Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_121.001 Dein Anblick hat mir Herz und Sinn bezaubert ganz, p3b_121.002 p3b_121.011So daß um dich die Thränen fließen, Röslein rot. p3b_121.003 Dich schau' ich an, dich will ich wahrlich brechen noch, p3b_121.004 Müßt ich mein Blut um dich vergießen, Röslein rot! p3b_121.005 Jch hefte dich ans Mieder dann der Liebsten mein; p3b_121.006 Das wird sie sicher nicht verdrießen, Röslein rot. - p3b_121.007 Kühn steigt er auf zur hohen, steilen Felsenwand, p3b_121.008 Und kann mit Fingern schon umschließen Röslein rot. p3b_121.009 Doch kommt er nicht zurück mehr, sondern stürzt hinab; p3b_121.010 Den Toten schmückt in Steinverließen Röslein rot. 15. Sonett. p3b_121.012Ein Röslein blüht an Felsen rot hoch oben. p3b_121.013 p3b_121.016Was kann nach dir die Sehnsucht denn mir frommen? p3b_121.014 Dein Anblick macht das Herz mir ganz beklommen, p3b_121.015 Und all mein Denken ist zu dir gehoben. Um dich nur möcht ich meine Kraft erproben, p3b_121.017 p3b_121.020Und gält's mein Blut, zu dir noch muß ich kommen. p3b_121.018 Zum Schmuck der Liebsten sei'st du kühn genommen; p3b_121.019 Wenn dein Besitz sie freut, wird sie mich loben. - Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen, p3b_121.021 p3b_121.023Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken; p3b_121.022 Schon faßt er es mit bangem Wohlbehagen. Doch heimzukehren wollt' ihm nicht mehr glücken, - p3b_121.024 p3b_121.026Er wankt und stürzt und liegt im Grund zerschlagen, p3b_121.025 Und nur das Röslein darf das Grab ihm schmücken. 16. Oktaven. p3b_121.027Ein Röslein blüht am Felsen rot hoch oben. p3b_121.028 p3b_121.035Was kann nach dir die Sehnsucht denn mir frommen? p3b_121.029 All meine Sinne sind zu dir erhoben, p3b_121.030 Dein Anblick macht das Herz mir ganz beklommen. p3b_121.031 Um dich noch möcht' ich meine Kraft erproben, p3b_121.032 Und gilt's mein Blut, zu dir noch muß ich kommen. p3b_121.033 Zum Schmuck der Liebsten, will ich her dich bringen; p3b_121.034 Sie wird mich loben, wenn es wird gelingen. - Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen, p3b_121.036
Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken, p3b_121.037 Wo ringsumher nur Felsenwände ragen; p3b_121.038 Man sieht ihn steigend immer höher rücken. p3b_121.039 Schon greift er zu mit bangem Wohlbehagen; p3b_121.040 Doch heimzukehren will ihm nicht mehr glücken. p3b_121.041 Er wankt und stürzt, und liegt im Grund als Leiche; p3b_121.042 Das Röslein schmiegt sich ans Gesicht, ans bleiche. p3b_121.001 Dein Anblick hat mir Herz und Sinn bezaubert ganz, p3b_121.002 p3b_121.011So daß um dich die Thränen fließen, Röslein rot. p3b_121.003 Dich schau' ich an, dich will ich wahrlich brechen noch, p3b_121.004 Müßt ich mein Blut um dich vergießen, Röslein rot! p3b_121.005 Jch hefte dich ans Mieder dann der Liebsten mein; p3b_121.006 Das wird sie sicher nicht verdrießen, Röslein rot. ─ p3b_121.007 Kühn steigt er auf zur hohen, steilen Felsenwand, p3b_121.008 Und kann mit Fingern schon umschließen Röslein rot. p3b_121.009 Doch kommt er nicht zurück mehr, sondern stürzt hinab; p3b_121.010 Den Toten schmückt in Steinverließen Röslein rot. 15. Sonett. p3b_121.012Ein Röslein blüht an Felsen rot hoch oben. p3b_121.013 p3b_121.016Was kann nach dir die Sehnsucht denn mir frommen? p3b_121.014 Dein Anblick macht das Herz mir ganz beklommen, p3b_121.015 Und all mein Denken ist zu dir gehoben. Um dich nur möcht ich meine