Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

p1b_559.001
eignende Kanzone wurde nicht mit Unrecht einem auf großer Wasserfläche feierlich p1b_559.002
hingleitenden, weite Kreise ziehenden Schwane verglichen, während man sich p1b_559.003
die beschwingte Ode gleich dem Adler dahin rauschend dachte. Sie war als p1b_559.004
lyrische Dichtart bereits im 13. Jahrhundert in Jtalien gebräuchlich.

p1b_559.005
Petrarca gab ihr eine bestimmte Form, die man Canzone Petrarchesca p1b_559.006
nannte. Die spätere von den Toscanern ausgebildete Form nannte man die p1b_559.007
Canzone Toscana. Sie entspricht unserer Kanzone. Jhr erster Teil zerfällt p1b_559.008
in 2 gleiche Hälften (Piedi) mit korrespondierenden Reimen, der zweite (Sirima p1b_559.009
oder Volte) ist freier gebildet. Nach 5-10 solcher Strophen schließt eine kleinere p1b_559.010
Strophe (Congedo oder Ripresa, auch Commiato, oder auch Chiusa genannt) p1b_559.011
die Kanzone ab. Jn dieser Ripresa oder Chiusa nimmt der Dichter vom p1b_559.012
Liede Abschied und weist ihm den Ort seiner Bestimmung an.

p1b_559.013
Neben dieser herrschend gewordenen Form giebt es noch einige andere p1b_559.014
Formen. Nämlich a: Canzone distera, bei welcher die Verse der einen p1b_559.015
Strophe mit den korrespondierenden Versen der folgenden Strophe reimen, und p1b_559.016
bei welcher einzelne Strophen durch Anhänge (Catenen) verbunden waren. p1b_559.017
b. Canzone Anakreontica, welche aus kürzeren Verszeilen und kürzeren p1b_559.018
Strophen besteht. c. Canzone Pindarica oder Canzone alla Greca, p1b_559.019
welche freieres Metrum hatte und (ähnlich der griech. Strophe, Antistrophe und p1b_559.020
Epode) in Ballata, Contraballata und Stanza zerfiel. Chiabrera, der p1b_559.021
die Kanzone willkürlich gliederte, nannte seine Formen Canzonetten. d. Canzone p1b_559.022
a ballo
, welche - bis ins 16. Jahrhundert hinein - zum Tanz p1b_559.023
gesungen wurde.

p1b_559.024
Bekannt gebliebene Kanzonen schrieb neben Dante besonders Bembo, p1b_559.025
Garcilaso und Petrarca. Des Letzteren berühmte Kanzonen "le tre sorelle" p1b_559.026
(die 3 Schwestern) werden nach Kekule und Biegeleben (in "Die Reime des p1b_559.027
Francesco Petrarca". Stuttgart 1844. S. 164) von den Jtalienern zum p1b_559.028
Schönsten gerechnet, was jemals in der italienischen Lyrik geleistet wurde. p1b_559.029
Tessoni nennt sie die Königinnen aller Kanzonen. Jn nicht weniger als 264 p1b_559.030
Versen feiern dieselben Lauras Augen, lassen aber den seit einem halben Jahrhundert p1b_559.031
über ihre Farbe geführten Streit unentschieden. Petrarca ist in ihnen p1b_559.032
ganz Gefühl und Schwärmerei um die schöne Tochter des Rhonethals. -

p1b_559.033
Die Kanzonen des großen Portugiesen Camoens sind durch die 1874 p1b_559.034
zu Paderborn erschienene gute Übersetzung von Wilh. Storck dem deutschen p1b_559.035
Lesepublikum zugänglich gemacht. Jn den 18 Kanzonen des Camoens treten p1b_559.036
uns 14 durch Ausdehnung der Stollen und des Abgesangs verschiedene p1b_559.037
Strophengefüge entgegen. Diese Kanzonen zeigen, wie sich der wahre Dichter p1b_559.038
weder durch Stoff, noch durch die Form beengen läßt. Die ganze Gemütswelt p1b_559.039
mit all ihren Stimmungen bietet dem Camoens den Stoff, und er hat p1b_559.040
es verstanden, die Gestaltung der Gedankenglieder dem Gewande der Kanzonenstrophe p1b_559.041
anzupassen. Die beiden Stollen stimmen bei ihm metrisch zwar überein, p1b_559.042
aber sie werden in der Zeilenbindung weit freier als im deutschen behandelt, p1b_559.043
also z. B. in der Ordnung a b : b a (statt a b : a b) oder a b c : b a c p1b_559.044
(statt a b c : a b c) verkettet. Der abweichend gebaute Abgesang überragt -

