entwerden/ ſondern jhꝛes gleichen/ in denen jhre fortge-
pflanzte Tugend und wehrtes Abbild zu verewigung jhres
Nachruhms grünen moͤchte/ hinder ſich laſſen muͤſte.

141.
* Georg
Andreas
im Hof/
P. N.

Dieſe liebreiche Liebesgoͤttin hatte kaum jhre Rede
beſchloſſen/ da fienge jhr kleines Flügelkind* ſo gantz nackicht
erſchiene/ mit anmutig- und hurtigen Gebaͤrden an/ es ſtuͤnde
ſeines gleichen Kindern zu/ den Eltern zu gehorchen. Daruͤm
wolte auch er ſeiner Mutter Befehl/ den er ohne das gerne
thaͤte/ nachkommen/ und ſeine Pfeile alſo brauchen/ daß es
gewiß ohne Wunden nicht abgehen ſolte. Sie moͤchten jhn
zwar jhres gefallens für ein Kind/ und fuͤr einen blinden ach-
ten (es waren jhm dann die Augen mit einem Flor verbun-
den) ſie ſolten aber erfahren/ daß er gewiß und ſtark genug
ſchieſſen koͤnne. Koͤnden jhre Carthaunen barte Mauren/ ſo
ſolten ſeine Geſchoſſe ſteinerne Hertzen faͤllen. Und ob ſie
wol dieſen Tag groſſes Gepraͤnge mit jhrem Frieden ma-
cheten/ ſo wolle er jhnen doch verſicherlich neuen Kriegs ge-
nug erwecken. Gleichwol ſolten ſie ſolche Feinde bekommen/
die man wegen jhrer Freundlichkeit bekriegete. Er wolie aber
ſeine Kunſt zu voͤrderſt an den beyden Hoͤchſten pruͤfen/ und
alsdann etwas mehr ſeyn als ein Kind/ wann er jhr Meiſter
würde. Langete hierauf einen Pfeil nach dem andern aus
ſeinem Koͤcher/ ſchoſſe und trafe mit luſtiger Geſchwindig-
keit die beyden Fuͤrſten/ den Prinzen Vaguſto/ und den
Herzog von Filama/ am erſten/ indeſſen Mars und Venus
fuß fuͤr fuß einander abführeten/ denen er/ nach dem er ſich
verſchoſſen/ nachſprunge/ und ſich hinder jhnen wider in das
Waldgezelt verſtale.

