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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.

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Erzählung zu interessieren sucht. Jn dieser Hinsicht können alle Gattungen p2b_372.002
von Romanen als Unterordnungen des Stoffromanes bezeichnet werden. Es p2b_372.003
würde also z. B. der historische Roman ein auf historischer Basis ruhender p2b_372.004
sog. historischer Stoffroman sein u. s. w. (Beispiele I. 68.)

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§ 142. Unsere Einteilung der Romane.

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Als übersichtlich, charakteristisch und erschöpfend dürfte sich die p2b_372.007
Einteilung in 1. historische, 2. philosophische, 3. moderne (Zeitromane) p2b_372.008
und 4. volksmäßige Romane (Dorfgeschichten) empfehlen.

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(Die in den §§ 139-142 aufgeführten Arten des Romans lassen p2b_372.010
sich leicht diesen 4 Kategorien ein- oder unterordnen.)

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I. Der historische Roman.

Man nennt ihn so, weil sein Stoff irgend p2b_372.012
eine historische, poetisch zu schildernde Begebenheit ist. Einige haben ihn aus p2b_372.013
dem Gebiet der dichterischen Gattungen ausschließen wollen, da er romanhafte p2b_372.014
Anschauung für Geschichte ausgebe und somit den historischen Sinn des Lesers p2b_372.015
schädige. Allein wenn die Gegenwart Gegenstand des Romans sein darf, warum p2b_372.016
nicht auch die Vergangenheit? Die Prosa, welche den Roman an die Wirklichkeit p2b_372.017
des Lebens anschließt, verleiht ihm die Wahrscheinlichkeit der Wirklichkeit, p2b_372.018
wodurch Konflikte viel leichter sich ergeben als im Drama, welches durch gebundene p2b_372.019
Sprache sich der gemeinen Wirklichkeit enthebt.

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Es kommt im historischen Roman alles auf die echt poetische, ideale Auffassung p2b_372.021
an und auf die künstlerisch=schöpferische Wiedergeburt. Die Geschichte p2b_372.022
muß im Roman aufhören, für sich zu bestehen, sie muß in die Dichtung p2b_372.023
übergehen. Verbürgte Geschichte darf man daher nicht aus dem Roman p2b_372.024
lernen wollen. Der Roman muß eben nicht Geschichte sein wollen, als vielmehr p2b_372.025
eine phantasievolle Umbildung der Geschichte zu einem bestimmten Lebensbilde. p2b_372.026
(Vgl. z. B. Das Jahr 1812 von Rellstab.) Der Dichter verfährt p2b_372.027
so, daß er zur Geschichte zudichtet oder von derselben wegläßt, daß er da, wo p2b_372.028
es für das Jnteresse der Geschichte nötig erscheint, eine Steigerung oder eine p2b_372.029
Jndividualisierung des Charakters eintreten läßt u. s. w. Bringt der Dichter p2b_372.030
endlich noch den Charakter einer gewissen Zeit zum Ausdruck, ohne seinen p2b_372.031
Roman zum Sittengemälde oder zum trocknen Zeitbilde werden zu lassen, p2b_372.032
ja, läßt er eben alles um des Helden willen geschehen und thut er der inneren p2b_372.033
Notwendigkeit keinen Eintrag (vgl. z. B. Eugens Der Held des Bauernkriegs), p2b_372.034
so hat der historische Roman seine Berechtigung. Er ist nach Walter Scotts p2b_372.035
Vorgang (der seine Laufbahn mit der Übersetzung von Goethes Faust begonnen p2b_372.036
hatte) in Deutschland sehr gepflegt worden. Viele mittelmäßige Romanschreiber p2b_372.037
sind geradezu die Affen Walter Scotts geworden. Willibald Alexis, der deutsche p2b_372.038
Walter Scott, der in Die Hosen des Herrn von Bredow, Der Roland von p2b_372.039
Berlin, Der falsche Waldemar &c. die Entwickelung Preußens schildert, liefert p2b_372.040
treffliche historische Romane. Auch haben Laube (Der deutsche Krieg), Luise p2b_372.041
Mühlbach, Heinrich König, Otto Müller (Die Mediatisierten), Rehfues (Scipio

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Erzählung zu interessieren sucht. Jn dieser Hinsicht können alle Gattungen p2b_372.002
von Romanen als Unterordnungen des Stoffromanes bezeichnet werden. Es p2b_372.003
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§ 142. Unsere Einteilung der Romane.

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Als übersichtlich, charakteristisch und erschöpfend dürfte sich die p2b_372.007
Einteilung in 1. historische, 2. philosophische, 3. moderne (Zeitromane) p2b_372.008
und 4. volksmäßige Romane (Dorfgeschichten) empfehlen.

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(Die in den §§ 139─142 aufgeführten Arten des Romans lassen p2b_372.010
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I. Der historische Roman.

Man nennt ihn so, weil sein Stoff irgend p2b_372.012
eine historische, poetisch zu schildernde Begebenheit ist. Einige haben ihn aus p2b_372.013
dem Gebiet der dichterischen Gattungen ausschließen wollen, da er romanhafte p2b_372.014
Anschauung für Geschichte ausgebe und somit den historischen Sinn des Lesers p2b_372.015
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Sprache sich der gemeinen Wirklichkeit enthebt.

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Es kommt im historischen Roman alles auf die echt poetische, ideale Auffassung p2b_372.021
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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/394>, abgerufen am 22.11.2024.