Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_237.001 p2b_237.007 a. Aus Kleists Frühling. (S. Bd. I S. 171.) p2b_237.009b. Die Fahrt um den Posilip, von Fr. Rückert. p2b_237.010Jch fuhr dahin am blühenden Rand p2b_237.011
Den Posilipo zur rechten Hand; p2b_237.012 Zur Linken fernhin schloß den Golf p2b_237.013 Die Jnsel Capri, wo der Wolf p2b_237.014 Tiberius, versteckt im schroffen p2b_237.015 Geklipp, in scheußlichen Lüsten ersoffen. p2b_237.016 Jch aber wandte rechts den Blick, p2b_237.017 Wo um ein liebliches Verstrick p2b_237.018 Von Blüten, das den Strand berankte, p2b_237.019 Mein Kahn auf glatten Wogen schwankte. p2b_237.020 Vorsprünge von Felsen vielgestaltig, p2b_237.021 Abhänge von Hügeln mannigfaltig, p2b_237.022 Mit Reben hier und dort mit Halmen, p2b_237.023 Mit Pinien hier und dort mit Palmen, p2b_237.024 Die Häuser zwischendurch gestreut, p2b_237.025 Neu=altertümlich und alt=erneut. p2b_237.026 Dann Trümmer aus dem Meere ragend, p2b_237.027 Von untergegangener Prunkwelt sagend, p2b_237.028 Als hier der Römer gebaut am Strand, p2b_237.029 Dem zu eng war das feste Land, p2b_237.030 Und der zu belasten das Meer gewußt p2b_237.031 Mit den Gebäuden seiner Lust. p2b_237.032 Jch fragte jetzt nicht viel nach denen, p2b_237.033 Mich zogen an die stillern Scenen, p2b_237.034 Die Gärten, die in's Meer her hingen, p2b_237.035 Wo oben die Gärtner, die Winzer gingen; p2b_237.036 Die Treppensteige, die schmal sich wanden p2b_237.037 Herab, wo die Kähne, die Fischer standen. p2b_237.038 Ein Fischer atmend stieg hinauf, p2b_237.039 Er trug die Fische zum Verkauf, p2b_237.040 Oder er tauschte vom Gärtner wohl p2b_237.041 Um den Fisch die Frucht und den Kohl. p2b_237.042 Zwei Alte saßen im Geschwätze, p2b_237.043 Und besserten zerrissne Netze. p2b_237.044 Seitab am Strand das Fischermädchen p2b_237.045 Spann an der Spindel ein feineres Fädchen; p2b_237.046 Jhr dürfte, wenn sie wollte angeln, p2b_237.047 Gewiß der beste Fang nicht mangeln. p2b_237.048 Doch Knaben wateten im Wasser, p2b_237.049 Sie suchten Austern für städtische Prasser, p2b_237.001 p2b_237.007 a. Aus Kleists Frühling. (S. Bd. I S. 171.) p2b_237.009b. Die Fahrt um den Posilip, von Fr. Rückert. p2b_237.010Jch fuhr dahin am blühenden Rand p2b_237.011
Den Posilipo zur rechten Hand; p2b_237.012 Zur Linken fernhin schloß den Golf p2b_237.013 Die Jnsel Capri, wo der Wolf p2b_237.014 Tiberius, versteckt im schroffen p2b_237.015 Geklipp, in scheußlichen Lüsten ersoffen. p2b_237.016 Jch aber wandte rechts den Blick, p2b_237.017 Wo um ein liebliches Verstrick p2b_237.018 Von Blüten, das den Strand berankte, p2b_237.019 Mein Kahn auf glatten Wogen schwankte. p2b_237.020 Vorsprünge von Felsen vielgestaltig, p2b_237.021 Abhänge von Hügeln mannigfaltig, p2b_237.022 Mit Reben hier und dort mit Halmen, p2b_237.023 Mit Pinien hier und dort mit Palmen, p2b_237.024 Die Häuser zwischendurch gestreut, p2b_237.025 Neu=altertümlich und alt=erneut. p2b_237.026 Dann Trümmer aus dem Meere ragend, p2b_237.027 Von untergegangener Prunkwelt sagend, p2b_237.028 Als hier der Römer gebaut am Strand, p2b_237.029 Dem zu eng war das feste Land, p2b_237.030 Und der zu belasten das Meer gewußt p2b_237.031 Mit den Gebäuden seiner Lust. p2b_237.032 Jch fragte jetzt nicht viel nach denen, p2b_237.033 Mich zogen an die stillern Scenen, p2b_237.034 Die Gärten, die in's Meer her hingen, p2b_237.035 Wo oben die Gärtner, die Winzer gingen; p2b_237.036 Die Treppensteige, die schmal sich wanden p2b_237.037 Herab, wo die Kähne, die Fischer standen. p2b_237.038 Ein Fischer atmend stieg hinauf, p2b_237.039 Er trug die Fische zum Verkauf, p2b_237.040 Oder er tauschte vom Gärtner wohl p2b_237.041 Um den Fisch die Frucht und den Kohl. p2b_237.042 Zwei Alte saßen im Geschwätze, p2b_237.043 Und besserten zerrissne Netze. p2b_237.044 Seitab am Strand das Fischermädchen p2b_237.045 Spann an der Spindel ein feineres Fädchen; p2b_237.046 Jhr dürfte, wenn sie wollte angeln, p2b_237.047 Gewiß der beste Fang nicht mangeln. p2b_237.048 Doch Knaben wateten im Wasser, p2b_237.049 Sie suchten Austern für städtische Prasser, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0259" n="237"/><lb n="p2b_237.001"/> in ruhiges Spiel übergehend durch geschmackvollen Ausdruck mit zartem Piano <lb n="p2b_237.002"/> (23 und 24) und kühnem Forte (25 und 26) sich auszeichnet, endlich (V. 27 <lb n="p2b_237.003"/> und 28) wieder zum rauschend bewegten Tanze der Töne wird, darauf im <lb n="p2b_237.004"/> schmeichlerischen, tändelnden, ruhigeren Spiel (29─32) dahinschwebt, (33─36) <lb n="p2b_237.005"/> um in ein melancholisches düsteres Adagio herabzusinken und erwartungsvoll, <lb n="p2b_237.006"/> Neues erhoffend, zu endigen.</p> <p> <lb n="p2b_237.007"/> <hi rendition="#g">Beispiele des beschreibenden Gedichts.</hi> </p> <lb n="p2b_237.008"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">a</hi>. <hi rendition="#g">Aus Kleists Frühling.</hi> (S. 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in ruhiges Spiel übergehend durch geschmackvollen Ausdruck mit zartem Piano p2b_237.002
(23 und 24) und kühnem Forte (25 und 26) sich auszeichnet, endlich (V. 27 p2b_237.003
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schmeichlerischen, tändelnden, ruhigeren Spiel (29─32) dahinschwebt, (33─36) p2b_237.005
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Beispiele des beschreibenden Gedichts.
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a. Aus Kleists Frühling. (S. Bd. I S. 171.)
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b. Die Fahrt um den Posilip, von Fr. Rückert.
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Sie suchten Austern für städtische Prasser,
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/259>, abgerufen am 23.07.2024. |