kasten hinab, sprang auf die Straße, lief ins Böhmische Brauhaus und holte Bier.
Ha, was für Gelage! Richtige, große Deckel¬ gläser schwang man, und Lagerbier war drin! Da wurden die Großen vertraulicher. Aber Alles durften die Strunks doch nicht mitmachen. So, wenn ein Nachtscheuern war und die Dienstmädchen in den Corridors herumkicherten. Dann kicherten die Großen draußen mit, aber die Strunks mußten im Hofe und Garten Posten stehen.
Zweifellos: Das hing mit dem Monde zu¬ sammen. Freilich nicht im hohen Sinne des Miokowitsch! Der hätte nie mit Dienstmädchen gekichert, die den Scheuerlappen in Händen hatten.
[Abbildung]
So kam Jung-Stilpe ins dreizehnte Jahr, und seine Sehnsucht war vergeblich hinter dem Monde her und was dessen tiefster Sinn eigentlich wäre.
In der Schule ging alles passabel, bis aufs Rech¬ nen; seine Mitstrunks achteten ihn als einen, der alles Verbotene kühn und heiter mitmachte und nie petzte, aber enge Freunde hatte er keine, weil er, wie die
Erſtes Buch, viertes Kapitel.
kaſten hinab, ſprang auf die Straße, lief ins Böhmiſche Brauhaus und holte Bier.
Ha, was für Gelage! Richtige, große Deckel¬ gläſer ſchwang man, und Lagerbier war drin! Da wurden die Großen vertraulicher. Aber Alles durften die Strunks doch nicht mitmachen. So, wenn ein Nachtſcheuern war und die Dienſtmädchen in den Corridors herumkicherten. Dann kicherten die Großen draußen mit, aber die Strunks mußten im Hofe und Garten Poſten ſtehen.
Zweifellos: Das hing mit dem Monde zu¬ ſammen. Freilich nicht im hohen Sinne des Miokowitſch! Der hätte nie mit Dienſtmädchen gekichert, die den Scheuerlappen in Händen hatten.
[Abbildung]
So kam Jung-Stilpe ins dreizehnte Jahr, und ſeine Sehnſucht war vergeblich hinter dem Monde her und was deſſen tiefſter Sinn eigentlich wäre.
In der Schule ging alles paſſabel, bis aufs Rech¬ nen; ſeine Mitſtrunks achteten ihn als einen, der alles Verbotene kühn und heiter mitmachte und nie petzte, aber enge Freunde hatte er keine, weil er, wie die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0053"n="39"/><fwplace="top"type="header">Erſtes Buch, viertes Kapitel.<lb/></fw> kaſten hinab, ſprang auf die Straße, lief ins<lb/>
Böhmiſche Brauhaus und holte Bier.</p><lb/><p>Ha, was für Gelage! Richtige, große Deckel¬<lb/>
gläſer ſchwang man, und Lagerbier war drin!<lb/>
Da wurden die Großen vertraulicher. Aber Alles<lb/>
durften die Strunks doch nicht mitmachen. So,<lb/>
wenn ein Nachtſcheuern war und die Dienſtmädchen<lb/>
in den Corridors herumkicherten. Dann kicherten<lb/>
die Großen draußen mit, aber die Strunks mußten<lb/>
im Hofe und Garten Poſten ſtehen.</p><lb/><p>Zweifellos: Das hing mit dem Monde zu¬<lb/>ſammen. Freilich nicht im hohen Sinne des<lb/>
Miokowitſch! Der hätte nie mit Dienſtmädchen<lb/>
gekichert, die den Scheuerlappen in Händen hatten.</p><lb/><figure/><p>So kam Jung-Stilpe ins dreizehnte Jahr, und<lb/>ſeine Sehnſucht war vergeblich hinter dem Monde<lb/>
her und was deſſen tiefſter Sinn eigentlich wäre.</p><lb/><p>In der Schule ging alles paſſabel, bis aufs Rech¬<lb/>
nen; ſeine Mitſtrunks achteten ihn als einen, der alles<lb/>
Verbotene kühn und heiter mitmachte und nie petzte,<lb/>
aber enge Freunde hatte er keine, weil er, wie die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[39/0053]
Erſtes Buch, viertes Kapitel.
kaſten hinab, ſprang auf die Straße, lief ins
Böhmiſche Brauhaus und holte Bier.
Ha, was für Gelage! Richtige, große Deckel¬
gläſer ſchwang man, und Lagerbier war drin!
Da wurden die Großen vertraulicher. Aber Alles
durften die Strunks doch nicht mitmachen. So,
wenn ein Nachtſcheuern war und die Dienſtmädchen
in den Corridors herumkicherten. Dann kicherten
die Großen draußen mit, aber die Strunks mußten
im Hofe und Garten Poſten ſtehen.
Zweifellos: Das hing mit dem Monde zu¬
ſammen. Freilich nicht im hohen Sinne des
Miokowitſch! Der hätte nie mit Dienſtmädchen
gekichert, die den Scheuerlappen in Händen hatten.
[Abbildung]
So kam Jung-Stilpe ins dreizehnte Jahr, und
ſeine Sehnſucht war vergeblich hinter dem Monde
her und was deſſen tiefſter Sinn eigentlich wäre.
In der Schule ging alles paſſabel, bis aufs Rech¬
nen; ſeine Mitſtrunks achteten ihn als einen, der alles
Verbotene kühn und heiter mitmachte und nie petzte,
aber enge Freunde hatte er keine, weil er, wie die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/53>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.