Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_295.001 p2b_295.011 p2b_295.015 p2b_295.021 Probe aus dem Kalewipoeg. (Übers. von Kreuzwald.) p2b_295.025 Hoch im Norden hob ein Hausstand p2b_295.027 Sich empor aus Felsentrümmern p2b_295.028 Dicht an Taara's Eichenhaine, p2b_295.029 Halb versteckt im Waldesdunkel, p2b_295.030 Halb begrenzt von offner Fläche. p2b_295.031 Hier entsprang ein Knabendreiblatt, p2b_295.032 Kräft'ge Brut aus Göttersamen. p2b_295.033 Einer wanderte nach Rußland, p2b_295.034 Nach dem Norden zog der andre, p2b_295.035 Auf den Rücken eines Adlers p2b_295.036 Schwang der dritte sich der Brüder. p2b_295.037 Der nach Rußland ausgewandert, p2b_295.038 Wuchs heran zum tücht'gen Kaufmann p2b_295.039 Und geschickten Bortenweber; p2b_295.040 Der nach Nordland war gezogen, p2b_295.041 Ward ein Krieger, der die Streitaxt p2b_295.042 Kräftiglich zu führen wußte. p2b_295.043
Der sich auf des Adlers Rücken p2b_295.044 Zum Emporflug aufgeschwungen, p2b_295.045 Führt' ein vielbewegtes Leben, p2b_295.046 Drang nach Süden und nach Osten p2b_295.001 p2b_295.011 p2b_295.015 p2b_295.021 Probe aus dem Kalewipoeg. (Übers. von Kreuzwald.) p2b_295.025 Hoch im Norden hob ein Hausstand p2b_295.027 Sich empor aus Felsentrümmern p2b_295.028 Dicht an Taara's Eichenhaine, p2b_295.029 Halb versteckt im Waldesdunkel, p2b_295.030 Halb begrenzt von offner Fläche. p2b_295.031 Hier entsprang ein Knabendreiblatt, p2b_295.032 Kräft'ge Brut aus Göttersamen. p2b_295.033 Einer wanderte nach Rußland, p2b_295.034 Nach dem Norden zog der andre, p2b_295.035 Auf den Rücken eines Adlers p2b_295.036 Schwang der dritte sich der Brüder. p2b_295.037 Der nach Rußland ausgewandert, p2b_295.038 Wuchs heran zum tücht'gen Kaufmann p2b_295.039 Und geschickten Bortenweber; p2b_295.040 Der nach Nordland war gezogen, p2b_295.041 Ward ein Krieger, der die Streitaxt p2b_295.042 Kräftiglich zu führen wußte. p2b_295.043
Der sich auf des Adlers Rücken p2b_295.044 Zum Emporflug aufgeschwungen, p2b_295.045 Führt' ein vielbewegtes Leben, p2b_295.046 Drang nach Süden und nach Osten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0317" n="295"/><lb n="p2b_295.001"/> Verse gebracht, wobei die mitgesammelten lyrischen Gedichte und Sprüche <lb n="p2b_295.002"/> einfach eingereiht wurden. So ist das Ganze in's trochäische Metrum <lb n="p2b_295.003"/> gebrachte Prosa, und dürfte in gleicher Linie mit den Reim-Chroniken <lb n="p2b_295.004"/> des Mittelalters stehen. Jn demselben Metrum wie die Kalew<hi rendition="#aq">â</hi>la <lb n="p2b_295.005"/> hat Kreuzwald das Ganze in 19,000 trochäischen Versen gegeben, <lb n="p2b_295.006"/> während er (nach von Tettau) besser gethan haben würde, die Sagen <lb n="p2b_295.007"/> zu erzählen, wie sie aus dem Munde des Volkes kamen, und die Lyriken <lb n="p2b_295.008"/> besonders zu geben. Jn der Ursprache erschien das Kalewipoeg (unter <lb n="p2b_295.009"/> Beifügung einer deutschen Übersetzung von Reinthal und <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Bertram) <lb n="p2b_295.010"/> zu Dorpat 1857─61.</p> <p><lb n="p2b_295.011"/> Jnhalt: Der Held ─ Kalewipoeg ─ schwimmt ohne Ermüdung über <lb n="p2b_295.012"/> den finnischen Busen. Er will den Fingerring einer Jungfrau aus dem Brunnen <lb n="p2b_295.013"/> holen, bringt aber einen Mühlstein heraus. Mit einem Felsblocke wirft er nach <lb n="p2b_295.014"/> einem Wolf; seine Finger hinterlassen Spuren, daß ein Mann darin stehen kann.</p> <p><lb n="p2b_295.015"/> Wiederholter Besuch in der Unterwelt und Reise zur Aufsuchung des <lb n="p2b_295.016"/> Endes der Welt u. s. w. Der Held geht unter durch sein eigenes Schwert, <lb n="p2b_295.017"/> trotz aller Heldenthaten und Verdienste, weil er in seiner Jugend im Rausch <lb n="p2b_295.018"/> einen Schuldlosen tötete. Jhm ist nun die Bewachung der Pforte der Unterwelt <lb n="p2b_295.019"/> anvertraut, und seine Schätze warten ─ wie der Nibelungenhort ─ dessen, <lb n="p2b_295.020"/> der sie heben wird &c.</p> <p><lb n="p2b_295.021"/> Das Kalewipoeg ist wertvoll durch seine ethische Tendenz, als Beispiel, <lb n="p2b_295.022"/> daß kein Frevel unbestraft bleibt, wenn es auch als eigentliches Volksepos <lb n="p2b_295.023"/> geringeren Wert haben dürfte.</p> <lb n="p2b_295.024"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Probe aus dem Kalewipoeg. (Übers. von Kreuzwald.</hi>) <lb n="p2b_295.025"/> (Aus dem 1. Gesang S. 15.)