Es müsst der Mensch. Er riecht nach Wasserfleck. Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil!
Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden, er erhob schon die Arme. Aber Stilpe sah ihn durchdringend und zornig an.
Dann sprach er selbst:
In strenge seid ihr, und ich tadle euch. Seht ihr die Flaschen nicht, das Roastbeef nicht? Oh lenkt von dieser bangen Menschlichkeit Den strengen Blick zu diesem Caviar Und seht der Sprotten goldne Enge an, Der Flundern breite Liebenswürdigkeit, Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt. Seid milde, milde, milde, sag ich euch, Wie dieser Thunfisch, der im Öle schwimmt, Denn wisset, was in Silber rundlich hier Priapisch leuchtet, ist kein leerer Wahn, Nein: Echt Straßburger Gänseleberwurst!
Und also sag ich: Wer kein Unmensch ist, Entlehmannt diesen Lehmann, und mein Wort
Stilpe.
Und Stöſſel im Ä-bäh-Tone:
Es müſſt der Menſch. Er riecht nach Waſſerfleck. Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil!
Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden, er erhob ſchon die Arme. Aber Stilpe ſah ihn durchdringend und zornig an.
Dann ſprach er ſelbſt:
In ſtrenge ſeid ihr, und ich tadle euch. Seht ihr die Flaſchen nicht, das Roaſtbeef nicht? Oh lenkt von dieſer bangen Menſchlichkeit Den ſtrengen Blick zu dieſem Caviar Und ſeht der Sprotten goldne Enge an, Der Flundern breite Liebenswürdigkeit, Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt. Seid milde, milde, milde, ſag ich euch, Wie dieſer Thunfiſch, der im Öle ſchwimmt, Denn wiſſet, was in Silber rundlich hier Priapiſch leuchtet, iſt kein leerer Wahn, Nein: Echt Straßburger Gänſeleberwurſt!
Und alſo ſag ich: Wer kein Unmenſch iſt, Entlehmannt dieſen Lehmann, und mein Wort
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0288"n="274"/><fwplace="top"type="header">Stilpe.<lb/></fw><p>Und Stöſſel im Ä-bäh-Tone:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Es müſſt der Menſch. Er riecht nach Waſſerfleck.<lb/></l><l>Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil!</l></lg><lb/><p>Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden,<lb/>
er erhob ſchon die Arme. Aber Stilpe ſah ihn<lb/>
durchdringend und zornig an.</p><lb/><p>Dann ſprach er ſelbſt:</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>In ſtrenge ſeid ihr, und ich tadle euch.<lb/></l><l>Seht ihr die Flaſchen nicht, das Roaſtbeef nicht?<lb/></l><l>Oh lenkt von dieſer bangen Menſchlichkeit<lb/></l><l>Den ſtrengen Blick zu dieſem Caviar<lb/></l><l>Und ſeht der Sprotten goldne Enge an,<lb/></l><l>Der Flundern breite Liebenswürdigkeit,<lb/></l><l>Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt<lb/></l><l>Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt.<lb/></l><l>Seid milde, milde, milde, ſag ich euch,<lb/></l><l>Wie dieſer Thunfiſch, der im Öle ſchwimmt,<lb/></l><l>Denn wiſſet, was in Silber rundlich hier<lb/></l><l>Priapiſch leuchtet, iſt kein leerer Wahn,<lb/></l><l>Nein: Echt Straßburger Gänſeleberwurſt!</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Und alſo ſag ich: Wer kein Unmenſch iſt,<lb/></l><l>Entlehmannt dieſen Lehmann, und mein Wort<lb/></l></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[274/0288]
Stilpe.
Und Stöſſel im Ä-bäh-Tone:
Es müſſt der Menſch. Er riecht nach Waſſerfleck.
Desinfiziert ihn mir mit Bibergeil!
Herr Lehmann wollte beinahe ärgerlich werden,
er erhob ſchon die Arme. Aber Stilpe ſah ihn
durchdringend und zornig an.
Dann ſprach er ſelbſt:
In ſtrenge ſeid ihr, und ich tadle euch.
Seht ihr die Flaſchen nicht, das Roaſtbeef nicht?
Oh lenkt von dieſer bangen Menſchlichkeit
Den ſtrengen Blick zu dieſem Caviar
Und ſeht der Sprotten goldne Enge an,
Der Flundern breite Liebenswürdigkeit,
Und ach, den Rollmops, wie er zärtlich blinkt
Im Zwiebelkranze, pfeffereingekörnt.
Seid milde, milde, milde, ſag ich euch,
Wie dieſer Thunfiſch, der im Öle ſchwimmt,
Denn wiſſet, was in Silber rundlich hier
Priapiſch leuchtet, iſt kein leerer Wahn,
Nein: Echt Straßburger Gänſeleberwurſt!
Und alſo ſag ich: Wer kein Unmenſch iſt,
Entlehmannt dieſen Lehmann, und mein Wort
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/288>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.