Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883.p2b_181.001 p2b_181.020Es treibt mich, das ewige Licht zu erjagen, p2b_181.002 Und wer ich bin, wird die erste sagen. p2b_181.003 Jm dunkeln Laube ward ich geboren, p2b_181.004 Die strahlende Sonne hat mich gezeugt, p2b_181.005 Und schnell ist der Traum des Daseins verloren, p2b_181.006 Wenn mich der Blick der Mutter erreicht. p2b_181.007 Jm Dunkeln nur kann ich fest mich begründen; p2b_181.008 Mich werden die letzten der Silben verkünden. p2b_181.009 p2b_181.015Bewegt von des Abends schmeichelnden Lüften p2b_181.010 Steh' ich im Garten, die Blüte gesenkt. p2b_181.011 Jch küsse die Nacht mit balsamischen Düften, p2b_181.012 Die mich mit stiller Liebe umfängt; p2b_181.013 Doch glänz' ich nimmer im farbigen Kranze. p2b_181.014 Kennst du mein still bescheid'nes Ganze? (Lösung: Nachtschatten.) (Th. Körner.) p2b_181.016 c. Logogriph. p2b_181.021 p2b_181.029 a. Jch starb, weil ich's gewagt, das Strahlendste zu lieben. p2b_181.031 (Semele - Seele.) p2b_181.034Doch werd' ich, ohne M in meiner Brust, geschrieben, p2b_181.032 So leb' ich, ein erhabnes Wort, p2b_181.033 Ein Strahl der Gottheit, ewig fort. (K. G. Th. Winkler, Pseud. für Th. Hell.) p2b_181.035b. Ein Trauerbild am schwarzen Sarkophage, p2b_181.036 p2b_181.043Feind jedes Lebens, Tod der süßen Lust, p2b_181.037 Erschein' ich dir, mein Kind ist bittre Klage, p2b_181.038 Die Eltern Reu' und trauernder Verlust; p2b_181.039 Doch wäge nicht mit ungerechter Wage, p2b_181.040 Auch Götter führ' ich oft in deine Brust: p2b_181.041 Der Mutter Natterngift, des Vaters Wermut p2b_181.042 Bring' ich der Welt, doch Wonnen auch der Schwermut. (Schmerz.) p2b_181.044 Hinweg der Natter zischendes Getön! p2b_181.045
Der Bräut'gam naht, laut hallen Feierglocken p2b_181.046 Durch Trift und Wald; schon kränzen Thal und Höh'n p2b_181.047 Der frohen Braut zum Liebesfest die Locken. p2b_181.001 p2b_181.020Es treibt mich, das ewige Licht zu erjagen, p2b_181.002 Und wer ich bin, wird die erste sagen. p2b_181.003 Jm dunkeln Laube ward ich geboren, p2b_181.004 Die strahlende Sonne hat mich gezeugt, p2b_181.005 Und schnell ist der Traum des Daseins verloren, p2b_181.006 Wenn mich der Blick der Mutter erreicht. p2b_181.007 Jm Dunkeln nur kann ich fest mich begründen; p2b_181.008 Mich werden die letzten der Silben verkünden. p2b_181.009 p2b_181.015Bewegt von des Abends schmeichelnden Lüften p2b_181.010 Steh' ich im Garten, die Blüte gesenkt. p2b_181.011 Jch küsse die Nacht mit balsamischen Düften, p2b_181.012 Die mich mit stiller Liebe umfängt; p2b_181.013 Doch glänz' ich nimmer im farbigen Kranze. p2b_181.014 Kennst du mein still bescheid'nes Ganze? (Lösung: Nachtschatten.) (Th. Körner.) p2b_181.016 c. Logogriph. p2b_181.021 p2b_181.029 α. Jch starb, weil ich's gewagt, das Strahlendste zu lieben. p2b_181.031 (Semele ─ Seele.) p2b_181.034Doch werd' ich, ohne M in meiner Brust, geschrieben, p2b_181.032 So leb' ich, ein erhabnes Wort, p2b_181.033 Ein Strahl der Gottheit, ewig fort. (K. G. Th. Winkler, Pseud. für Th. Hell.) p2b_181.035β. Ein Trauerbild am schwarzen Sarkophage, p2b_181.036 p2b_181.043Feind jedes Lebens, Tod der süßen Lust, p2b_181.037 Erschein' ich dir, mein Kind ist bittre Klage, p2b_181.038 Die Eltern Reu' und trauernder Verlust; p2b_181.039 Doch wäge nicht mit ungerechter Wage, p2b_181.040 Auch Götter führ' ich oft in deine Brust: p2b_181.041 Der Mutter Natterngift, des Vaters Wermut p2b_181.042 Bring' ich der Welt, doch Wonnen auch der Schwermut. (Schmerz.) p2b_181.044 Hinweg der Natter zischendes Getön! p2b_181.045
