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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Drittes Buch, erstes Kapitel.

Indessen: Soll gelb oder blau oder dunkel¬
oder hellrot auch stärker sein, als Herz und
Intelligenz? Soll die Pleiße völlig ent¬
behren müssen, was die Mulde füllereich ge¬
noß?

Nein! Unsre Mützen sind gelb, blau,
dunkel- oder hellrot, aber unsre Herzen schlagen
noch im Takte des momischen Alexandriners:

O l'Amour! o l'Amour! prince de la
jeunesse!

Oder? Schmach dem Fragezeichen!

Wir haben nicht aufgehört, Menschen zu sein,
indem wir unsre respektiven Mützen aufsetzten,
und so haben wir auch nicht aufgehört, Cenacliers
zu sein.

Und also darum sage ich euch, ich, der ich
Schaunard war, bin und sein werde: Wir
müssen die farbigen Schranken und Planken,
hinter die wir uns, jeder nach freier Wahl und
geistvoller Erwägung, begeben haben, wenigstens
aller zwei Wochen einmal mit dem Elan
unsrer Cenacleherzen überspringen und ein¬
ander in die Arme eilen! Eine Jammerlende,
die diesen Sprung nicht wagt, eine Groschen¬
seele, die sich vor dem Comment mehr fürchtet

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Drittes Buch, erſtes Kapitel.

Indeſſen: Soll gelb oder blau oder dunkel¬
oder hellrot auch ſtärker ſein, als Herz und
Intelligenz? Soll die Pleiße völlig ent¬
behren müſſen, was die Mulde füllereich ge¬
noß?

Nein! Unſre Mützen ſind gelb, blau,
dunkel- oder hellrot, aber unſre Herzen ſchlagen
noch im Takte des momiſchen Alexandriners:

O l'Amour! ô l'Amour! prince de la
jeunesse!

Oder? Schmach dem Fragezeichen!

Wir haben nicht aufgehört, Menſchen zu ſein,
indem wir unſre reſpektiven Mützen aufſetzten,
und ſo haben wir auch nicht aufgehört, Cénacliers
zu ſein.

Und alſo darum ſage ich euch, ich, der ich
Schaunard war, bin und ſein werde: Wir
müſſen die farbigen Schranken und Planken,
hinter die wir uns, jeder nach freier Wahl und
geiſtvoller Erwägung, begeben haben, wenigſtens
aller zwei Wochen einmal mit dem Elan
unſrer Cénacleherzen überſpringen und ein¬
ander in die Arme eilen! Eine Jammerlende,
die dieſen Sprung nicht wagt, eine Groſchen¬
ſeele, die ſich vor dem Comment mehr fürchtet

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[225/0239] Drittes Buch, erſtes Kapitel. Indeſſen: Soll gelb oder blau oder dunkel¬ oder hellrot auch ſtärker ſein, als Herz und Intelligenz? Soll die Pleiße völlig ent¬ behren müſſen, was die Mulde füllereich ge¬ noß? Nein! Unſre Mützen ſind gelb, blau, dunkel- oder hellrot, aber unſre Herzen ſchlagen noch im Takte des momiſchen Alexandriners: O l'Amour! ô l'Amour! prince de la jeunesse! Oder? Schmach dem Fragezeichen! Wir haben nicht aufgehört, Menſchen zu ſein, indem wir unſre reſpektiven Mützen aufſetzten, und ſo haben wir auch nicht aufgehört, Cénacliers zu ſein. Und alſo darum ſage ich euch, ich, der ich Schaunard war, bin und ſein werde: Wir müſſen die farbigen Schranken und Planken, hinter die wir uns, jeder nach freier Wahl und geiſtvoller Erwägung, begeben haben, wenigſtens aller zwei Wochen einmal mit dem Elan unſrer Cénacleherzen überſpringen und ein¬ ander in die Arme eilen! Eine Jammerlende, die dieſen Sprung nicht wagt, eine Groſchen¬ ſeele, die ſich vor dem Comment mehr fürchtet 15

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/239>, abgerufen am 25.11.2024.