p1b_559.001
eignende Kanzone wurde nicht mit Unrecht einem auf großer Wasserfläche feierlich p1b_559.002
hingleitenden, weite Kreise ziehenden Schwane verglichen, während man sich p1b_559.003
die beschwingte Ode gleich dem Adler dahin rauschend dachte. Sie war als p1b_559.004
lyrische Dichtart bereits im 13. Jahrhundert in Jtalien gebräuchlich.

p1b_559.005
Petrarca gab ihr eine bestimmte Form, die man Canzone Petrarchesca p1b_559.006
nannte. Die spätere von den Toscanern ausgebildete Form nannte man die p1b_559.007
Canzone Toscana. Sie entspricht unserer Kanzone. Jhr erster Teil zerfällt p1b_559.008
in 2 gleiche Hälften (Piedi) mit korrespondierenden Reimen, der zweite (Sirima p1b_559.009
oder Volte) ist freier gebildet. Nach 5─10 solcher Strophen schließt eine kleinere p1b_559.010
Strophe (Congedo oder Ripresa, auch Commiato, oder auch Chiusa genannt) p1b_559.011
die Kanzone ab. Jn dieser Ripresa oder Chiusa nimmt der Dichter vom p1b_559.012
Liede Abschied und weist ihm den Ort seiner Bestimmung an.

p1b_559.013
Neben dieser herrschend gewordenen Form giebt es noch einige andere p1b_559.014
Formen. Nämlich a: Canzone distĕra, bei welcher die Verse der einen p1b_559.015
Strophe mit den korrespondierenden Versen der folgenden Strophe reimen, und p1b_559.016
bei welcher einzelne Strophen durch Anhänge (Catenen) verbunden waren. p1b_559.017
b. Canzone Anakreontica, welche aus kürzeren Verszeilen und kürzeren p1b_559.018
Strophen besteht. c. Canzone Pindarica oder Canzone alla Greca, p1b_559.019
welche freieres Metrum hatte und (ähnlich der griech. Strophe, Antistrophe und p1b_559.020
Epode) in Ballata, Contraballata und Stanza zerfiel. Chiabrera, der p1b_559.021
die Kanzone willkürlich gliederte, nannte seine Formen Canzonetten. d. Canzone p1b_559.022
a ballo
, welche ─ bis ins 16. Jahrhundert hinein ─ zum Tanz p1b_559.023
gesungen wurde.

p1b_559.024
Bekannt gebliebene Kanzonen schrieb neben Dante besonders Bembo, p1b_559.025
Garcilaso und Petrarca. Des Letzteren berühmte Kanzonen „le tre sorellep1b_559.026
(die 3 Schwestern) werden nach Kekulé und Biegeleben (in „Die Reime des p1b_559.027
Francesco Petrarca“. Stuttgart 1844. S. 164) von den Jtalienern zum p1b_559.028
Schönsten gerechnet, was jemals in der italienischen Lyrik geleistet wurde. p1b_559.029
Tessoni nennt sie die Königinnen aller Kanzonen. Jn nicht weniger als 264 p1b_559.030
Versen feiern dieselben Lauras Augen, lassen aber den seit einem halben Jahrhundert p1b_559.031
über ihre Farbe geführten Streit unentschieden. Petrarca ist in ihnen p1b_559.032
ganz Gefühl und Schwärmerei um die schöne Tochter des Rhonethals. ─