</hi> </p> <lb n="p2b_295.026"/> <lg> <l> Hoch im Norden hob ein Hausstand</l> <lb n="p2b_295.027"/> <l>Sich empor aus Felsentrümmern</l> <lb n="p2b_295.028"/> <l>Dicht an Taara's Eichenhaine,</l> <lb n="p2b_295.029"/> <l>Halb versteckt im Waldesdunkel,</l> <lb n="p2b_295.030"/> <l>Halb begrenzt von offner Fläche. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_295.031"/> <l> Hier entsprang ein Knabendreiblatt,</l> <lb n="p2b_295.032"/> <l>Kräft'ge Brut aus Göttersamen.</l> <lb n="p2b_295.033"/> <l>Einer wanderte nach Rußland,</l> <lb n="p2b_295.034"/> <l>Nach dem Norden zog der andre,</l> <lb n="p2b_295.035"/> <l>Auf den Rücken eines Adlers</l> <lb n="p2b_295.036"/> <l>Schwang der dritte sich der Brüder. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_295.037"/> <l> Der nach Rußland ausgewandert,</l> <lb n="p2b_295.038"/> <l>Wuchs heran zum tücht'gen Kaufmann</l> <lb n="p2b_295.039"/> <l>Und geschickten Bortenweber;</l> <lb n="p2b_295.040"/> <l>Der nach Nordland war gezogen,</l> <lb n="p2b_295.041"/> <l>Ward ein Krieger, der die Streitaxt</l> <lb n="p2b_295.042"/> <l>Kräftiglich zu führen wußte. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_295.043"/> <l> Der sich auf des Adlers Rücken</l> <lb n="p2b_295.044"/> <l>Zum Emporflug aufgeschwungen,</l> <lb n="p2b_295.045"/> <l>Führt' ein vielbewegtes Leben,</l> <lb n="p2b_295.046"/> <l>Drang nach Süden und nach Osten</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0317]
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Verse gebracht, wobei die mitgesammelten lyrischen Gedichte und Sprüche p2b_295.002
einfach eingereiht wurden. So ist das Ganze in's trochäische Metrum p2b_295.003
gebrachte Prosa, und dürfte in gleicher Linie mit den Reim-Chroniken p2b_295.004
des Mittelalters stehen. Jn demselben Metrum wie die Kalewâla p2b_295.005
hat Kreuzwald das Ganze in 19,000 trochäischen Versen gegeben, p2b_295.006
während er (nach von Tettau) besser gethan haben würde, die Sagen p2b_295.007
zu erzählen, wie sie aus dem Munde des Volkes kamen, und die Lyriken p2b_295.008
besonders zu geben. Jn der Ursprache erschien das Kalewipoeg (unter p2b_295.009
Beifügung einer deutschen Übersetzung von Reinthal und Dr. Bertram) p2b_295.010
zu Dorpat 1857─61.
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Jnhalt: Der Held ─ Kalewipoeg ─ schwimmt ohne Ermüdung über p2b_295.012
den finnischen Busen. Er will den Fingerring einer Jungfrau aus dem Brunnen p2b_295.013
holen, bringt aber einen Mühlstein heraus. Mit einem Felsblocke wirft er nach p2b_295.014
einem Wolf; seine Finger hinterlassen Spuren, daß ein Mann darin stehen kann.
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Wiederholter Besuch in der Unterwelt und Reise zur Aufsuchung des p2b_295.016
Endes der Welt u. s. w. Der Held geht unter durch sein eigenes Schwert, p2b_295.017
trotz aller Heldenthaten und Verdienste, weil er in seiner Jugend im Rausch p2b_295.018
einen Schuldlosen tötete. Jhm ist nun die Bewachung der Pforte der Unterwelt p2b_295.019
anvertraut, und seine Schätze warten ─ wie der Nibelungenhort ─ dessen, p2b_295.020
der sie heben wird &c.
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Das Kalewipoeg ist wertvoll durch seine ethische Tendenz, als Beispiel, p2b_295.022
daß kein Frevel unbestraft bleibt, wenn es auch als eigentliches Volksepos p2b_295.023
geringeren Wert haben dürfte.
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Probe aus dem Kalewipoeg. (Übers. von Kreuzwald.) p2b_295.025
(Aus dem 1. Gesang S. 15.)
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Hoch im Norden hob ein Hausstand p2b_295.027
Sich empor aus Felsentrümmern p2b_295.028
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Halb versteckt im Waldesdunkel, p2b_295.030
Halb begrenzt von offner Fläche.
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Hier entsprang ein Knabendreiblatt, p2b_295.032
Kräft'ge Brut aus Göttersamen. p2b_295.033
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Nach dem Norden zog der andre, p2b_295.035
Auf den Rücken eines Adlers p2b_295.036
Schwang der dritte sich der Brüder.
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Der nach Rußland ausgewandert, p2b_295.038
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Der nach Nordland war gezogen, p2b_295.041
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Der sich auf des Adlers Rücken p2b_295.044
Zum Emporflug aufgeschwungen, p2b_295.045
Führt' ein vielbewegtes Leben, p2b_295.046
Drang nach Süden und nach Osten
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