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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Erstes Buch, drittes Kapitel.
wird angetreten und die Herren Inspektoren sehen
Einen an, ob man reine gewaschen ist und auch
die Stiewelsohlen ganz sind, besonders hinter den
Ohren, wo sich manchmal Schmutz befindet und
man dann karieren muß. Dann singen wir in
der Aula Nun danket alle Gott oder andere
schöne Gesangbuchslieder und ein Herr Lehrer
betet ein Gebet, was er grade auswendig kann.
Dann gehts zum Kaffetrinken, wo immer jede
Schissel, welche aus vier jungens besteht und
einen Schisseloberst, Schisselvice, Schisselterz und
Schisselschund hat, eine Kanne Kaffe krigt und
jeder drei Eckchen Semmel und zwei Stikchen
Zucker. Der Zucker wird gewöhnlich in die Sem¬
meln nein gebohrt und dann gedunkt, das schmeckt
wie Kuchen. Die Schisselschunds krigen aber nicht
immer alle zwei Stikchen Zucker, weil manchmal
welche fehlen. Wenn Kaffe getrunken ist, ist eine
Arbeitsstunde, wo Schularbeiten gemacht werden.
Ein Herr Lehrer paßt auf, das keiner abschreibt.
Manche Jungen schreiben aber doch ab. Ich wage
mirs nicht.

Nun lebe wol meine liebe gute Mamma, mein
Nachbar schubt mich immer, daß ich Messerspießen
soll mit ihm. Das ist ein sehr schönes Spiel.

Erſtes Buch, drittes Kapitel.
wird angetreten und die Herren Inſpektoren ſehen
Einen an, ob man reine gewaſchen iſt und auch
die Stiewelſohlen ganz ſind, beſonders hinter den
Ohren, wo ſich manchmal Schmutz befindet und
man dann karieren muß. Dann ſingen wir in
der Aula Nun danket alle Gott oder andere
ſchöne Geſangbuchslieder und ein Herr Lehrer
betet ein Gebet, was er grade auswendig kann.
Dann gehts zum Kaffetrinken, wo immer jede
Schiſſel, welche aus vier jungens beſteht und
einen Schiſſeloberſt, Schiſſelvice, Schiſſelterz und
Schiſſelſchund hat, eine Kanne Kaffe krigt und
jeder drei Eckchen Semmel und zwei Stikchen
Zucker. Der Zucker wird gewöhnlich in die Sem¬
meln nein gebohrt und dann gedunkt, das ſchmeckt
wie Kuchen. Die Schiſſelſchunds krigen aber nicht
immer alle zwei Stikchen Zucker, weil manchmal
welche fehlen. Wenn Kaffe getrunken iſt, iſt eine
Arbeitsſtunde, wo Schularbeiten gemacht werden.
Ein Herr Lehrer paßt auf, das keiner abſchreibt.
Manche Jungen ſchreiben aber doch ab. Ich wage
mirs nicht.

Nun lebe wol meine liebe gute Mamma, mein
Nachbar ſchubt mich immer, daß ich Meſſerſpießen
ſoll mit ihm. Das iſt ein ſehr ſchönes Spiel.

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[21/0035] Erſtes Buch, drittes Kapitel. wird angetreten und die Herren Inſpektoren ſehen Einen an, ob man reine gewaſchen iſt und auch die Stiewelſohlen ganz ſind, beſonders hinter den Ohren, wo ſich manchmal Schmutz befindet und man dann karieren muß. Dann ſingen wir in der Aula Nun danket alle Gott oder andere ſchöne Geſangbuchslieder und ein Herr Lehrer betet ein Gebet, was er grade auswendig kann. Dann gehts zum Kaffetrinken, wo immer jede Schiſſel, welche aus vier jungens beſteht und einen Schiſſeloberſt, Schiſſelvice, Schiſſelterz und Schiſſelſchund hat, eine Kanne Kaffe krigt und jeder drei Eckchen Semmel und zwei Stikchen Zucker. Der Zucker wird gewöhnlich in die Sem¬ meln nein gebohrt und dann gedunkt, das ſchmeckt wie Kuchen. Die Schiſſelſchunds krigen aber nicht immer alle zwei Stikchen Zucker, weil manchmal welche fehlen. Wenn Kaffe getrunken iſt, iſt eine Arbeitsſtunde, wo Schularbeiten gemacht werden. Ein Herr Lehrer paßt auf, das keiner abſchreibt. Manche Jungen ſchreiben aber doch ab. Ich wage mirs nicht. Nun lebe wol meine liebe gute Mamma, mein Nachbar ſchubt mich immer, daß ich Meſſerſpießen ſoll mit ihm. Das iſt ein ſehr ſchönes Spiel.

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/35>, abgerufen am 24.11.2024.