p1b_559.033
Die Kanzonen des großen Portugiesen Camoëns sind durch die 1874 p1b_559.034
zu Paderborn erschienene gute Übersetzung von Wilh. Storck dem deutschen p1b_559.035
Lesepublikum zugänglich gemacht. Jn den 18 Kanzonen des Camoëns treten p1b_559.036
uns 14 durch Ausdehnung der Stollen und des Abgesangs verschiedene p1b_559.037
Strophengefüge entgegen. Diese Kanzonen zeigen, wie sich der wahre Dichter p1b_559.038
weder durch Stoff, noch durch die Form beengen läßt. Die ganze Gemütswelt p1b_559.039
mit all ihren Stimmungen bietet dem Camoëns den Stoff, und er hat p1b_559.040
es verstanden, die Gestaltung der Gedankenglieder dem Gewande der Kanzonenstrophe p1b_559.041
anzupassen. Die beiden Stollen stimmen bei ihm metrisch zwar überein, p1b_559.042
aber sie werden in der Zeilenbindung weit freier als im deutschen behandelt, p1b_559.043
also z. B. in der Ordnung a b : b a (statt a b : a b) oder a b c : b a c p1b_559.044
(statt a b c : a b c) verkettet. Der abweichend gebaute Abgesang überragt ─

