Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
p1b_748.001
Der Wald verschenkt in Hulden p1b_748.002
Viel tausend Tausendgulden, p1b_748.003
Nur daß sie nicht anwenden kann p1b_748.004
Ein armer Mann p1b_748.005
Zur Tilgung seiner Schulden.
p1b_748.006

(Rückerts Lieder und Sprüche, 49.)

p1b_748.007
15. a b a b c d d d c e f g g h h i i.

p1b_748.008
Beispiel:

p1b_748.009
Herr Geist, der allen Respekt verdient, p1b_748.010
Und dessen Gunst wir höchlich schätzen, p1b_748.011
Vernimmt, man habe sich erkühnt, p1b_748.012
Die Schönheit über ihn zu setzen; p1b_748.013
Er macht daraus ein großes Wesen. p1b_748.014
Da kommt Herr Hauch, uns längst bekannt p1b_748.015
Als würdiger Geistsrepräsentant, p1b_748.016
Fängt an, doch leider nicht galant, p1b_748.017
Dem Luderchen den Text zu lesen. p1b_748.018
Das rührt den Leichtsinn nicht einmal, p1b_748.019
Sie läuft gleich zu dem Prinzipal: p1b_748.020
Jhr seid ja sonst gewandt und klug, p1b_748.021
Jst denn die Welt nicht groß genug! p1b_748.022
Jch lass' euch, wenn ihr trutzt, im Stich; p1b_748.023
Doch seid ihr weise, so liebt ihr mich. p1b_748.024
Seid versichert, im ganzen Jahr p1b_748.025
Giebts nicht wieder so ein hübsches Paar.
p1b_748.026

(Goethe, Geist und Schönheit im Streit. II. 218.)

p1b_748.027
16. a b a b c d e c d e f f g h g h g.

p1b_748.028
Beispiel: Jch Glücklicher der Glücklichen von Bodenstedt (Mirza-Schaffy p1b_748.029
S. 18. Nr. 13).

p1b_748.030
§ 215. Die achtzehnzeilige Strophe.

p1b_748.031
Die achtzehnzeilige Strophe kommt nur in vier Formen bei den p1b_748.032
Minnesingern vor und zwar mit der Gliederung 3 + 3 + 12, sowie p1b_748.033
4 + 4 + 10. Dagegen findet sie sich auffallenderweise häufiger bei p1b_748.034
neueren Dichtern: bei Goethe, Rückert, Fastenrath, Melch. Meyr, p1b_748.035
Bodenstedt, in der Sammlung Alldeutschland, in der Sammlung von p1b_748.036
Talvj, sowie im "Geist des Orients" von Günsburg. Gedichte, die p1b_748.037
aus mehreren 18zeiligen Strophen bestehen, hat nur Rückert geschaffen. p1b_748.038
Bei den übrigen Dichtern treten die 18zeiligen Strophen als selbständige p1b_748.039
Gedichte auf ähnlich wie das vierzehnzeilige Sonett, oder die p1b_748.040
achtzeilige Stanze. Die Bildung dieser Form verlangt Kenntnis der p1b_748.041
Gesetze der Strophik, um das Auseinanderfallen in 2 neunzeilige oder p1b_748.042
3 sechszeilige Strophen zu verhüten. (Vgl. S. 732. Nr. 28.)

p1b_748.001
Der Wald verschenkt in Hulden p1b_748.002
Viel tausend Tausendgulden, p1b_748.003
Nur daß sie nicht anwenden kann p1b_748.004
Ein armer Mann p1b_748.005
Zur Tilgung seiner Schulden.
p1b_748.006

(Rückerts Lieder und Sprüche, 49.)

p1b_748.007
15. a b a b c d d d c e f g g h h i i.

p1b_748.008
Beispiel:

p1b_748.009
Herr Geist, der allen Respekt verdient, p1b_748.010
Und dessen Gunst wir höchlich schätzen, p1b_748.011
Vernimmt, man habe sich erkühnt, p1b_748.012
Die Schönheit über ihn zu setzen; p1b_748.013
Er macht daraus ein großes Wesen. p1b_748.014
Da kommt Herr Hauch, uns längst bekannt p1b_748.015
Als würdiger Geistsrepräsentant, p1b_748.016
Fängt an, doch leider nicht galant, p1b_748.017
Dem Luderchen den Text zu lesen. p1b_748.018
Das rührt den Leichtsinn nicht einmal, p1b_748.019
Sie läuft gleich zu dem Prinzipal: p1b_748.020
Jhr seid ja sonst gewandt und klug, p1b_748.021
Jst denn die Welt nicht groß genug! p1b_748.022
Jch lass' euch, wenn ihr trutzt, im Stich; p1b_748.023
Doch seid ihr weise, so liebt ihr mich. p1b_748.024
Seid versichert, im ganzen Jahr p1b_748.025
Giebts nicht wieder so ein hübsches Paar.
p1b_748.026

(Goethe, Geist und Schönheit im Streit. II. 218.)

