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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.

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Zeit wegnimmt, als deren zwei (I, 256 d. Poetik). Jedenfalls wird der p3b_207.006
Übersetzer von der Synkope Umgang nehmen müssen, wo ihre Anwendung der p3b_207.007
gebildeten Sprache widerspricht, unschöne Konsonantenhäufungen erzeugen müßte &c. p3b_207.008
(z. B. fall'n für fallen, jetz'ge für jetzige &c.).

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Die Apokope (Ausstoßung des auslautenden e) vor Konsonanten sollte p3b_207.010
stets vermieden werden.

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19. c. Wortstellung.

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Das sog. Hyperbaton (Abweichung von den Gesetzen der Wortstellung p3b_207.013
z. B. "und nach Haus zu retten mich" statt "und mich nach Haus zu retten" &c., p3b_207.014
oder: "und nur braun erschein' ich wieder dort" statt: und nur dort erschein' p3b_207.015
ich &c.) sollte der Übersetzer wegen der Möglichkeit eines Mißverständnisses p3b_207.016
wie aus phonetischen Gründen niemals oder doch nur höchst ausnahmsweise p3b_207.017
gebrauchen, etwa da, wo ihn der Reim zwingt, ein charakteristisches p3b_207.018
Wort aus der Mitte der Verszeile an den Schluß derselben zu verlegen.

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Von den Ellipsen ist am wenigsten deutsch die des Artikels (z. B. "Stier p3b_207.021
auch wünscht sich den Sattel", statt: "der Stier &c.", denn hier erscheint Stier p3b_207.022
als Eigenname; zulässig ist dieselbe in "Erlkönig hat mir ein Leids gethan" &c.), p3b_207.023
weniger statthaft ist die Ellipse des Pronomens (z. B. "Bist ja von schöner p3b_207.024
Gestalt", statt: "du bist" &c.). Am häufigsten begegnen wir der Ellipse des p3b_207.025
Hilfsverbums (z. B. "daß jener sein Vertrauter" statt: "daß jener sein p3b_207.026
Vertrauter ist"); diese Ellipse ist in der That am wenigsten sprachwidrig.

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21. e. Ausschmückung.

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Der an sich schon durch das fremde Original gebundene Übersetzer kann p3b_207.029
sich jede Freiheit gönnen, sofern sie mit den Gesetzen des Wohllauts verträglich p3b_207.030
ist. Er darf also Flickwörter, wo sie zur Ausfüllung des Verses nötig p3b_207.031
sind, herbeiziehen. Ebenso sind ihm ausnahmsweise Archaismen, Neologismen, p3b_207.032
Provinzialismen, Fremdwörter &c. gestattet, wenn sie nämlich Zeit, Ton, Gehalt, p3b_207.033
Gestalt und Charakter des zu übersetzenden Begriffs treu zu illustrieren p3b_207.034
vermögen.

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Eine - freilich nur von dem gebildeten Geschmack und der Jndividualität p3b_207.036
des Übersetzers zu lösende - Hauptforderung ist, daß sich der Übersetzer p3b_207.037
vor Trivialität und Gespreiztheit hüte.

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Nimmermehr darf er sich auch verleiten lassen, Schmuck und Zierat anzuwenden, p3b_207.039
wo diese dem Original fremd sind. Er muß die zarte Linie des p3b_207.040
Erlaubten einzuhalten verstehen und alle jene Schönheiten verschmähen, die p3b_207.041
nicht auch zugleich Schönheiten des Originals sind. Jeder fremde Zierat entstellt p3b_207.042
das Urbild und ist daher mit Vorsicht anzuwenden.

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Auch keine neue, dem Urbild fremde Stimmung darf der Übersetzer hinzubringen.

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Die Synkopen (Auslassung der Vokale in der Mitte) hat derjenige p3b_207.004
Übersetzer nicht nötig, welcher weiß, daß im Deutschen eine Thesis nicht mehr p3b_207.005
Zeit wegnimmt, als deren zwei (I, 256 d. Poetik). Jedenfalls wird der p3b_207.006
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Die Apokope (Ausstoßung des auslautenden e) vor Konsonanten sollte p3b_207.010
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Das sog. Hyperbaton (Abweichung von den Gesetzen der Wortstellung p3b_207.013
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Von den Ellipsen ist am wenigsten deutsch die des Artikels (z. B. „Stier p3b_207.021
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Der an sich schon durch das fremde Original gebundene Übersetzer kann p3b_207.029
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/233>, abgerufen am 24.11.2024.