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0593" n="559"/><lb n="p1b_559.001"/>
eignende Kanzone wurde nicht mit Unrecht einem auf großer Wasserfläche feierlich <lb n="p1b_559.002"/>
hingleitenden, weite Kreise ziehenden Schwane verglichen, während man sich <lb n="p1b_559.003"/>
die beschwingte Ode gleich dem Adler dahin rauschend dachte. Sie war als <lb n="p1b_559.004"/>
lyrische Dichtart bereits im 13. Jahrhundert in Jtalien gebräuchlich.</p>
              <p><lb n="p1b_559.005"/>
Petrarca gab ihr eine bestimmte Form, die man <hi rendition="#aq">Canzone Petrarchesca</hi> <lb n="p1b_559.006"/>
nannte. Die spätere von den Toscanern ausgebildete Form nannte man die <lb n="p1b_559.007"/> <hi rendition="#aq">Canzone Toscana</hi>. Sie entspricht unserer Kanzone. Jhr erster Teil zerfällt <lb n="p1b_559.008"/>
in 2 gleiche Hälften (<hi rendition="#aq">Piedi</hi>) mit korrespondierenden Reimen, der zweite (<hi rendition="#aq">Sirima</hi> <lb n="p1b_559.009"/>
oder <hi rendition="#aq">Volte</hi>) ist freier gebildet. Nach 5&#x2500;10 solcher Strophen schließt eine kleinere <lb n="p1b_559.010"/>
Strophe (<hi rendition="#aq">Congedo</hi> oder <hi rendition="#aq">Ripresa</hi>, auch <hi rendition="#aq">Commiato</hi>, oder auch <hi rendition="#aq">Chiusa</hi> genannt) <lb n="p1b_559.011"/>
die Kanzone ab. Jn dieser <hi rendition="#aq">Ripresa</hi> oder <hi rendition="#aq">Chiusa</hi> nimmt der Dichter vom <lb n="p1b_559.012"/>
Liede Abschied und weist ihm den Ort seiner Bestimmung an.</p>
              <p><lb n="p1b_559.013"/>
Neben dieser herrschend gewordenen Form giebt es noch einige andere <lb n="p1b_559.014"/>
Formen. Nämlich <hi rendition="#aq">a: <hi rendition="#g">Canzone dist&#x0115;ra</hi></hi>, bei welcher die Verse der einen <lb n="p1b_559.015"/>
Strophe mit den korrespondierenden Versen der folgenden Strophe reimen, und <lb n="p1b_559.016"/>
bei welcher einzelne Strophen durch Anhänge (<hi rendition="#aq">Catenen</hi>) verbunden waren. <lb n="p1b_559.017"/> <hi rendition="#aq">b. <hi rendition="#g">Canzone Anakreontica</hi></hi>, welche aus kürzeren Verszeilen und kürzeren <lb n="p1b_559.018"/>
Strophen besteht. <hi rendition="#aq">c. <hi rendition="#g">Canzone Pindarica</hi></hi> oder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Canzone alla Greca</hi></hi>, <lb n="p1b_559.019"/>
welche freieres Metrum hatte und (ähnlich der griech. Strophe, Antistrophe und <lb n="p1b_559.020"/>
Epode) in <hi rendition="#aq">Ballata, Contraballata</hi> und <hi rendition="#aq">Stanza</hi> zerfiel. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Chiabrera</hi></hi>, der <lb n="p1b_559.021"/>
die Kanzone willkürlich gliederte, nannte seine Formen <hi rendition="#aq">Canzonetten. d. <hi rendition="#g">Canzone</hi> <lb n="p1b_559.022"/>
a <hi rendition="#g">ballo</hi></hi>, welche &#x2500; bis ins 16. Jahrhundert hinein &#x2500; zum Tanz <lb n="p1b_559.023"/>
gesungen wurde.</p>
              <p><lb n="p1b_559.024"/>
Bekannt gebliebene Kanzonen schrieb neben Dante besonders Bembo, <lb n="p1b_559.025"/>
Garcilaso und Petrarca. Des Letzteren berühmte Kanzonen &#x201E;<hi rendition="#aq">le tre sorelle</hi>&#x201C; <lb n="p1b_559.026"/>
(die 3 Schwestern) werden nach Kekul<hi rendition="#aq">é</hi> und Biegeleben (in &#x201E;Die Reime des <lb n="p1b_559.027"/>
Francesco Petrarca&#x201C;. Stuttgart 1844. S. 164) von den Jtalienern zum <lb n="p1b_559.028"/>
Schönsten gerechnet, was jemals in der italienischen Lyrik geleistet wurde. <lb n="p1b_559.029"/>
Tessoni nennt sie die <hi rendition="#g">Königinnen aller Kanzonen.</hi> Jn nicht weniger als 264 <lb n="p1b_559.030"/>
Versen feiern dieselben Lauras Augen, lassen aber den seit einem halben Jahrhundert <lb n="p1b_559.031"/>
über ihre Farbe geführten Streit unentschieden. Petrarca ist in ihnen <lb n="p1b_559.032"/>
ganz Gefühl und Schwärmerei um die schöne Tochter des Rhonethals. &#x2500;</p>
              <p><lb n="p1b_559.033"/>
Die Kanzonen des großen Portugiesen Camo<hi rendition="#aq">ë</hi>ns sind durch die 1874 <lb n="p1b_559.034"/>
zu Paderborn erschienene gute Übersetzung von Wilh. Storck dem deutschen <lb n="p1b_559.035"/>
Lesepublikum zugänglich gemacht. Jn den 18 Kanzonen des Camo<hi rendition="#aq">ë</hi>ns treten <lb n="p1b_559.036"/>
uns 14 durch Ausdehnung der Stollen und des Abgesangs verschiedene <lb n="p1b_559.037"/>
Strophengefüge entgegen. Diese Kanzonen zeigen, wie sich der wahre Dichter <lb n="p1b_559.038"/>
weder durch Stoff, noch durch die Form beengen läßt. Die ganze Gemütswelt <lb n="p1b_559.039"/>
