Bruder gewesen? Hatte er nicht auch mit der Reit¬ peitsche geknallt? Daß er schließlich so gräßlich ernsthaft geworden ist, wer war daran schuld, wenn nicht Goethe selber, der eben in sich den Geheimratskeim schon geerbt hatte von seinem Vater?
Goethe und Lenz in einer Person zu sein das war das Problem, das war das Ideal! In¬ dessen dachte er dabei doch mehr an Lenz, als an Goethe.
Auch Günther, dem "sein Leben wie sein Dichten zerrann", fiel ihm zuweilen ein, doch kannte er von diesem nichts. Aber er verehrte ihn sehr und nannte ihn oft, nur eben, weil Goethe so von ihm gesprochen hatte.
-- Ein fabelhafter Kerl, dieser Günther! dachte er bei sich, und er las oft, was Goethe über ihn geschrieben hat. Man sollte ihn eigent¬ lich lesen. Na, später!
Überhaupt, er schob jetzt noch mehr auf, als es ohnehin seine Art war.
Das Examen bedrückte ihn doch, obwohl er nicht mehr daran zweifelte, daß er durchkommen würde. Aber es blieb eine unangenehme Perspek¬ tive und fatal wie alles Unvermeidliche.
Stilpe.
Bruder geweſen? Hatte er nicht auch mit der Reit¬ peitſche geknallt? Daß er ſchließlich ſo gräßlich ernſthaft geworden iſt, wer war daran ſchuld, wenn nicht Goethe ſelber, der eben in ſich den Geheimratskeim ſchon geerbt hatte von ſeinem Vater?
Goethe und Lenz in einer Perſon zu ſein das war das Problem, das war das Ideal! In¬ deſſen dachte er dabei doch mehr an Lenz, als an Goethe.
Auch Günther, dem „ſein Leben wie ſein Dichten zerrann“, fiel ihm zuweilen ein, doch kannte er von dieſem nichts. Aber er verehrte ihn ſehr und nannte ihn oft, nur eben, weil Goethe ſo von ihm geſprochen hatte.
— Ein fabelhafter Kerl, dieſer Günther! dachte er bei ſich, und er las oft, was Goethe über ihn geſchrieben hat. Man ſollte ihn eigent¬ lich leſen. Na, ſpäter!
Überhaupt, er ſchob jetzt noch mehr auf, als es ohnehin ſeine Art war.
Das Examen bedrückte ihn doch, obwohl er nicht mehr daran zweifelte, daß er durchkommen würde. Aber es blieb eine unangenehme Perſpek¬ tive und fatal wie alles Unvermeidliche.
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Stilpe.
Bruder geweſen? Hatte er nicht auch mit der Reit¬
peitſche geknallt? Daß er ſchließlich ſo gräßlich
ernſthaft geworden iſt, wer war daran ſchuld,
wenn nicht Goethe ſelber, der eben in ſich den
Geheimratskeim ſchon geerbt hatte von ſeinem
Vater?
Goethe und Lenz in einer Perſon zu ſein
das war das Problem, das war das Ideal! In¬
deſſen dachte er dabei doch mehr an Lenz, als an
Goethe.
Auch Günther, dem „ſein Leben wie ſein Dichten
zerrann“, fiel ihm zuweilen ein, doch kannte er
von dieſem nichts. Aber er verehrte ihn ſehr und
nannte ihn oft, nur eben, weil Goethe ſo von ihm
geſprochen hatte.
— Ein fabelhafter Kerl, dieſer Günther!
dachte er bei ſich, und er las oft, was Goethe
über ihn geſchrieben hat. Man ſollte ihn eigent¬
lich leſen. Na, ſpäter!
Überhaupt, er ſchob jetzt noch mehr auf, als
es ohnehin ſeine Art war.
Das Examen bedrückte ihn doch, obwohl er
nicht mehr daran zweifelte, daß er durchkommen
würde. Aber es blieb eine unangenehme Perſpek¬
tive und fatal wie alles Unvermeidliche.
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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/214>, abgerufen am 21.11.2024.
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