p1b_748.027
16. a b a b c d e c d e f f g h g h g.

p1b_748.028
Beispiel: Jch Glücklicher der Glücklichen von Bodenstedt (Mirza-Schaffy p1b_748.029
S. 18. Nr. 13).

p1b_748.030
§ 215. Die achtzehnzeilige Strophe.

p1b_748.031
Die achtzehnzeilige Strophe kommt nur in vier Formen bei den p1b_748.032
Minnesingern vor und zwar mit der Gliederung 3 + 3 + 12, sowie p1b_748.033
4 + 4 + 10. Dagegen findet sie sich auffallenderweise häufiger bei p1b_748.034
neueren Dichtern: bei Goethe, Rückert, Fastenrath, Melch. Meyr, p1b_748.035
Bodenstedt, in der Sammlung Alldeutschland, in der Sammlung von p1b_748.036
Talvj, sowie im „Geist des Orients“ von Günsburg. Gedichte, die p1b_748.037
aus mehreren 18zeiligen Strophen bestehen, hat nur Rückert geschaffen. p1b_748.038
Bei den übrigen Dichtern treten die 18zeiligen Strophen als selbständige p1b_748.039
Gedichte auf ähnlich wie das vierzehnzeilige Sonett, oder die p1b_748.040
achtzeilige Stanze. Die Bildung dieser Form verlangt Kenntnis der p1b_748.041
Gesetze der Strophik, um das Auseinanderfallen in 2 neunzeilige oder p1b_748.042
3 sechszeilige Strophen zu verhüten. (Vgl. S. 732. Nr. 28.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0782" n="748"/>
              <lb n="p1b_748.001"/>
              <lg>
                <l>Der Wald verschenkt in Hulden</l>
                <lb n="p1b_748.002"/>
                <l>Viel tausend Tausendgulden,</l>
                <lb n="p1b_748.003"/>
                <l>Nur daß sie nicht anwenden kann</l>
                <lb n="p1b_748.004"/>
                <l>Ein armer Mann</l>
                <lb n="p1b_748.005"/>
                <l>Zur Tilgung seiner Schulden.</l>
              </lg>
              <lb n="p1b_748.006"/>
              <p> <hi rendition="#right">(Rückerts Lieder und Sprüche, 49.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_748.007"/>
15. <hi rendition="#aq">a b a b c d d d c e f g g h h i i</hi>.</p>
              <p>
                <lb n="p1b_748.008"/> <hi rendition="#g">Beispiel:</hi> </p>
              <lb n="p1b_748.009"/>
              <lg>
                <l>Herr Geist, der allen Respekt verdient,</l>
                <lb n="p1b_748.010"/>
                <l>Und dessen Gunst wir höchlich schätzen,</l>
                <lb n="p1b_748.011"/>
                <l>Vernimmt, man habe sich erkühnt,</l>
                <lb n="p1b_748.012"/>
                <l>Die Schönheit über ihn zu setzen;</l>
                <lb n="p1b_748.013"/>
                <l>Er macht daraus ein großes Wesen.</l>
                <lb n="p1b_748.014"/>
                <l>Da kommt Herr Hauch, uns längst bekannt</l>
                <lb n="p1b_748.015"/>
                <l>Als würdiger Geistsrepräsentant,</l>
                <lb n="p1b_748.016"/>
                <l>Fängt an, doch leider nicht galant,</l>
                <lb n="p1b_748.017"/>
                <l>Dem Luderchen den Text zu lesen.</l>
                <lb n="p1b_748.018"/>
                <l>Das rührt den Leichtsinn nicht einmal,</l>
                <lb n="p1b_748.019"/>
                <l>Sie läuft gleich zu dem Prinzipal:</l>
                <lb n="p1b_748.020"/>
                <l>Jhr seid ja sonst gewandt und klug,</l>
                <lb n="p1b_748.021"/>
                <l>Jst denn die Welt nicht groß genug!</l>
                <lb n="p1b_748.022"/>
                <l>Jch lass' euch, wenn ihr trutzt, im Stich;</l>
                <lb n="p1b_748.023"/>
                <l>Doch seid ihr weise, so liebt ihr mich.</l>
                <lb n="p1b_748.024"/>
                <l>Seid versichert, im ganzen Jahr</l>
                <lb n="p1b_748.025"/>
                <l>Giebts nicht wieder so ein hübsches Paar.</l>
              </lg>
              <lb n="p1b_748.026"/>
              <p> <hi rendition="#right">(Goethe, Geist und Schönheit im Streit. <hi rendition="#aq">II</hi>. 218.)</hi> </p>
              <p><lb n="p1b_748.027"/>
16. <hi rendition="#aq">a b a b c d e c d e f f g h g h g</hi>.</p>
