Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_243.001 p2b_243.003 p2b_243.004 a. Ernste Sagen. p2b_243.006Die Riesen und die Zwerge, von Fr. Rückert. p2b_243.007 Es ging die Riesentochter zu haben einen Spaß, p2b_243.008 Herab vom hohen Schlosse, wo Vater Riese saß. p2b_243.009 Da fand sie in dem Thale die Ochsen und den Pflug, p2b_243.010 Dahinter auch den Bauern, der schien ihr klein genug. p2b_243.011 Die Riesen und die Zwerge! p2b_243.012 Pflug, Ochsen und den Bauern, es war ihr nicht zu groß, p2b_243.013 Sie faßt's in ihre Schürze, und trug's auf's Riesenschloß. p2b_243.014 Da fragte Vater Riese: Was hast du, Kind, gemacht? p2b_243.015 Sie sprach: Ein schönes Spielzeug hab' ich mir hergebracht. p2b_243.016 Die Riesen und die Zwerge! p2b_243.017 Der Vater sah's, und sagte: Das ist nicht gut, mein Kind! p2b_243.018 Thu es zusammen wieder an seinen Ort geschwind. p2b_243.019 Wenn nicht das Volk der Zwerge schafft mit dem Pflug im Thal, p2b_243.020 So darben auf dem Berge die Riesen bei dem Mahl. p2b_243.021 Die Riesen und die Zwerge! p2b_243.022 b. Humoristische Sagen. p2b_243.030Die Weiber von Winsperg, von Ad. v. Chamisso. p2b_243.031 Der erste Hohenstaufen, der König Konrad, lag p2b_243.032 Mit Heeresmacht vor Winsperg seit manchem langen Tag; p2b_243.033 Der Welfe war geschlagen, noch wehrte sich das Nest, p2b_243.034 Die unverzagten Städter, die hielten es noch fest. p2b_243.035 Der Hunger kam, der Hunger! das ist ein scharfer Dorn; p2b_243.036 Nun suchten sie die Gnade, nun fanden sie den Zorn. p2b_243.037 Jhr habt mir hier erschlagen gar manchen Degen wert, p2b_243.038 Und öffnet ihr die Thore, so trifft euch doch das Schwert. p2b_243.039
Da sind die Weiber kommen: und muß es also sein, p2b_243.040 Gewährt uns freien Abzug, wir sind vom Blute rein. p2b_243.041 Da hat sich vor den Armen des Helden Zorn gekühlt, p2b_243.042 Da hat ein sanft Erbarmen im Herzen er gefühlt. p2b_243.001 p2b_243.003 p2b_243.004 a. Ernste Sagen. p2b_243.006Die Riesen und die Zwerge, von Fr. Rückert. p2b_243.007 Es ging die Riesentochter zu haben einen Spaß, p2b_243.008 Herab vom hohen Schlosse, wo Vater Riese saß. p2b_243.009 Da fand sie in dem Thale die Ochsen und den Pflug, p2b_243.010 Dahinter auch den Bauern, der schien ihr klein genug. p2b_243.011 Die Riesen und die Zwerge! p2b_243.012 Pflug, Ochsen und den Bauern, es war ihr nicht zu groß, p2b_243.013 Sie faßt's in ihre Schürze, und trug's auf's Riesenschloß. p2b_243.014 Da fragte Vater Riese: Was hast du, Kind, gemacht? p2b_243.015 Sie sprach: Ein schönes Spielzeug hab' ich mir hergebracht. p2b_243.016 Die Riesen und die Zwerge! p2b_243.017 Der Vater sah's, und sagte: Das ist nicht gut, mein Kind! p2b_243.018 Thu es zusammen wieder an seinen Ort geschwind. p2b_243.019 Wenn nicht das Volk der Zwerge schafft mit dem Pflug im Thal, p2b_243.020 So darben auf dem Berge die Riesen bei dem Mahl. p2b_243.021 Die Riesen und die Zwerge! p2b_243.022 b. Humoristische Sagen. p2b_243.030Die Weiber von Winsperg, von Ad. v. Chamisso. p2b_243.031 Der erste Hohenstaufen, der König Konrad, lag p2b_243.032 Mit Heeresmacht vor Winsperg seit manchem langen Tag; p2b_243.033 Der Welfe war geschlagen, noch wehrte sich das Nest, p2b_243.034 Die unverzagten Städter, die hielten es noch fest. p2b_243.035 Der Hunger kam, der Hunger! das ist ein scharfer Dorn; p2b_243.036 Nun suchten sie die Gnade, nun fanden sie den Zorn. p2b_243.037 Jhr habt mir hier erschlagen gar manchen Degen wert, p2b_243.038 Und öffnet ihr die Thore, so trifft euch doch das Schwert. p2b_243.039
