Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Stilpe.
mit dieser tolpatschigen Hast junger Jagdhunde,
sondern mit der Ruhe bewußter Verantwortlichkeit.

Unter seiner Freude an der bewegten Arbeit
eines Sprechstunde abhaltenden Theaterdirektors hob
sich mehr und mehr ein Ingrimm gegen die Leute,
mit denen zusammen er eigentlich gedacht hatte, das
Momus-Theater zu machen. Ihre Unfähigkeit, für
die Zwecke dieses Theaters zu arbeiten, empfand er
nicht als einen Mangel ihrer Begabung, sondern
er ärgerte sich darüber, daß sie auch in diesem
Falle keinerlei Konzessionen an den Begriff des
Zweckes in der Kunst machten, und er beneidete sie
im Grunde darum. Zwar sagte er sich manchmal,
daß sich darin auch Schwäche und Zügellosigkeit
offenbarte, aber seine eigene Fähigkeit, gerade für
das Momus-Theater zu arbeiten, erschien ihm als
ein Anzeichen seiner künstlerischen Inferiorität.

Er fing mit einemmale an, die "Dichterei" zu
hassen, und es war ganz ehrlich, wenn er der
Muse gegenüber es verwünschte, daß die "Lite¬
ratur" ein Hauptprogrammpunkt ihrer Gründung
war. Und dabei hätte er doch auch um Alles nicht
ein bloßer Tingeltangeldirektor sein wollen. Der
Gedanke, auf so paradoxe Weise der Kunst zu
dienen, kitzelte ihn angenehm.

Stilpe.
mit dieſer tolpatſchigen Haſt junger Jagdhunde,
ſondern mit der Ruhe bewußter Verantwortlichkeit.

Unter ſeiner Freude an der bewegten Arbeit
eines Sprechſtunde abhaltenden Theaterdirektors hob
ſich mehr und mehr ein Ingrimm gegen die Leute,
mit denen zuſammen er eigentlich gedacht hatte, das
Momus-Theater zu machen. Ihre Unfähigkeit, für
die Zwecke dieſes Theaters zu arbeiten, empfand er
nicht als einen Mangel ihrer Begabung, ſondern
er ärgerte ſich darüber, daß ſie auch in dieſem
Falle keinerlei Konzeſſionen an den Begriff des
Zweckes in der Kunſt machten, und er beneidete ſie
im Grunde darum. Zwar ſagte er ſich manchmal,
daß ſich darin auch Schwäche und Zügelloſigkeit
offenbarte, aber ſeine eigene Fähigkeit, gerade für
das Momus-Theater zu arbeiten, erſchien ihm als
ein Anzeichen ſeiner künſtleriſchen Inferiorität.

Er fing mit einemmale an, die „Dichterei“ zu
haſſen, und es war ganz ehrlich, wenn er der
Muſe gegenüber es verwünſchte, daß die „Lite¬
ratur“ ein Hauptprogrammpunkt ihrer Gründung
war. Und dabei hätte er doch auch um Alles nicht
ein bloßer Tingeltangeldirektor ſein wollen. Der
Gedanke, auf ſo paradoxe Weiſe der Kunſt zu
dienen, kitzelte ihn angenehm.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0388" n="374"/><fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw> mit die&#x017F;er tolpat&#x017F;chigen Ha&#x017F;t junger Jagdhunde,<lb/>
&#x017F;ondern mit der Ruhe bewußter Verantwortlichkeit.</p><lb/>
          <p>Unter &#x017F;einer Freude an der bewegten Arbeit<lb/>
eines Sprech&#x017F;tunde abhaltenden Theaterdirektors hob<lb/>
&#x017F;ich mehr und mehr ein Ingrimm gegen die Leute,<lb/>
mit denen zu&#x017F;ammen er eigentlich gedacht hatte, das<lb/>
Momus-Theater zu machen. Ihre Unfähigkeit, für<lb/>
die Zwecke die&#x017F;es Theaters zu arbeiten, empfand er<lb/>
nicht als einen Mangel ihrer Begabung, &#x017F;ondern<lb/>
er ärgerte &#x017F;ich darüber, daß &#x017F;ie auch in die&#x017F;em<lb/>
Falle keinerlei Konze&#x017F;&#x017F;ionen an den Begriff des<lb/>
Zweckes in der Kun&#x017F;t machten, und er beneidete &#x017F;ie<lb/>
im Grunde darum. Zwar &#x017F;agte er &#x017F;ich manchmal,<lb/>
daß &#x017F;ich darin auch Schwäche und Zügello&#x017F;igkeit<lb/>
offenbarte, aber &#x017F;eine eigene Fähigkeit, gerade für<lb/>
das Momus-Theater zu arbeiten, er&#x017F;chien ihm als<lb/>
ein Anzeichen &#x017F;einer kün&#x017F;tleri&#x017F;chen Inferiorität.</p><lb/>
          <p>Er fing mit einemmale an, die &#x201E;Dichterei&#x201C; zu<lb/>
ha&#x017F;&#x017F;en, und es war ganz ehrlich, wenn er der<lb/>
Mu&#x017F;e gegenüber es verwün&#x017F;chte, daß die &#x201E;Lite¬<lb/>
ratur&#x201C; ein Hauptprogrammpunkt ihrer Gründung<lb/>
war. Und dabei hätte er doch auch um Alles nicht<lb/>
ein bloßer Tingeltangeldirektor &#x017F;ein wollen. Der<lb/>
Gedanke, auf &#x017F;o paradoxe Wei&#x017F;e der Kun&#x017F;t zu<lb/>
dienen, kitzelte ihn angenehm.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[374/0388] Stilpe. mit dieſer tolpatſchigen Haſt junger Jagdhunde, ſondern mit der Ruhe bewußter Verantwortlichkeit. Unter ſeiner Freude an der bewegten Arbeit eines Sprechſtunde abhaltenden Theaterdirektors hob ſich mehr und mehr ein Ingrimm gegen die Leute, mit denen zuſammen er eigentlich gedacht hatte, das Momus-Theater zu machen. Ihre Unfähigkeit, für die Zwecke dieſes Theaters zu arbeiten, empfand er nicht als einen Mangel ihrer Begabung, ſondern er ärgerte ſich darüber, daß ſie auch in dieſem Falle keinerlei Konzeſſionen an den Begriff des Zweckes in der Kunſt machten, und er beneidete ſie im Grunde darum. Zwar ſagte er ſich manchmal, daß ſich darin auch Schwäche und Zügelloſigkeit offenbarte, aber ſeine eigene Fähigkeit, gerade für das Momus-Theater zu arbeiten, erſchien ihm als ein Anzeichen ſeiner künſtleriſchen Inferiorität. Er fing mit einemmale an, die „Dichterei“ zu haſſen, und es war ganz ehrlich, wenn er der Muſe gegenüber es verwünſchte, daß die „Lite¬ ratur“ ein Hauptprogrammpunkt ihrer Gründung war. Und dabei hätte er doch auch um Alles nicht ein bloßer Tingeltangeldirektor ſein wollen. Der Gedanke, auf ſo paradoxe Weiſe der Kunſt zu dienen, kitzelte ihn angenehm.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/388
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/388>, abgerufen am 23.11.2024.