Kraft erproben, p3b_121.017 p3b_121.020Und gält's mein Blut, zu dir noch muß ich kommen. p3b_121.018 Zum Schmuck der Liebsten sei'st du kühn genommen; p3b_121.019 Wenn dein Besitz sie freut, wird sie mich loben. ─ Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen, p3b_121.021 p3b_121.023Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken; p3b_121.022 Schon faßt er es mit bangem Wohlbehagen. Doch heimzukehren wollt' ihm nicht mehr glücken, ─ p3b_121.024 p3b_121.026Er wankt und stürzt und liegt im Grund zerschlagen, p3b_121.025 Und nur das Röslein darf das Grab ihm schmücken. 16. Oktaven. p3b_121.027Ein Röslein blüht am Felsen rot hoch oben. p3b_121.028 p3b_121.035Was kann nach dir die Sehnsucht denn mir frommen? p3b_121.029 All meine Sinne sind zu dir erhoben, p3b_121.030 Dein Anblick macht das Herz mir ganz beklommen. p3b_121.031 Um dich noch möcht' ich meine Kraft erproben, p3b_121.032 Und gilt's mein Blut, zu dir noch muß ich kommen. p3b_121.033 Zum Schmuck der Liebsten, will ich her dich bringen; p3b_121.034 Sie wird mich loben, wenn es wird gelingen. ─ Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen, p3b_121.036
Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken, p3b_121.037 Wo ringsumher nur Felsenwände ragen; p3b_121.038 Man sieht ihn steigend immer höher rücken. p3b_121.039 Schon greift er zu mit bangem Wohlbehagen; p3b_121.040 Doch heimzukehren will ihm nicht mehr glücken. p3b_121.041 Er wankt und stürzt, und liegt im Grund als Leiche; p3b_121.042 Das Röslein schmiegt sich ans Gesicht, ans bleiche. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0147" n="121"/> <lb n="p3b_121.001"/> <lg> <l>Dein Anblick hat mir Herz und Sinn bezaubert ganz,</l> <lb n="p3b_121.002"/> <l>So daß um dich die Thränen fließen, Röslein rot.</l> <lb n="p3b_121.003"/> <l>Dich schau' ich an, dich will ich wahrlich brechen noch,</l> <lb n="p3b_121.004"/> <l>Müßt ich mein Blut um dich vergießen, Röslein rot!</l> <lb n="p3b_121.005"/> <l>Jch hefte dich ans Mieder dann der Liebsten mein;</l> <lb n="p3b_121.006"/> <l>Das wird sie sicher nicht verdrießen, Röslein rot. ─</l> <lb n="p3b_121.007"/> <l>Kühn steigt er auf zur hohen, steilen Felsenwand,</l> <lb n="p3b_121.008"/> <l>Und kann mit Fingern schon umschließen Röslein rot.</l> <lb n="p3b_121.009"/> <l>Doch kommt er nicht zurück mehr, sondern stürzt hinab;</l> <lb n="p3b_121.010"/> <l>Den Toten schmückt in Steinverließen Röslein rot.</l> </lg> <lb n="p3b_121.011"/> <p> <hi rendition="#c">15. <hi rendition="#g">Sonett.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_121.012"/> <lg> <l>Ein Röslein blüht an Felsen rot hoch oben.</l> <lb n="p3b_121.013"/> <l>Was kann nach dir die Sehnsucht denn mir frommen?</l> <lb n="p3b_121.014"/> <l>Dein Anblick macht das Herz mir ganz beklommen,</l> <lb n="p3b_121.015"/> <l>Und all mein Denken ist zu dir gehoben. </l> </lg> <lb n="p3b_121.016"/> <lg> <l>Um dich nur möcht ich meine Kraft erproben,</l> <lb n="p3b_121.017"/> <l>Und gält's mein Blut, zu dir noch muß ich kommen.</l> <lb n="p3b_121.018"/> <l>Zum Schmuck der Liebsten sei'st du kühn genommen;</l> <lb n="p3b_121.019"/> <l>Wenn dein Besitz sie freut, wird sie mich loben. ─ </l> </lg> <lb n="p3b_121.020"/> <lg> <l>Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen,</l> <lb n="p3b_121.021"/> <l>Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken;</l> <lb n="p3b_121.022"/> <l>Schon faßt er es mit bangem Wohlbehagen. </l> </lg> <lb n="p3b_121.023"/> <lg> <l>Doch heimzukehren wollt' ihm nicht mehr glücken, ─</l> <lb n="p3b_121.024"/> <l>Er wankt und stürzt und liegt im Grund zerschlagen,</l> <lb n="p3b_121.025"/> <l>Und nur das Röslein darf das Grab ihm schmücken.