Da sind die Weiber kommen: und muß es also sein, p2b_243.040 Gewährt uns freien Abzug, wir sind vom Blute rein. p2b_243.041 Da hat sich vor den Armen des Helden Zorn gekühlt, p2b_243.042 Da hat ein sanft Erbarmen im Herzen er gefühlt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0265" n="243"/><lb n="p2b_243.001"/> gute Frau; Der Busant; Sir Jsumbras; Magelone; Märchen vom Prinzen <lb n="p2b_243.002"/> Kameralsaman.</p> <p><lb n="p2b_243.003"/> Weitere Volkssagen s. unter Litteratur der Sage.</p> <p> <lb n="p2b_243.004"/> <hi rendition="#g">Beispiele der Sagen:</hi> </p> <lb n="p2b_243.005"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">a</hi>. Ernste Sagen.</hi> </p> <lb n="p2b_243.006"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Die Riesen und die Zwerge, von Fr. Rückert.</hi> </hi> </p> <lb n="p2b_243.007"/> <lg> <l> Es ging die Riesentochter zu haben einen Spaß,</l> <lb n="p2b_243.008"/> <l>Herab vom hohen Schlosse, wo Vater Riese saß.</l> <lb n="p2b_243.009"/> <l>Da fand sie in dem Thale die Ochsen und den Pflug,</l> <lb n="p2b_243.010"/> <l>Dahinter auch den Bauern, der schien ihr klein genug.</l> <lb n="p2b_243.011"/> <l>Die Riesen und die Zwerge! </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_243.012"/> <l> Pflug, Ochsen und den Bauern, es war ihr nicht zu groß,</l> <lb n="p2b_243.013"/> <l>Sie faßt's in ihre Schürze, und trug's auf's Riesenschloß.</l> <lb n="p2b_243.014"/> <l>Da fragte Vater Riese: Was hast du, Kind, gemacht?</l> <lb n="p2b_243.015"/> <l>Sie sprach: Ein schönes Spielzeug hab' ich mir hergebracht.</l> <lb n="p2b_243.016"/> <l>Die Riesen und die Zwerge! </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_243.017"/> <l> Der Vater sah's, und sagte: Das ist nicht gut, mein Kind!</l> <lb n="p2b_243.018"/> <l>Thu es zusammen wieder an seinen Ort geschwind.</l> <lb n="p2b_243.019"/> <l>Wenn nicht das Volk der Zwerge schafft mit dem Pflug im Thal,</l> <lb n="p2b_243.020"/> <l>So darben auf dem Berge die Riesen bei dem Mahl.</l> <lb n="p2b_243.021"/> <l>Die Riesen und die Zwerge!</l> </lg> <p><lb n="p2b_243.022"/> (Gedanke: Die Mächtigen sollen die niedern Stände ihrer Brauchbarkeit <lb n="p2b_243.023"/> und Nützlichkeit wegen achten und schätzen; sodann mythisch ein Nachhall der <lb n="p2b_243.024"/> alten Riesen- und Kultursagen. <hi rendition="#aq">NB</hi>. Das Material des erst 1831 entstandenen <lb n="p2b_243.025"/> Gedichtes „Des Riesen Spielzeug“ von Chamisso ist dem vorstehenden <lb n="p2b_243.026"/> schon 1817 geschriebenen Gedichte entlehnt.) Vgl. noch Rückerts ernste Volkssagen: <lb n="p2b_243.027"/> Die Begrüßung auf dem Kynast. Bestrafte Ungenügsamkeit. Ottilie. <lb n="p2b_243.028"/> Kind Horn in Rückerts Ges. Ausg. Band <hi rendition="#aq">III</hi>. 56, und <hi rendition="#aq">XII</hi>. 305 ff.</p> <lb n="p2b_243.029"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">b</hi>. Humoristische Sagen.</hi> </p> <lb n="p2b_243.030"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Die Weiber von Winsperg, von Ad.</hi> v. <hi rendition="#g">Chamisso.</hi></hi> </p> <lb n="p2b_243.031"/> <lg> <l> Der erste Hohenstaufen, der König Konrad, lag</l> <lb n="p2b_243.032"/> <l>Mit Heeresmacht vor Winsperg seit manchem langen Tag;</l> <lb n="p2b_243.033"/> <l>Der Welfe war geschlagen, noch wehrte sich das Nest,</l> <lb n="p2b_243.034"/> <l>Die unverzagten Städter, die hielten es noch fest. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_243.035"/> <l> Der Hunger kam, der Hunger! das ist ein scharfer Dorn;</l> <lb n="p2b_243.036"/> <l>Nun suchten sie die Gnade, nun fanden sie den Zorn.</l> <lb n="p2b_243.037"/> <l>Jhr habt mir hier erschlagen gar manchen Degen wert,</l> <lb n="p2b_243.038"/> <l>Und öffnet ihr die Thore, so trifft euch doch das Schwert. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_243.039"/> <l> Da sind die Weiber kommen: und muß es also sein,</l> <lb n="p2b_243.040"/> <l>Gewährt uns freien Abzug, wir sind vom Blute rein.</l> <lb n="p2b_243.041"/> <l>Da hat sich vor den Armen des Helden Zorn gekühlt,</l> <lb n="p2b_243.042"/> <l>Da hat ein sanft Erbarmen im Herzen er gefühlt.</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0265]
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gute Frau; Der Busant; Sir Jsumbras; Magelone; Märchen vom Prinzen p2b_243.002
Kameralsaman.
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Weitere Volkssagen s. unter Litteratur der Sage.
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Beispiele der Sagen:
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a. Ernste Sagen.
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Die Riesen und die Zwerge, von Fr. Rückert.
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Herab vom hohen Schlosse, wo Vater Riese saß. p2b_243.009
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Pflug, Ochsen und den Bauern, es war ihr nicht zu groß, p2b_243.013
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Die Riesen und die Zwerge!
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Der Vater sah's, und sagte: Das ist nicht gut, mein Kind! p2b_243.018
Thu es zusammen wieder an seinen Ort geschwind. p2b_243.019
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So darben auf dem Berge die Riesen bei dem Mahl. p2b_243.021
Die Riesen und die Zwerge!
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(Gedanke: Die Mächtigen sollen die niedern Stände ihrer Brauchbarkeit p2b_243.023
und Nützlichkeit wegen achten und schätzen; sodann mythisch ein Nachhall der p2b_243.024
alten Riesen- und Kultursagen. NB. Das Material des erst 1831 entstandenen p2b_243.025
Gedichtes „Des Riesen Spielzeug“ von Chamisso ist dem vorstehenden p2b_243.026
schon 1817 geschriebenen Gedichte entlehnt.) Vgl. noch Rückerts ernste Volkssagen: p2b_243.027
Die Begrüßung auf dem Kynast. Bestrafte Ungenügsamkeit. Ottilie. p2b_243.028
Kind Horn in Rückerts Ges. Ausg. Band III. 56, und XII. 305 ff.
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b. Humoristische Sagen.
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Die Weiber von Winsperg, von Ad. v. Chamisso.
p2b_243.031
Der erste Hohenstaufen, der König Konrad, lag p2b_243.032
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Der Welfe war geschlagen, noch wehrte sich das Nest, p2b_243.034
Die unverzagten Städter, die hielten es noch fest.
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Der Hunger kam, der Hunger! das ist ein scharfer Dorn; p2b_243.036
Nun suchten sie die Gnade, nun fanden sie den Zorn. p2b_243.037
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Da sind die Weiber kommen: und muß es also sein, p2b_243.040
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Da hat ein sanft Erbarmen im Herzen er gefühlt.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/265>, abgerufen am 23.07.2024. |