mit all ihren Stimmungen bietet dem Camo<hi rendition="#aq">ë</hi>ns den Stoff, und er hat <lb n="p1b_559.040"/>
es verstanden, die Gestaltung der Gedankenglieder dem Gewande der Kanzonenstrophe <lb n="p1b_559.041"/>
anzupassen. Die beiden Stollen stimmen bei ihm metrisch zwar überein, <lb n="p1b_559.042"/>
aber sie werden in der Zeilenbindung weit freier als im deutschen behandelt, <lb n="p1b_559.043"/>
also z. B. in der Ordnung <hi rendition="#aq">a b : b a</hi> (statt <hi rendition="#aq">a b : a b</hi>) oder <hi rendition="#aq">a b c : b a c</hi> <lb n="p1b_559.044"/>
(statt <hi rendition="#aq">a b c : a b c</hi>) verkettet. Der abweichend gebaute Abgesang überragt &#x2500;
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[559/0593] p1b_559.001 eignende Kanzone wurde nicht mit Unrecht einem auf großer Wasserfläche feierlich p1b_559.002 hingleitenden, weite Kreise ziehenden Schwane verglichen, während man sich p1b_559.003 die beschwingte Ode gleich dem Adler dahin rauschend dachte. Sie war als p1b_559.004 lyrische Dichtart bereits im 13. Jahrhundert in Jtalien gebräuchlich. p1b_559.005 Petrarca gab ihr eine bestimmte Form, die man Canzone Petrarchesca p1b_559.006 nannte. Die spätere von den Toscanern ausgebildete Form nannte man die p1b_559.007 Canzone Toscana. Sie entspricht unserer Kanzone. Jhr erster Teil zerfällt p1b_559.008 in 2 gleiche Hälften (Piedi) mit korrespondierenden Reimen, der zweite (Sirima p1b_559.009 oder Volte) ist freier gebildet. Nach 5─10 solcher Strophen schließt eine kleinere p1b_559.010 Strophe (Congedo oder Ripresa, auch Commiato, oder auch Chiusa genannt) p1b_559.011 die Kanzone ab. Jn dieser Ripresa oder Chiusa nimmt der Dichter vom p1b_559.012 Liede Abschied und weist ihm den Ort seiner Bestimmung an. p1b_559.013 Neben dieser herrschend gewordenen Form giebt es noch einige andere p1b_559.014 Formen. Nämlich a: Canzone distĕra, bei welcher die Verse der einen p1b_559.015 Strophe mit den korrespondierenden Versen der folgenden Strophe reimen, und p1b_559.016 bei welcher einzelne Strophen durch Anhänge (Catenen) verbunden waren. p1b_559.017 b. Canzone Anakreontica, welche aus kürzeren Verszeilen und kürzeren p1b_559.018 Strophen besteht. c. Canzone Pindarica oder Canzone alla Greca, p1b_559.019 welche freieres Metrum hatte und (ähnlich der griech. Strophe, Antistrophe und p1b_559.020 Epode) in Ballata, Contraballata und Stanza zerfiel. Chiabrera, der p1b_559.021 die Kanzone willkürlich gliederte, nannte seine Formen Canzonetten. d. Canzone p1b_559.022 a ballo, welche ─ bis ins 16. Jahrhundert hinein ─ zum Tanz p1b_559.023 gesungen wurde. p1b_559.024 Bekannt gebliebene Kanzonen schrieb neben Dante besonders Bembo, p1b_559.025 Garcilaso und Petrarca. Des Letzteren berühmte Kanzonen „le tre sorelle“ p1b_559.026 (die 3 Schwestern) werden nach Kekulé und Biegeleben (in „Die Reime des p1b_559.027 Francesco Petrarca“. Stuttgart 1844. S. 164) von den Jtalienern zum p1b_559.028 Schönsten gerechnet, was jemals in der italienischen Lyrik geleistet wurde. p1b_559.029 Tessoni nennt sie die Königinnen aller Kanzonen. Jn nicht weniger als 264 p1b_559.030 Versen feiern dieselben Lauras Augen, lassen aber den seit einem halben Jahrhundert p1b_559.031 über ihre Farbe geführten Streit unentschieden. Petrarca ist in ihnen p1b_559.032 ganz Gefühl und Schwärmerei um die schöne Tochter des Rhonethals. ─ p1b_559.033 Die Kanzonen des großen Portugiesen Camoëns sind durch die 1874 p1b_559.034 zu Paderborn erschienene gute Übersetzung von Wilh. Storck dem deutschen p1b_559.035 Lesepublikum zugänglich gemacht. Jn den 18 Kanzonen des Camoëns treten p1b_559.036 uns 14 durch Ausdehnung der Stollen und des Abgesangs verschiedene p1b_559.037 Strophengefüge entgegen. Diese Kanzonen zeigen, wie sich der wahre Dichter p1b_559.038 weder durch Stoff, noch durch die Form beengen läßt. Die ganze Gemütswelt p1b_559.039 mit all ihren Stimmungen bietet dem Camoëns den Stoff, und er hat p1b_559.040 es verstanden, die Gestaltung der Gedankenglieder dem Gewande der Kanzonenstrophe p1b_559.041 anzupassen. Die beiden Stollen stimmen bei ihm metrisch zwar überein, p1b_559.042 aber sie werden in der Zeilenbindung weit freier als im deutschen behandelt, p1b_559.043 also z. B. in der Ordnung a b : b a (statt a b : a b) oder a b c : b a c p1b_559.044 (statt a b c : a b c) verkettet. Der abweichend gebaute Abgesang überragt ─

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/593
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/593>, abgerufen am 22.11.2024.