Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweites Buch, viertes Kapitel.

Wie wär es mit ein paar Anzügen Vater
Wiehrs? Ein Gedanke! Der Mann hatte ja
seine ganze Vergangenheit noch im Kleiderschranke
hängen.

Aber Vorsicht! Vorsicht! Und erst in den
letzten Tagen. Auf fünfzig Mark konnte man das
aber immerhin ansetzen.

Fünfzig und fünfzig sind hundert, und vierzig
sind hundertundvierzig . . . Wenn ihm nur irgend
ein Coup einfiele! Das Geplempere mit kleinen
Posten gefiel ihm gar nicht.

Hm. Im Glasschrank stand so allerlei herum,
auch Schmuckzeug . . . Aber da verging ja kein
Tag, an dem nicht Mutter Wiehr den Kram be¬
streichelte.

Halt! . . . Aber nein . . . nein . . .! . . . Frei¬
lich, wenn gar nichts übrig blieb . . .? . . .: Die
Paten- und Konfirmationsgeschenke des verstorbenen
Filius . . .? . . . ! . . . Die waren in dem ver¬
schlossenen Schranke in seiner Stube, und die Alten
hatten eine große Scheu vor diesen Erinnerungen.
Sie hatten sie verschlossen, um sie nicht zu sehen;
nie machten sie den Schrank auf. Da mußten ja
wol auch noch Bücher sein und sonst was . . .

Das war aber doch ein verfluchter Coup! Das

Zweites Buch, viertes Kapitel.

Wie wär es mit ein paar Anzügen Vater
Wiehrs? Ein Gedanke! Der Mann hatte ja
ſeine ganze Vergangenheit noch im Kleiderſchranke
hängen.

Aber Vorſicht! Vorſicht! Und erſt in den
letzten Tagen. Auf fünfzig Mark konnte man das
aber immerhin anſetzen.

Fünfzig und fünfzig ſind hundert, und vierzig
ſind hundertundvierzig . . . Wenn ihm nur irgend
ein Coup einfiele! Das Geplempere mit kleinen
Poſten gefiel ihm gar nicht.

Hm. Im Glasſchrank ſtand ſo allerlei herum,
auch Schmuckzeug . . . Aber da verging ja kein
Tag, an dem nicht Mutter Wiehr den Kram be¬
ſtreichelte.

Halt! . . . Aber nein . . . nein . . .! . . . Frei¬
lich, wenn gar nichts übrig blieb . . .? . . .: Die
Paten- und Konfirmationsgeſchenke des verſtorbenen
Filius . . .? . . . ! . . . Die waren in dem ver¬
ſchloſſenen Schranke in ſeiner Stube, und die Alten
hatten eine große Scheu vor dieſen Erinnerungen.
Sie hatten ſie verſchloſſen, um ſie nicht zu ſehen;
nie machten ſie den Schrank auf. Da mußten ja
wol auch noch Bücher ſein und ſonſt was . . .

Das war aber doch ein verfluchter Coup! Das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0149" n="135"/>
          <fw place="top" type="header">Zweites Buch, viertes Kapitel.<lb/></fw>
          <p>Wie wär es mit ein paar Anzügen Vater<lb/>
Wiehrs? Ein Gedanke! Der Mann hatte ja<lb/>
&#x017F;eine ganze Vergangenheit noch im Kleider&#x017F;chranke<lb/>
hängen.</p><lb/>
          <p>Aber Vor&#x017F;icht! Vor&#x017F;icht! Und er&#x017F;t in den<lb/>
letzten Tagen. Auf fünfzig Mark konnte man das<lb/>
aber immerhin an&#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Fünfzig und fünfzig &#x017F;ind hundert, und vierzig<lb/>
&#x017F;ind hundertundvierzig . . . Wenn ihm nur irgend<lb/>
ein Coup einfiele! Das Geplempere mit kleinen<lb/>
Po&#x017F;ten gefiel ihm gar nicht.</p><lb/>
          <p>Hm. Im Glas&#x017F;chrank &#x017F;tand &#x017F;o allerlei herum,<lb/>
auch Schmuckzeug . . . Aber da verging ja kein<lb/>
Tag, an dem nicht Mutter Wiehr den Kram be¬<lb/>
&#x017F;treichelte.</p><lb/>
          <p>Halt! . . . Aber nein . . . nein . . .! . . . Frei¬<lb/>
lich, wenn <hi rendition="#g">gar</hi> nichts übrig blieb . . .? . . .: Die<lb/>
Paten- und Konfirmationsge&#x017F;chenke des ver&#x017F;torbenen<lb/>
Filius . . .? . . . ! . . . Die waren in dem ver¬<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Schranke in &#x017F;einer Stube, und die Alten<lb/>
hatten eine große Scheu vor die&#x017F;en Erinnerungen.<lb/>
Sie hatten &#x017F;ie ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, um &#x017F;ie nicht zu &#x017F;ehen;<lb/>
nie machten &#x017F;ie den Schrank auf. Da mußten ja<lb/>
wol auch noch Bücher &#x017F;ein und &#x017F;on&#x017F;t was . . .</p><lb/>
          <p>Das war aber doch ein verfluchter Coup! Das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0149] Zweites Buch, viertes Kapitel. Wie wär es mit ein paar Anzügen Vater Wiehrs? Ein Gedanke! Der Mann hatte ja ſeine ganze Vergangenheit noch im Kleiderſchranke hängen. Aber Vorſicht! Vorſicht! Und erſt in den letzten Tagen. Auf fünfzig Mark konnte man das aber immerhin anſetzen. Fünfzig und fünfzig ſind hundert, und vierzig ſind hundertundvierzig . . . Wenn ihm nur irgend ein Coup einfiele! Das Geplempere mit kleinen Poſten gefiel ihm gar nicht. Hm. Im Glasſchrank ſtand ſo allerlei herum, auch Schmuckzeug . . . Aber da verging ja kein Tag, an dem nicht Mutter Wiehr den Kram be¬ ſtreichelte. Halt! . . . Aber nein . . . nein . . .! . . . Frei¬ lich, wenn gar nichts übrig blieb . . .? . . .: Die Paten- und Konfirmationsgeſchenke des verſtorbenen Filius . . .? . . . ! . . . Die waren in dem ver¬ ſchloſſenen Schranke in ſeiner Stube, und die Alten hatten eine große Scheu vor dieſen Erinnerungen. Sie hatten ſie verſchloſſen, um ſie nicht zu ſehen; nie machten ſie den Schrank auf. Da mußten ja wol auch noch Bücher ſein und ſonſt was . . . Das war aber doch ein verfluchter Coup! Das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/149
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/149>, abgerufen am 04.05.2024.