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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Drittes Buch, erstes Kapitel.
der einen Vortrag im Cenacle hielt über "die Epoche
der patriotischen Phrase", als Fahnenschwinger für
Ehre! Freiheit! Vaterland! . . .! Gut! Gut!
Allerliebst und sehr niedlich! Die Haare haben
sie ihm aber schon nach hinten gekämmt. Und wie
er errötötöte! Jetzt sieht er sich sicher nach mir
um. Nein, mein Lamm, ich nicht! Ich habe schon
genug gesehn.

Über diesen Fall ärgerte er sich übrigens
weniger. Burschenschaft -- bah! Aber gespannt
war er nun, "in welcher Couleur der tüchtige Ro¬
dolphe eidbrüchig geworden sein möchte". Er
taxierte ihn voll Zorn auf Akademischen Turn¬
verein:

Wir recken den Arm, wir strecken das Bein,
Wir sind der akademische Turnverein.

Aber nein: Wippert war Landsmannschafter
geworden und trug eine dunkelblaue Mütze stolz
an Stilpes gelber vorüber.

-- So wären wir denn also glücklich nach allen
Windrichtungen auseinandergefahren. Das ist eigent¬
lich eine Direktionslosigkeit. Warum haben es diese
Knaben denn nicht für nötig gehalten, mich auf¬
zusuchen, ehe sie so weitgehende Entschlüsse faßten?
Kein Zweifel: Sie wollten sich meinem Einflusse

Drittes Buch, erſtes Kapitel.
der einen Vortrag im Cénacle hielt über „die Epoche
der patriotiſchen Phraſe“, als Fahnenſchwinger für
Ehre! Freiheit! Vaterland! . . .! Gut! Gut!
Allerliebſt und ſehr niedlich! Die Haare haben
ſie ihm aber ſchon nach hinten gekämmt. Und wie
er errötötöte! Jetzt ſieht er ſich ſicher nach mir
um. Nein, mein Lamm, ich nicht! Ich habe ſchon
genug geſehn.

Über dieſen Fall ärgerte er ſich übrigens
weniger. Burſchenſchaft — bah! Aber geſpannt
war er nun, „in welcher Couleur der tüchtige Ro¬
dolphe eidbrüchig geworden ſein möchte“. Er
taxierte ihn voll Zorn auf Akademiſchen Turn¬
verein:

Wir recken den Arm, wir ſtrecken das Bein,
Wir ſind der akademiſche Turnverein.

Aber nein: Wippert war Landsmannſchafter
geworden und trug eine dunkelblaue Mütze ſtolz
an Stilpes gelber vorüber.

— So wären wir denn alſo glücklich nach allen
Windrichtungen auseinandergefahren. Das iſt eigent¬
lich eine Direktionsloſigkeit. Warum haben es dieſe
Knaben denn nicht für nötig gehalten, mich auf¬
zuſuchen, ehe ſie ſo weitgehende Entſchlüſſe faßten?
Kein Zweifel: Sie wollten ſich meinem Einfluſſe

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[223/0237] Drittes Buch, erſtes Kapitel. der einen Vortrag im Cénacle hielt über „die Epoche der patriotiſchen Phraſe“, als Fahnenſchwinger für Ehre! Freiheit! Vaterland! . . .! Gut! Gut! Allerliebſt und ſehr niedlich! Die Haare haben ſie ihm aber ſchon nach hinten gekämmt. Und wie er errötötöte! Jetzt ſieht er ſich ſicher nach mir um. Nein, mein Lamm, ich nicht! Ich habe ſchon genug geſehn. Über dieſen Fall ärgerte er ſich übrigens weniger. Burſchenſchaft — bah! Aber geſpannt war er nun, „in welcher Couleur der tüchtige Ro¬ dolphe eidbrüchig geworden ſein möchte“. Er taxierte ihn voll Zorn auf Akademiſchen Turn¬ verein: Wir recken den Arm, wir ſtrecken das Bein, Wir ſind der akademiſche Turnverein. Aber nein: Wippert war Landsmannſchafter geworden und trug eine dunkelblaue Mütze ſtolz an Stilpes gelber vorüber. — So wären wir denn alſo glücklich nach allen Windrichtungen auseinandergefahren. Das iſt eigent¬ lich eine Direktionsloſigkeit. Warum haben es dieſe Knaben denn nicht für nötig gehalten, mich auf¬ zuſuchen, ehe ſie ſo weitgehende Entſchlüſſe faßten? Kein Zweifel: Sie wollten ſich meinem Einfluſſe

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/237>, abgerufen am 25.11.2024.