              <p><lb n="p1b_748.028"/><hi rendition="#g">Beispiel:</hi> Jch Glücklicher der Glücklichen von Bodenstedt (Mirza-Schaffy <lb n="p1b_748.029"/>
S. 18. Nr. 13).</p>
            </div>
          </div>
          <div n="3">
            <lb n="p1b_748.030"/>
            <head> <hi rendition="#c">§ 215. Die achtzehnzeilige Strophe.</hi> </head>
            <p><lb n="p1b_748.031"/>
Die achtzehnzeilige Strophe kommt nur in vier Formen bei den <lb n="p1b_748.032"/>
Minnesingern vor und zwar mit der Gliederung 3 + 3 + 12, sowie <lb n="p1b_748.033"/>
4 + 4 + 10. Dagegen findet sie sich auffallenderweise häufiger bei <lb n="p1b_748.034"/>
neueren Dichtern: bei Goethe, Rückert, Fastenrath, Melch. Meyr, <lb n="p1b_748.035"/>
Bodenstedt, in der Sammlung Alldeutschland, in der Sammlung von <lb n="p1b_748.036"/>
Talvj, sowie im &#x201E;Geist des Orients&#x201C; von Günsburg. Gedichte, die <lb n="p1b_748.037"/>
aus mehreren 18zeiligen Strophen bestehen, hat nur Rückert geschaffen. <lb n="p1b_748.038"/>
Bei den übrigen Dichtern treten die 18zeiligen Strophen als selbständige <lb n="p1b_748.039"/>
Gedichte auf ähnlich wie das vierzehnzeilige Sonett, oder die <lb n="p1b_748.040"/>
achtzeilige Stanze. Die Bildung dieser Form verlangt Kenntnis der <lb n="p1b_748.041"/>
Gesetze der Strophik, um das Auseinanderfallen in 2 neunzeilige oder <lb n="p1b_748.042"/>
3 sechszeilige Strophen zu verhüten. (Vgl. S. 732. Nr. 28.)</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[748/0782] p1b_748.001 Der Wald verschenkt in Hulden p1b_748.002 Viel tausend Tausendgulden, p1b_748.003 Nur daß sie nicht anwenden kann p1b_748.004 Ein armer Mann p1b_748.005 Zur Tilgung seiner Schulden. p1b_748.006 (Rückerts Lieder und Sprüche, 49.) p1b_748.007 15. a b a b c d d d c e f g g h h i i. p1b_748.008 Beispiel: p1b_748.009 Herr Geist, der allen Respekt verdient, p1b_748.010 Und dessen Gunst wir höchlich schätzen, p1b_748.011 Vernimmt, man habe sich erkühnt, p1b_748.012 Die Schönheit über ihn zu setzen; p1b_748.013 Er macht daraus ein großes Wesen. p1b_748.014 Da kommt Herr Hauch, uns längst bekannt p1b_748.015 Als würdiger Geistsrepräsentant, p1b_748.016 Fängt an, doch leider nicht galant, p1b_748.017 Dem Luderchen den Text zu lesen. p1b_748.018 Das rührt den Leichtsinn nicht einmal, p1b_748.019 Sie läuft gleich zu dem Prinzipal: p1b_748.020 Jhr seid ja sonst gewandt und klug, p1b_748.021 Jst denn die Welt nicht groß genug! p1b_748.022 Jch lass' euch, wenn ihr trutzt, im Stich; p1b_748.023 Doch seid ihr weise, so liebt ihr mich. p1b_748.024 Seid versichert, im ganzen Jahr p1b_748.025 Giebts nicht wieder so ein hübsches Paar. p1b_748.026 (Goethe, Geist und Schönheit im Streit. II. 218.) p1b_748.027 16. a b a b c d e c d e f f g h g h g. p1b_748.028 Beispiel: Jch Glücklicher der Glücklichen von Bodenstedt (Mirza-Schaffy p1b_748.029 S. 18. Nr. 13). p1b_748.030 § 215. Die achtzehnzeilige Strophe. p1b_748.031 Die achtzehnzeilige Strophe kommt nur in vier Formen bei den p1b_748.032 Minnesingern vor und zwar mit der Gliederung 3 + 3 + 12, sowie p1b_748.033 4 + 4 + 10. Dagegen findet sie sich auffallenderweise häufiger bei p1b_748.034 neueren Dichtern: bei Goethe, Rückert, Fastenrath, Melch. Meyr, p1b_748.035 Bodenstedt, in der Sammlung Alldeutschland, in der Sammlung von p1b_748.036 Talvj, sowie im „Geist des Orients“ von Günsburg. Gedichte, die p1b_748.037 aus mehreren 18zeiligen Strophen bestehen, hat nur Rückert geschaffen. p1b_748.038 Bei den übrigen Dichtern treten die 18zeiligen Strophen als selbständige p1b_748.039 Gedichte auf ähnlich wie das vierzehnzeilige Sonett, oder die p1b_748.040 achtzeilige Stanze. Die Bildung dieser Form verlangt Kenntnis der p1b_748.041 Gesetze der Strophik, um das Auseinanderfallen in 2 neunzeilige oder p1b_748.042 3 sechszeilige Strophen zu verhüten. (Vgl. S. 732. Nr. 28.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/782
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/782>, abgerufen am 22.11.2024.