Der Bräut'gam naht, laut hallen Feierglocken p2b_181.046 Durch Trift und Wald; schon kränzen Thal und Höh'n p2b_181.047 Der frohen Braut zum Liebesfest die Locken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0203" n="181"/> <lb n="p2b_181.001"/> <lg> <l>Es treibt mich, das ewige Licht zu erjagen,</l> <lb n="p2b_181.002"/> <l>Und wer ich bin, wird die <hi rendition="#g">erste</hi> sagen. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_181.003"/> <l>Jm dunkeln Laube ward ich geboren,</l> <lb n="p2b_181.004"/> <l>Die strahlende Sonne hat mich gezeugt,</l> <lb n="p2b_181.005"/> <l>Und schnell ist der Traum des Daseins verloren,</l> <lb n="p2b_181.006"/> <l>Wenn mich der Blick der Mutter erreicht.</l> <lb n="p2b_181.007"/> <l>Jm Dunkeln nur kann ich fest mich begründen;</l> <lb n="p2b_181.008"/> <l>Mich werden die <hi rendition="#g">letzten</hi> der Silben verkünden. </l> </lg> <lg> <lb n="p2b_181.009"/> <l>Bewegt von des Abends schmeichelnden Lüften</l> <lb n="p2b_181.010"/> <l>Steh' ich im Garten, die Blüte gesenkt.</l> <lb n="p2b_181.011"/> <l>Jch küsse die Nacht mit balsamischen Düften,</l> <lb n="p2b_181.012"/> <l>Die mich mit stiller Liebe umfängt;</l> <lb n="p2b_181.013"/> <l>Doch glänz' ich nimmer im farbigen Kranze.</l> <lb n="p2b_181.014"/> <l>Kennst du mein still bescheid'nes Ganze?</l> </lg> <lb n="p2b_181.015"/> <p> <hi rendition="#right">(Lösung: Nachtschatten.) (Th. Körner.)</hi> </p> <p><lb n="p2b_181.016"/> Weitere Beispiele der Charade finden sich bei Körner (Werke, Bd. <hi rendition="#aq">I</hi>. <lb n="p2b_181.017"/> Rätselspiele), bei Hebel (Zeitlose), Kind (Bachstelze), Matthisson (Rheinfall), Houwald <lb n="p2b_181.018"/> (Wegweiser), Hauff (Preßfreiheit), K. G. Th. Winkler (Goldpapier, Lichtscheere) <lb n="p2b_181.019"/> u. a.</p> </div> <lb n="p2b_181.020"/> <div n="5"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">c</hi>. Logogriph.</hi> </head> <p><lb n="p2b_181.021"/><hi rendition="#g">Logogriph</hi> (von <foreign xml:lang="grc">λόγος</foreign> == Wort und <foreign xml:lang="grc">γρῖφος</foreign> == Rätsel, fälschlich <lb n="p2b_181.022"/> Logogryph, wie Körner, vgl. Ausg. von 1839, und A. schreiben) ist unser <lb n="p2b_181.023"/> sogenanntes Buchstabenrätsel. Jhm liegt ein Hauptwort zu Grunde, das durch <lb n="p2b_181.024"/> <hi rendition="#g">Weglassung</hi> oder <hi rendition="#g">Zusetzung</hi> oder auch (wie bei Hebel und Körner) durch <lb n="p2b_181.025"/> Ve<hi rendition="#g">rtauschung</hi> eines oder mehrerer Buchstaben stets einen verschiedenen Sinn <lb n="p2b_181.026"/> erhält, woraus man sodann dieses Hauptwort selbst mit Sicherheit zu erraten <lb n="p2b_181.027"/> befähigt wird, (z. B. Tasche ─ Asche, Ziegel ─ Jgel, Hammel ─ Hummel ─ <lb n="p2b_181.028"/> Himmel &c.</p> <p> <lb n="p2b_181.029"/> <hi rendition="#g">Beispiele des Logogriph.</hi> </p> <lb n="p2b_181.030"/> <p rendition="#left"><foreign xml:lang="grc">α</foreign>.</p> <p> <lg> <l>Jch starb, weil ich's gewagt, das Strahlendste zu lieben.</l> <lb n="p2b_181.031"/> <l>Doch werd' ich, ohne M in meiner Brust, geschrieben,</l> <lb n="p2b_181.032"/> <l>So leb' ich, ein erhabnes Wort,</l> <lb n="p2b_181.033"/> <l>Ein Strahl der Gottheit, ewig fort.</l> </lg> <hi rendition="#right">(Semele ─ Seele.)</hi> </p> <lb n="p2b_181.034"/> <p> <hi rendition="#right">(K. G. Th. Winkler, Pseud. für Th. Hell.)</hi> </p> <lb n="p2b_181.035"/> <p rendition="#left"><foreign xml:lang="grc">β</foreign>.</p> <lg> <l> <hi rendition="#g">Ein Trauerbild am schwarzen Sarkophage,</hi> </l> <lb n="p2b_181.036"/> <l>Feind jedes Lebens, Tod der süßen Lust,</l> <lb n="p2b_181.037"/> <l>Erschein' ich dir, mein Kind ist bittre Klage,</l> <lb n="p2b_181.038"/> <l>Die Eltern Reu' und trauernder Verlust;</l> <lb n="p2b_181.039"/> <l>Doch wäge nicht mit ungerechter Wage,</l> <lb n="p2b_181.040"/> <l>Auch Götter führ' ich oft in deine Brust:</l> <lb n="p2b_181.041"/> <l>Der Mutter Natterngift, des Vaters Wermut</l> <lb n="p2b_181.042"/> <l>Bring' ich der Welt, doch Wonnen auch der Schwermut.