liebte, nach dem Vorbilde des Cäsaren die Haare ins Gesicht und über die Ohren zu streichen.
Wer Mürgers Boheme-Buch kennt, wird, nach¬ dem die Namen Rodolphe, Marcel und Schau¬ nard gefallen sind, ohne weiteres wissen, daß sich dieser Jüngling des Spitznamens Colline erfreute.
Diese Spitznamen waren übrigens in der Schule nicht allgemein gültig, sondern ein Reservatrecht des "Cenacles" oder der Vereinigung der vier Schlappdeckel unter sich, die, als zukünftige Dichter und Künstler, wie sie sich fühlten, sich das Cenacle in Mürgers Vie de Boheme zum Muster genommen hatten und sogar nach Möglichkeit die Ausdrucks¬ weise ihrer Vorbilder nachahmten. Sie hielten sich, im Gefühle ihrer Zukunft, sehr exklusiv gegenüber den anderen Primanern, die eingestandenermaßen blos Pastoren, Lehrer, Ärzte, Juristen, Offiziere werden wollten, und wurden dafür wieder von diesen als überspannt und lächerlich abgethan. Ihre bürgerliche Nomenclatur war diese:
Rodolphe: Bruno Wippert,
Marcel: Max Stössel,
Colline: Ludwig Barmann,
Schaunard: Willibald Stilpe.
Stilpe.
liebte, nach dem Vorbilde des Cäſaren die Haare ins Geſicht und über die Ohren zu ſtreichen.
Wer Mürgers Bohème-Buch kennt, wird, nach¬ dem die Namen Rodolphe, Marcel und Schau¬ nard gefallen ſind, ohne weiteres wiſſen, daß ſich dieſer Jüngling des Spitznamens Colline erfreute.
Dieſe Spitznamen waren übrigens in der Schule nicht allgemein gültig, ſondern ein Reſervatrecht des „Cénacles“ oder der Vereinigung der vier Schlappdeckel unter ſich, die, als zukünftige Dichter und Künſtler, wie ſie ſich fühlten, ſich das Cénacle in Mürgers Vie de Bohème zum Muſter genommen hatten und ſogar nach Möglichkeit die Ausdrucks¬ weiſe ihrer Vorbilder nachahmten. Sie hielten ſich, im Gefühle ihrer Zukunft, ſehr exkluſiv gegenüber den anderen Primanern, die eingeſtandenermaßen blos Paſtoren, Lehrer, Ärzte, Juriſten, Offiziere werden wollten, und wurden dafür wieder von dieſen als überſpannt und lächerlich abgethan. Ihre bürgerliche Nomenclatur war dieſe:
Rodolphe: Bruno Wippert,
Marcel: Max Stöſſel,
Colline: Ludwig Barmann,
Schaunard: Willibald Stilpe.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0180"n="166"/><fwplace="top"type="header">Stilpe.<lb/></fw> liebte, nach dem Vorbilde des Cäſaren die Haare<lb/>
ins Geſicht und über die Ohren zu ſtreichen.</p><lb/><p>Wer Mürgers Boh<hirendition="#aq">è</hi>me-Buch kennt, wird, nach¬<lb/>
dem die Namen Rodolphe, Marcel und Schau¬<lb/>
nard gefallen ſind, ohne weiteres wiſſen, daß<lb/>ſich dieſer Jüngling des Spitznamens Colline<lb/>
erfreute.</p><lb/><p>Dieſe Spitznamen waren übrigens in der Schule<lb/>
nicht allgemein gültig, ſondern ein Reſervatrecht<lb/>
des „C<hirendition="#aq">é</hi>nacles“ oder der Vereinigung der vier<lb/>
Schlappdeckel unter ſich, die, als zukünftige Dichter<lb/>
und Künſtler, wie ſie ſich fühlten, ſich das C<hirendition="#aq">é</hi>nacle<lb/>
in Mürgers <hirendition="#aq">Vie de Bohème</hi> zum Muſter genommen<lb/>
hatten und ſogar nach Möglichkeit die Ausdrucks¬<lb/>
weiſe ihrer Vorbilder nachahmten. Sie hielten ſich,<lb/>
im Gefühle ihrer Zukunft, ſehr exkluſiv gegenüber<lb/>
den anderen Primanern, die eingeſtandenermaßen<lb/>
blos Paſtoren, Lehrer, Ärzte, Juriſten, Offiziere<lb/>
werden wollten, und wurden dafür wieder von<lb/>
dieſen als überſpannt und lächerlich abgethan.<lb/>
Ihre bürgerliche Nomenclatur war dieſe:<lb/></p><list><item>Rodolphe: Bruno Wippert,</item><lb/><item>Marcel: Max Stöſſel,</item><lb/><item>Colline: Ludwig Barmann,</item><lb/><item>Schaunard: <hirendition="#g">Willibald Stilpe.</hi></item><lb/></list></div></div></body></text></TEI>
[166/0180]
Stilpe.
liebte, nach dem Vorbilde des Cäſaren die Haare
ins Geſicht und über die Ohren zu ſtreichen.
Wer Mürgers Bohème-Buch kennt, wird, nach¬
dem die Namen Rodolphe, Marcel und Schau¬
nard gefallen ſind, ohne weiteres wiſſen, daß
ſich dieſer Jüngling des Spitznamens Colline
erfreute.
Dieſe Spitznamen waren übrigens in der Schule
nicht allgemein gültig, ſondern ein Reſervatrecht
des „Cénacles“ oder der Vereinigung der vier
Schlappdeckel unter ſich, die, als zukünftige Dichter
und Künſtler, wie ſie ſich fühlten, ſich das Cénacle
in Mürgers Vie de Bohème zum Muſter genommen
hatten und ſogar nach Möglichkeit die Ausdrucks¬
weiſe ihrer Vorbilder nachahmten. Sie hielten ſich,
im Gefühle ihrer Zukunft, ſehr exkluſiv gegenüber
den anderen Primanern, die eingeſtandenermaßen
blos Paſtoren, Lehrer, Ärzte, Juriſten, Offiziere
werden wollten, und wurden dafür wieder von
dieſen als überſpannt und lächerlich abgethan.
Ihre bürgerliche Nomenclatur war dieſe:
Rodolphe: Bruno Wippert,
Marcel: Max Stöſſel,
Colline: Ludwig Barmann,
Schaunard: Willibald Stilpe.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/180>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.