Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_628.001 O Liebe, laß mich jeden Stern(a) p1b_628.002 Verehren, der zum Preis dir glüht!(b) p1b_628.003 O laß auch jede Blume gern(a) p1b_628.004 Mich achten, die zur Lust dir blüht!(b) p1b_628.005 Als Funk', als Flamm', als Strom, als Bach,(c) p1b_628.006 Als Sturm, als Hauch, so stark als schwach.(c) p1b_628.007 Wie du durchwandelst die Natur,(d) p1b_628.008 Verehren laß' mich deine Spur.(d) p1b_628.009 Und wo als Weib du sichtbarlich(a) p1b_628.010 Geworden Leib mir zeigest dich,(a) p1b_628.011 Ein Lebensbild, worin vereint(b) p1b_628.012 Mir Himmel mild und Erd' erscheint:(b) p1b_628.013 Da gieb, o Liebe, daß diese Triebe,(c-c) p1b_628.014 Die ziehn zu dir, nicht fliehn von dir!(d-d) p1b_628.015 Daß ich vom Sinne bestrickt nicht sei;(e) p1b_628.016 Mir selbst entrinne, durch Schönheit frei. (e) p1b_628.017 p1b_628.019 § 197. Strophik der Meistersänger. p1b_628.020 p1b_628.023 p1b_628.028 p1b_628.033 p1b_628.001 Ŏ Līebĕ, lāß mĭch jēdĕn Stērn(a) p1b_628.002 Verehren, der zum Preis dir glüht!(b) p1b_628.003 O laß auch jede Blume gern(a) p1b_628.004 Mich achten, die zur Lust dir blüht!(b) p1b_628.005 Als Funk', als Flamm', als Strom, als Bach,(c) p1b_628.006 Als Sturm, als Hauch, so stark als schwach.(c) p1b_628.007 Wie du durchwandelst die Natur,(d) p1b_628.008 Verehren laß' mich deine Spur.(d) p1b_628.009 Und wo als Weib du sichtbarlich(a) p1b_628.010 Geworden Leib mir zeigest dich,(a) p1b_628.011 Ein Lebensbild, worin vereint(b) p1b_628.012 Mir Himmel mild und Erd' erscheint:(b) p1b_628.013 Dă gīeb, ŏ Līebĕ, dăß dīesĕ Trīebĕ,(c─c) p1b_628.014 Dĭe zīehn zŭ dīr, nĭcht flīehn vŏn dīr!(d─d) p1b_628.015 Dăß īch vŏm Sīnnĕ bĕstrīckt nĭcht sēi;(e) p1b_628.016 Mir selbst entrinne, durch Schönheit frei. (e) p1b_628.017 p1b_628.019 § 197. 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Aglaja 1826 ─ in gebrochenen Zeilen gedruckt.)</p> </div> <div n="4"> <lb n="p1b_628.019"/> <head> <hi rendition="#c">§ 197. Strophik der Meistersänger.</hi> </head> <p><lb n="p1b_628.020"/> 1. Die Strophik des durch ehrbare Bürger und Handwerker vom <lb n="p1b_628.021"/> 14. bis 17. Jahrhundert geübten Meistersangs war der Hauptsache <lb n="p1b_628.022"/> nach eine Nachahmung der Strophik (Töne) des Minnesangs.</p> <p><lb n="p1b_628.023"/> 2. Der Meistersang bezeichnete das Lied (== liet) mit dem Namen <lb n="p1b_628.024"/> Bar (== Par). Die Strophen nannte man Gesätze, zuweilen auch <lb n="p1b_628.025"/> Reihen und Weisen. Die letzten Verse einer Strophe hießen <hi rendition="#g">Körner.</hi> <lb n="p1b_628.026"/> Sie reimten auf keinen vorhergehenden Vers, wohl aber zuweilen auf <lb n="p1b_628.027"/> die letzten Zeilen der nächstfolgenden Strophe.</p> <p><lb n="p1b_628.028"/> 3. Da auch die Lieder des Meistergesangs wirklich gesungen <lb n="p1b_628.029"/> wurden (vgl. z. B. die Melodien am Schlusse des 4. Bandes der <lb n="p1b_628.030"/> Minnesinger v. d. Hagens), so traten die Leiche der Minnesinger <lb n="p1b_628.031"/> mehr und mehr in den Hintergrund, bis endlich der ganze Meistersang <lb n="p1b_628.032"/> selbst in Verfall geriet.