142.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="136"/>
tzen/ er &#x017F;olte jetzt al&#x017F;obald &#x017F;eine Waffen zu Felde führen/ &#x017F;eine<lb/>
neugeboltzte Pfeile ver&#x017F;uchen/ und in&#x017F;onderheit der beyden<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ deß Prinzen <hi rendition="#fr">Vagu&#x017F;to</hi> und deß Hertzogs von <hi rendition="#fr">Fila-<lb/>
ma</hi>/ nicht verfehlen/ weil &#x017F;o dapfre Helden nicht ga&#x0364;ntzlich<lb/>
entwerden/ &#x017F;ondern jh&#xA75B;es gleichen/ in denen jhre fortge-<lb/>
pflanzte Tugend und wehrtes Abbild zu verewigung jhres<lb/>
Nachruhms grünen mo&#x0364;chte/ hinder &#x017F;ich la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;te.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>141.</head><lb/>
          <note place="left">* Georg<lb/>
Andreas<lb/>
im Hof/<lb/><hi rendition="#aq">P. <hi rendition="#i">N.</hi></hi></note>
          <p>Die&#x017F;e liebreiche Liebesgo&#x0364;ttin hatte kaum jhre Rede<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ da fienge jhr kleines Flügelkind* &#x017F;o gantz <hi rendition="#fr">nackicht</hi><lb/>
er&#x017F;chiene/ mit anmutig- und hurtigen Geba&#x0364;rden an/ es &#x017F;tu&#x0364;nde<lb/>
&#x017F;eines gleichen Kindern zu/ den Eltern zu gehorchen. Daru&#x0364;m<lb/>
wolte auch er &#x017F;einer Mutter Befehl/ den er ohne das gerne<lb/>
tha&#x0364;te/ nachkommen/ und &#x017F;eine Pfeile al&#x017F;o brauchen/ daß es<lb/>
gewiß ohne Wunden nicht abgehen &#x017F;olte. Sie mo&#x0364;chten jhn<lb/>
zwar jhres gefallens für ein Kind/ und fu&#x0364;r einen blinden ach-<lb/>
ten (es waren jhm dann die Augen mit einem Flor verbun-<lb/>
den) &#x017F;ie &#x017F;olten aber erfahren/ daß er gewiß und &#x017F;tark genug<lb/>
&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne. Ko&#x0364;nden jhre Carthaunen barte Mauren/ &#x017F;o<lb/>
&#x017F;olten &#x017F;eine Ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e &#x017F;teinerne Hertzen fa&#x0364;llen. <hi rendition="#aq">U</hi>nd ob &#x017F;ie<lb/>
wol die&#x017F;en Tag gro&#x017F;&#x017F;es Gepra&#x0364;nge mit jhrem Frieden ma-<lb/>
cheten/ &#x017F;o wolle er jhnen doch ver&#x017F;icherlich neuen Kriegs ge-<lb/>
nug erwecken. Gleichwol &#x017F;olten &#x017F;ie &#x017F;olche Feinde bekommen/<lb/>
die man wegen jhrer Freundlichkeit bekriegete. Er wolie aber<lb/>
&#x017F;eine Kun&#x017F;t zu vo&#x0364;rder&#x017F;t an den beyden Ho&#x0364;ch&#x017F;ten pru&#x0364;fen/ und<lb/>
alsdann etwas mehr &#x017F;eyn als ein Kind/ wann er jhr Mei&#x017F;ter<lb/>
würde. Langete hierauf einen Pfeil nach dem andern aus<lb/>
&#x017F;einem Ko&#x0364;cher/ &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e und trafe mit lu&#x017F;tiger Ge&#x017F;chwindig-<lb/>
keit die beyden Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ den Prinzen <hi rendition="#fr">Vagu&#x017F;to</hi>/ und den<lb/>
Herzog von <hi rendition="#fr">Filama</hi>/ am er&#x017F;ten/ inde&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Mars</hi> und <hi rendition="#fr">Venus</hi><lb/>
fuß fu&#x0364;r fuß einander abführeten/ denen er/ nach dem er &#x017F;ich<lb/>
ver&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en/ nach&#x017F;prunge/ und &#x017F;ich hinder jhnen wider in das<lb/>
Waldgezelt ver&#x017F;tale.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">142.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0192] tzen/ er ſolte jetzt alſobald ſeine Waffen zu Felde führen/ ſeine neugeboltzte Pfeile verſuchen/ und inſonderheit der beyden Fuͤrſten/ deß Prinzen Vaguſto und deß Hertzogs von Fila- ma/ nicht verfehlen/ weil ſo dapfre Helden nicht gaͤntzlich entwerden/ ſondern jhꝛes gleichen/ in denen jhre fortge- pflanzte Tugend und wehrtes Abbild zu verewigung jhres Nachruhms grünen moͤchte/ hinder ſich laſſen muͤſte. 141. Dieſe liebreiche Liebesgoͤttin hatte kaum jhre Rede beſchloſſen/ da fienge jhr kleines Flügelkind* ſo gantz nackicht erſchiene/ mit anmutig- und hurtigen Gebaͤrden an/ es ſtuͤnde ſeines gleichen Kindern zu/ den Eltern zu gehorchen. Daruͤm wolte auch er ſeiner Mutter Befehl/ den er ohne das gerne thaͤte/ nachkommen/ und ſeine Pfeile alſo brauchen/ daß es gewiß ohne Wunden nicht abgehen ſolte. Sie moͤchten jhn zwar jhres gefallens für ein Kind/ und fuͤr einen blinden ach- ten (es waren jhm dann die Augen mit einem Flor verbun- den) ſie ſolten aber erfahren/ daß er gewiß und ſtark genug ſchieſſen koͤnne. Koͤnden jhre Carthaunen barte Mauren/ ſo ſolten ſeine Geſchoſſe ſteinerne Hertzen faͤllen. Und ob ſie wol dieſen Tag groſſes Gepraͤnge mit jhrem Frieden ma- cheten/ ſo wolle er jhnen doch verſicherlich neuen Kriegs ge- nug erwecken. Gleichwol ſolten ſie ſolche Feinde bekommen/ die man wegen jhrer Freundlichkeit bekriegete. Er wolie aber ſeine Kunſt zu voͤrderſt an den beyden Hoͤchſten pruͤfen/ und alsdann etwas mehr ſeyn als ein Kind/ wann er jhr Meiſter würde. Langete hierauf einen Pfeil nach dem andern aus ſeinem Koͤcher/ ſchoſſe und trafe mit luſtiger Geſchwindig- keit die beyden Fuͤrſten/ den Prinzen Vaguſto/ und den Herzog von Filama/ am erſten/ indeſſen Mars und Venus fuß fuͤr fuß einander abführeten/ denen er/ nach dem er ſich verſchoſſen/ nachſprunge/ und ſich hinder jhnen wider in das Waldgezelt verſtale. 142.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/192
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/192>, abgerufen am 24.11.2024.