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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.
Liebe, gute Mama!

Ich habe furchtbar lachen müssen, weil Du
schreibst, ob es nicht recht wehthut, wenn der
Herr Inspektor auf die Hosen kloppt. Du denkst
wol, wir haben sie an, wenn er kloppt? Nein,
das sind die andern, die erste Garnitur, die ge¬
kloppt werden. Nun will ich aber endlich schreiben,
was abends gemacht wird. Da wird erstens
Abendbrot gegessen, wobei auch Biertrinken statt¬
findet. Es ist aber natürlich blos einfaches. Da¬
zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett ist
mir lieber, denn die Butter ist sehr häufig ranzig.
Viele Jungens schmieren sie dann untern Tisch oder
schnippen sie mit dem Messer an die Decke. Dann
fällt sie manchmal nächsten Tag in die Suppe.
Weshalb es ein Unfug ist und man Schellen kriegt,
wenns gemerkt wird. Natürlich wagen sichs blos
die Großen. Im Winter soll die Butter auch von
vielen Jungens gesammelt werden, und sie machen
dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer
Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß
fein schmecken. Dann gehts wieder naus zum
Spielen und dann ist Arbeitsstunde oder Selbst¬
beschäftigung, wobei Briefe geschrieben werden oder
sonst welcher Unsinn gemacht wird, weil kein In¬

Stilpe.
Liebe, gute Mama!

Ich habe furchtbar lachen müſſen, weil Du
ſchreibſt, ob es nicht recht wehthut, wenn der
Herr Inſpektor auf die Hoſen kloppt. Du denkſt
wol, wir haben ſie an, wenn er kloppt? Nein,
das ſind die andern, die erſte Garnitur, die ge¬
kloppt werden. Nun will ich aber endlich ſchreiben,
was abends gemacht wird. Da wird erſtens
Abendbrot gegeſſen, wobei auch Biertrinken ſtatt¬
findet. Es iſt aber natürlich blos einfaches. Da¬
zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett iſt
mir lieber, denn die Butter iſt ſehr häufig ranzig.
Viele Jungens ſchmieren ſie dann untern Tiſch oder
ſchnippen ſie mit dem Meſſer an die Decke. Dann
fällt ſie manchmal nächſten Tag in die Suppe.
Weshalb es ein Unfug iſt und man Schellen kriegt,
wenns gemerkt wird. Natürlich wagen ſichs blos
die Großen. Im Winter ſoll die Butter auch von
vielen Jungens geſammelt werden, und ſie machen
dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer
Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß
fein ſchmecken. Dann gehts wieder naus zum
Spielen und dann iſt Arbeitsſtunde oder Selbſt¬
beſchäftigung, wobei Briefe geſchrieben werden oder
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[28/0042] Stilpe. Liebe, gute Mama! Ich habe furchtbar lachen müſſen, weil Du ſchreibſt, ob es nicht recht wehthut, wenn der Herr Inſpektor auf die Hoſen kloppt. Du denkſt wol, wir haben ſie an, wenn er kloppt? Nein, das ſind die andern, die erſte Garnitur, die ge¬ kloppt werden. Nun will ich aber endlich ſchreiben, was abends gemacht wird. Da wird erſtens Abendbrot gegeſſen, wobei auch Biertrinken ſtatt¬ findet. Es iſt aber natürlich blos einfaches. Da¬ zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett iſt mir lieber, denn die Butter iſt ſehr häufig ranzig. Viele Jungens ſchmieren ſie dann untern Tiſch oder ſchnippen ſie mit dem Meſſer an die Decke. Dann fällt ſie manchmal nächſten Tag in die Suppe. Weshalb es ein Unfug iſt und man Schellen kriegt, wenns gemerkt wird. Natürlich wagen ſichs blos die Großen. Im Winter ſoll die Butter auch von vielen Jungens geſammelt werden, und ſie machen dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß fein ſchmecken. Dann gehts wieder naus zum Spielen und dann iſt Arbeitsſtunde oder Selbſt¬ beſchäftigung, wobei Briefe geſchrieben werden oder ſonſt welcher Unſinn gemacht wird, weil kein In¬

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/42>, abgerufen am 18.04.2024.