</l> </lg> <lb n="p2b_181.043"/> <p> <hi rendition="#right">(Schmerz.)</hi> </p> <p> <lb n="p2b_181.044"/> <lg> <l> <hi rendition="#g">Hinweg der Natter zischendes Getön!</hi> </l> <lb n="p2b_181.045"/> <l>Der Bräut'gam naht, laut hallen Feierglocken</l> <lb n="p2b_181.046"/> <l>Durch Trift und Wald; schon kränzen Thal und Höh'n</l> <lb n="p2b_181.047"/> <l>Der frohen Braut zum Liebesfest die Locken.</l> </lg> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0203]
p2b_181.001
Es treibt mich, das ewige Licht zu erjagen, p2b_181.002
Und wer ich bin, wird die erste sagen.
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Jm dunkeln Laube ward ich geboren, p2b_181.004
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Mich werden die letzten der Silben verkünden.
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Bewegt von des Abends schmeichelnden Lüften p2b_181.010
Steh' ich im Garten, die Blüte gesenkt. p2b_181.011
Jch küsse die Nacht mit balsamischen Düften, p2b_181.012
Die mich mit stiller Liebe umfängt; p2b_181.013
Doch glänz' ich nimmer im farbigen Kranze. p2b_181.014
Kennst du mein still bescheid'nes Ganze?
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(Lösung: Nachtschatten.) (Th. Körner.)
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Weitere Beispiele der Charade finden sich bei Körner (Werke, Bd. I. p2b_181.017
Rätselspiele), bei Hebel (Zeitlose), Kind (Bachstelze), Matthisson (Rheinfall), Houwald p2b_181.018
(Wegweiser), Hauff (Preßfreiheit), K. G. Th. Winkler (Goldpapier, Lichtscheere) p2b_181.019
u. a.
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c. Logogriph. p2b_181.021
Logogriph (von λόγος == Wort und γρῖφος == Rätsel, fälschlich p2b_181.022
Logogryph, wie Körner, vgl. Ausg. von 1839, und A. schreiben) ist unser p2b_181.023
sogenanntes Buchstabenrätsel. Jhm liegt ein Hauptwort zu Grunde, das durch p2b_181.024
Weglassung oder Zusetzung oder auch (wie bei Hebel und Körner) durch p2b_181.025
Vertauschung eines oder mehrerer Buchstaben stets einen verschiedenen Sinn p2b_181.026
erhält, woraus man sodann dieses Hauptwort selbst mit Sicherheit zu erraten p2b_181.027
befähigt wird, (z. B. Tasche ─ Asche, Ziegel ─ Jgel, Hammel ─ Hummel ─ p2b_181.028
Himmel &c.
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Beispiele des Logogriph.
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α.
Jch starb, weil ich's gewagt, das Strahlendste zu lieben. p2b_181.031
Doch werd' ich, ohne M in meiner Brust, geschrieben, p2b_181.032
So leb' ich, ein erhabnes Wort, p2b_181.033
Ein Strahl der Gottheit, ewig fort.
(Semele ─ Seele.)
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(K. G. Th. Winkler, Pseud. für Th. Hell.)
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β.
Ein Trauerbild am schwarzen Sarkophage, p2b_181.036
Feind jedes Lebens, Tod der süßen Lust, p2b_181.037
Erschein' ich dir, mein Kind ist bittre Klage, p2b_181.038
Die Eltern Reu' und trauernder Verlust; p2b_181.039
Doch wäge nicht mit ungerechter Wage, p2b_181.040
Auch Götter führ' ich oft in deine Brust: p2b_181.041
Der Mutter Natterngift, des Vaters Wermut p2b_181.042
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Hinweg der Natter zischendes Getön! p2b_181.045
Der Bräut'gam naht, laut hallen Feierglocken p2b_181.046
Durch Trift und Wald; schon kränzen Thal und Höh'n p2b_181.047
Der frohen Braut zum Liebesfest die Locken.
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Zweiter Band. Stuttgart, 1883, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik02_1883/203>, abgerufen am 23.07.2024. |