</l> </lg> <lb n="p3b_121.026"/> <p> <hi rendition="#c">16. <hi rendition="#g">Oktaven.</hi></hi> </p> <lb n="p3b_121.027"/> <lg> <l>Ein Röslein blüht am Felsen rot hoch oben.</l> <lb n="p3b_121.028"/> <l>Was kann nach dir die Sehnsucht denn mir frommen?</l> <lb n="p3b_121.029"/> <l>All meine Sinne sind zu dir erhoben,</l> <lb n="p3b_121.030"/> <l>Dein Anblick macht das Herz mir ganz beklommen.</l> <lb n="p3b_121.031"/> <l>Um dich noch möcht' ich meine Kraft erproben,</l> <lb n="p3b_121.032"/> <l>Und gilt's mein Blut, zu dir noch muß ich kommen.</l> <lb n="p3b_121.033"/> <l>Zum Schmuck der Liebsten, will ich her dich bringen;</l> <lb n="p3b_121.034"/> <l>Sie wird mich loben, wenn es wird gelingen. ─ </l> </lg> <lb n="p3b_121.035"/> <lg> <l>Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen,</l> <lb n="p3b_121.036"/> <l>Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken,</l> <lb n="p3b_121.037"/> <l>Wo ringsumher nur Felsenwände ragen;</l> <lb n="p3b_121.038"/> <l>Man sieht ihn steigend immer höher rücken.</l> <lb n="p3b_121.039"/> <l>Schon greift er zu mit bangem Wohlbehagen;</l> <lb n="p3b_121.040"/> <l>Doch heimzukehren will ihm nicht mehr glücken.</l> <lb n="p3b_121.041"/> <l>Er wankt und stürzt, und liegt im Grund als Leiche;</l> <lb n="p3b_121.042"/> <l>Das Röslein schmiegt sich ans Gesicht, ans bleiche.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0147]
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Dein Anblick hat mir Herz und Sinn bezaubert ganz, p3b_121.002
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Den Toten schmückt in Steinverließen Röslein rot.
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15. Sonett.
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Ein Röslein blüht an Felsen rot hoch oben. p3b_121.013
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Um dich nur möcht ich meine Kraft erproben, p3b_121.017
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Wenn dein Besitz sie freut, wird sie mich loben. ─
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Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen, p3b_121.021
Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken; p3b_121.022
Schon faßt er es mit bangem Wohlbehagen.
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Doch heimzukehren wollt' ihm nicht mehr glücken, ─ p3b_121.024
Er wankt und stürzt und liegt im Grund zerschlagen, p3b_121.025
Und nur das Röslein darf das Grab ihm schmücken.
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16. Oktaven.
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Ein Röslein blüht am Felsen rot hoch oben. p3b_121.028
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Sie wird mich loben, wenn es wird gelingen. ─
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Schon klimmt er auf zur Höh' mit kühnem Wagen, p3b_121.036
Um das ersehnte Röslein dort zu pflücken, p3b_121.037
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Doch heimzukehren will ihm nicht mehr glücken. p3b_121.041
Er wankt und stürzt, und liegt im Grund als Leiche; p3b_121.042
Das Röslein schmiegt sich ans Gesicht, ans bleiche.
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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