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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Zweites Buch, viertes Kapitel.
Hätte sie nur im Geringsten was pathetisches ge¬
sagt oder gethan, er würde ihr ins Gesicht gelacht,
und, wenn sie etwa Miene gemacht hätte, Lärm zu
schlagen, alles geleugnet haben. So aber wars
wie ein Urteil, wie eine Verdammung.

Er mußte auf den Boden sehen und fühlte sich
gedemütigt, ohne sich dagegen aufzulehnen.

Was sie nun noch sagte, war eigentlich über¬
flüssig und schwächte den Eindruck der ersten Worte
eher ab. Aber er ließ Alles über sich ergehen und
sagte nichts dazu.

Sie legte durchaus den Hauptton darauf, daß
er den alten Leuten das genommen hätte, was
ihnen das Liebste war. Sie sagte das nicht in
feinen und gefühlvollen Worten, sondern fast roh
und ungeschickt.

Immer wieder kam das Wort: So eine Sünde,
und gar nichts dabei zu fühlen!

Er wagte nicht ein einziges Mal aufzusehen,
und ihre Hände auf seinen Schultern fühlte er wie
eine unerträgliche heiße Last.

-- Was soll ich aber nun thun? sagte er ganz
verzweifelt, wie sie schwieg.

-- Gleich Alles wieder hintragen! Alles sagen !

-- Das geht nicht!

Zweites Buch, viertes Kapitel.
Hätte ſie nur im Geringſten was pathetiſches ge¬
ſagt oder gethan, er würde ihr ins Geſicht gelacht,
und, wenn ſie etwa Miene gemacht hätte, Lärm zu
ſchlagen, alles geleugnet haben. So aber wars
wie ein Urteil, wie eine Verdammung.

Er mußte auf den Boden ſehen und fühlte ſich
gedemütigt, ohne ſich dagegen aufzulehnen.

Was ſie nun noch ſagte, war eigentlich über¬
flüſſig und ſchwächte den Eindruck der erſten Worte
eher ab. Aber er ließ Alles über ſich ergehen und
ſagte nichts dazu.

Sie legte durchaus den Hauptton darauf, daß
er den alten Leuten das genommen hätte, was
ihnen das Liebſte war. Sie ſagte das nicht in
feinen und gefühlvollen Worten, ſondern faſt roh
und ungeſchickt.

Immer wieder kam das Wort: So eine Sünde,
und gar nichts dabei zu fühlen!

Er wagte nicht ein einziges Mal aufzuſehen,
und ihre Hände auf ſeinen Schultern fühlte er wie
eine unerträgliche heiße Laſt.

— Was ſoll ich aber nun thun? ſagte er ganz
verzweifelt, wie ſie ſchwieg.

— Gleich Alles wieder hintragen! Alles ſagen !

— Das geht nicht!

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[159/0173] Zweites Buch, viertes Kapitel. Hätte ſie nur im Geringſten was pathetiſches ge¬ ſagt oder gethan, er würde ihr ins Geſicht gelacht, und, wenn ſie etwa Miene gemacht hätte, Lärm zu ſchlagen, alles geleugnet haben. So aber wars wie ein Urteil, wie eine Verdammung. Er mußte auf den Boden ſehen und fühlte ſich gedemütigt, ohne ſich dagegen aufzulehnen. Was ſie nun noch ſagte, war eigentlich über¬ flüſſig und ſchwächte den Eindruck der erſten Worte eher ab. Aber er ließ Alles über ſich ergehen und ſagte nichts dazu. Sie legte durchaus den Hauptton darauf, daß er den alten Leuten das genommen hätte, was ihnen das Liebſte war. Sie ſagte das nicht in feinen und gefühlvollen Worten, ſondern faſt roh und ungeſchickt. Immer wieder kam das Wort: So eine Sünde, und gar nichts dabei zu fühlen! Er wagte nicht ein einziges Mal aufzuſehen, und ihre Hände auf ſeinen Schultern fühlte er wie eine unerträgliche heiße Laſt. — Was ſoll ich aber nun thun? ſagte er ganz verzweifelt, wie ſie ſchwieg. — Gleich Alles wieder hintragen! Alles ſagen ! — Das geht nicht!

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/173>, abgerufen am 29.11.2024.