</p> <p><lb n="p1b_628.033"/> 1. Die Meistersänger, welche bald als förmliche Zunft oder Meistergenossenschaft <lb n="p1b_628.034"/> auftraten und bereits 1378 vom Kaiser Karl <hi rendition="#aq">IV</hi>. einen Freibrief <lb n="p1b_628.035"/> und ein eigenes Wappen erhalten hatten, hielten ihre Singübungen auf dem <lb n="p1b_628.036"/> Rathause, in der Herberge und ─ an Feiertagen ─ in den Kirchen ab. <lb n="p1b_628.037"/> Sie ahmten die feststehenden Strophenformen oder Töne der Minnesinger nach, <lb n="p1b_628.038"/> wenn auch Einzelne neue Töne erfanden. <hi rendition="#g">Hans Sachs</hi> schuf z. B. nur 13 <lb n="p1b_628.039"/> neue Töne, während er in 262 Tönen gedichtet hat. (Vgl. Notizen &c. aus </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [628/0662]
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Ŏ Līebĕ, lāß mĭch jēdĕn Stērn(a) p1b_628.002
Verehren, der zum Preis dir glüht!(b) p1b_628.003
O laß auch jede Blume gern(a) p1b_628.004
Mich achten, die zur Lust dir blüht!(b) p1b_628.005
Als Funk', als Flamm', als Strom, als Bach,(c) p1b_628.006
Als Sturm, als Hauch, so stark als schwach.(c) p1b_628.007
Wie du durchwandelst die Natur,(d) p1b_628.008
Verehren laß' mich deine Spur.(d)
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Und wo als Weib du sichtbarlich(a) p1b_628.010
Geworden Leib mir zeigest dich,(a) p1b_628.011
Ein Lebensbild, worin vereint(b) p1b_628.012
Mir Himmel mild und Erd' erscheint:(b) p1b_628.013
Dă gīeb, ŏ Līebĕ, dăß dīesĕ Trīebĕ,(c─c) p1b_628.014
Dĭe zīehn zŭ dīr, nĭcht flīehn vŏn dīr!(d─d) p1b_628.015
Dăß īch vŏm Sīnnĕ bĕstrīckt nĭcht sēi;(e) p1b_628.016
Mir selbst entrinne, durch Schönheit frei.
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(Die Verse der letzten Strophe waren wegen der Mittelreime ursprünglich p1b_628.018
─ vgl. Aglaja 1826 ─ in gebrochenen Zeilen gedruckt.)
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§ 197. Strophik der Meistersänger. p1b_628.020
1. Die Strophik des durch ehrbare Bürger und Handwerker vom p1b_628.021
14. bis 17. Jahrhundert geübten Meistersangs war der Hauptsache p1b_628.022
nach eine Nachahmung der Strophik (Töne) des Minnesangs.
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2. Der Meistersang bezeichnete das Lied (== liet) mit dem Namen p1b_628.024
Bar (== Par). Die Strophen nannte man Gesätze, zuweilen auch p1b_628.025
Reihen und Weisen. Die letzten Verse einer Strophe hießen Körner. p1b_628.026
Sie reimten auf keinen vorhergehenden Vers, wohl aber zuweilen auf p1b_628.027
die letzten Zeilen der nächstfolgenden Strophe.
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3. Da auch die Lieder des Meistergesangs wirklich gesungen p1b_628.029
wurden (vgl. z. B. die Melodien am Schlusse des 4. Bandes der p1b_628.030
Minnesinger v. d. Hagens), so traten die Leiche der Minnesinger p1b_628.031
mehr und mehr in den Hintergrund, bis endlich der ganze Meistersang p1b_628.032
selbst in Verfall geriet.
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1. Die Meistersänger, welche bald als förmliche Zunft oder Meistergenossenschaft p1b_628.034
auftraten und bereits 1378 vom Kaiser Karl IV. einen Freibrief p1b_628.035
und ein eigenes Wappen erhalten hatten, hielten ihre Singübungen auf dem p1b_628.036
Rathause, in der Herberge und ─ an Feiertagen ─ in den Kirchen ab. p1b_628.037
Sie ahmten die feststehenden Strophenformen oder Töne der Minnesinger nach, p1b_628.038
wenn auch Einzelne neue Töne erfanden. Hans Sachs schuf z. B. nur 13 p1b_628.039
neue Töne, während er in 262 Tönen gedichtet hat. (Vgl. Notizen &c. aus
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