Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
p1b_452.001
Die Rose ist im Morgentau erwacht p1b_452.002
Und grüßet wie im Heiligtume, p1b_452.003
Geheim von einer Zaubermacht p1b_452.004
Entfacht als Wunderblume. p1b_452.005
O schmück mit deiner ganzen Zier p1b_452.006
Das Reich, das neue, große; - p1b_452.007
Allvater Deutschlands, Kaiser, dir p1b_452.008
Des Friedens schönste Rose.

p1b_452.009
Ergreifend wirken die Kehrreime von Georg Herwegh. Jch erinnere an p1b_452.010
den stehenden (Mein ganzer Reichtum ist mein Lied) in dem berühmten Gedichte p1b_452.011
"Leicht Gepäck", sowie an den flüssigen im Reiterlied:

p1b_452.012
Die bange Nacht ist nun herum, p1b_452.013
Wir reiten still, wir reiten stumm, p1b_452.014
Und reiten in's Verderben. p1b_452.015
Wie weht so scharf der Morgenwind! p1b_452.016
Frau Wirtin, noch ein Glas geschwind p1b_452.017
Vorm Sterben, vorm Sterben.
p1b_452.018
Du junges Gras, was stehst so grün? p1b_452.019
Mußt bald wie lauter Röslein blühn, p1b_452.020
Mein Blut ja soll dich färben. p1b_452.021
Den ersten Schluck, an's Schwert die Hand, p1b_452.022
Den trink ich, für das Vaterland p1b_452.023
Zu sterben, zu sterben.
p1b_452.024
Und schnell den zweiten hinterdrein, p1b_452.025
Und der soll für die Freiheit sein, p1b_452.026
Der zweite Schluck vom Herben! p1b_452.027
Dies Restchen - nun, wem bring' ich's gleich? p1b_452.028
Dies Restchen dir, o römisch Reich, p1b_452.029
Zum Sterben, zum Sterben!
p1b_452.030
Dem Liebchen - doch das Glas ist leer, p1b_452.031
Die Kugel saust, es blitzt der Speer; p1b_452.032
Bringt meinem Kind die Scherben! p1b_452.033
Auf! in den Feind wie Wetterschlag! p1b_452.034
O Reiterlust, am frühen Tag p1b_452.035
Zu sterben, zu sterben!

p1b_452.036
Julius Mosen benutzt die Eingangsworte als Refrain, nachdem er dieselben p1b_452.037
wiederholt hat, um Alles im Blick nach drüben zu vereinigen.

p1b_452.038
Da drüben überm Walde, p1b_452.039
Da singt ein Vogel schön, p1b_452.040
Da drüben an dem Bache p1b_452.041
Seh ich ein Rehlein gehn, p1b_452.042
Da drüben!
p1b_452.043
Und wo der Vogel singet, p1b_452.044
Und wo das Rehlein geht, p1b_452.045
Da drüben bei den Tannen p1b_452.046
Der Liebsten Hütte steht, p1b_452.047
Da drüben.
p1b_452.001
Die Rose ist im Morgentau erwacht p1b_452.002
Und grüßet wie im Heiligtume, p1b_452.003
Geheim von einer Zaubermacht p1b_452.004
Entfacht als Wunderblume. p1b_452.005
O schmück mit deiner ganzen Zier p1b_452.006
Das Reich, das neue, große; ─ p1b_452.007
Allvater Deutschlands, Kaiser, dir p1b_452.008
Des Friedens schönste Rose.

p1b_452.009
Ergreifend wirken die Kehrreime von Georg Herwegh. Jch erinnere an p1b_452.010
den stehenden (Mein ganzer Reichtum ist mein Lied) in dem berühmten Gedichte p1b_452.011
Leicht Gepäck“, sowie an den flüssigen im Reiterlied:

p1b_452.012
Die bange Nacht ist nun herum, p1b_452.013
Wir reiten still, wir reiten stumm, p1b_452.014
Und reiten in's Verderben. p1b_452.015
Wie weht so scharf der Morgenwind! p1b_452.016
Frau Wirtin, noch ein Glas geschwind p1b_452.017
Vorm Sterben, vorm Sterben.
p1b_452.018
Du junges Gras, was stehst so grün? p1b_452.019
Mußt bald wie lauter Röslein blühn, p1b_452.020
Mein Blut ja soll dich färben. p1b_452.021
Den ersten Schluck, an's Schwert die Hand, p1b_452.022
Den trink ich, für das Vaterland p1b_452.023
Zu sterben, zu sterben.
p1b_452.024
Und schnell den zweiten hinterdrein, p1b_452.025
Und der soll für die Freiheit sein, p1b_452.026
Der zweite Schluck vom Herben! p1b_452.027
Dies Restchen ─ nun, wem bring' ich's gleich? p1b_452.028
Dies Restchen dir, o römisch Reich, p1b_452.029
Zum Sterben, zum Sterben!
p1b_452.030
Dem Liebchen ─ doch das Glas ist leer, p1b_452.031
Die Kugel saust, es blitzt der Speer; p1b_452.032
Bringt meinem Kind die Scherben! p1b_452.033
Auf! in den Feind wie Wetterschlag! p1b_452.034
O Reiterlust, am frühen Tag p1b_452.035
Zu sterben, zu sterben!

p1b_452.036
Julius Mosen benutzt die Eingangsworte als Refrain, nachdem er dieselben p1b_452.037
wiederholt hat, um Alles im Blick nach drüben zu vereinigen.

p1b_452.038
Da drüben überm Walde, p1b_452.039
Da singt ein Vogel schön, p1b_452.040
Da drüben an dem Bache p1b_452.041
Seh ich ein Rehlein gehn, p1b_452.042
Da drüben!
p1b_452.043
Und wo der Vogel singet, p1b_452.044
Und wo das Rehlein geht, p1b_452.045
Da drüben bei den Tannen p1b_452.046
Der Liebsten Hütte steht, p1b_452.047
Da drüben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0486" n="452"/>
                <lb n="p1b_452.001"/>
                <lg>
                  <l> <hi rendition="#g">Die Rose ist im Morgentau erwacht</hi> </l>
                  <lb n="p1b_452.002"/>
                  <l>Und grüßet wie im Heiligtume,</l>
                  <lb n="p1b_452.003"/>
                  <l>Geheim von einer Zaubermacht</l>
                  <lb n="p1b_452.004"/>
                  <l>Entfacht als Wunderblume.</l>
                  <lb n="p1b_452.005"/>
                  <l>O schmück mit deiner ganzen Zier</l>
                  <lb n="p1b_452.006"/>
                  <l>Das Reich, das neue, große; &#x2500;</l>
                  <lb n="p1b_452.007"/>
                  <l>Allvater Deutschlands, Kaiser, dir</l>
                  <lb n="p1b_452.008"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Des Friedens schönste Rose.</hi> </l>
                </lg>
                <p><lb n="p1b_452.009"/>
Ergreifend wirken die Kehrreime von <hi rendition="#g">Georg Herwegh.</hi> Jch erinnere an <lb n="p1b_452.010"/>
den <hi rendition="#g">stehenden</hi> (Mein ganzer Reichtum ist mein Lied) in dem berühmten Gedichte <lb n="p1b_452.011"/>
&#x201E;<hi rendition="#g">Leicht Gepäck</hi>&#x201C;, sowie an den <hi rendition="#g">flüssigen</hi> im Reiterlied:</p>
                <lb n="p1b_452.012"/>
                <lg>
                  <l>Die bange Nacht ist nun herum,</l>
                  <lb n="p1b_452.013"/>
                  <l>Wir reiten still, wir reiten stumm,</l>
                  <lb n="p1b_452.014"/>
                  <l>Und reiten in's Verderben.</l>
                  <lb n="p1b_452.015"/>
                  <l>Wie weht so scharf der Morgenwind!</l>
                  <lb n="p1b_452.016"/>
                  <l>Frau Wirtin, noch ein Glas geschwind</l>
                  <lb n="p1b_452.017"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Vorm Sterben, vorm Sterben.</hi> </l>
                </lg>
                <lg>
                  <lb n="p1b_452.018"/>
                  <l>Du junges Gras, was stehst so grün?</l>
                  <lb n="p1b_452.019"/>
                  <l>Mußt bald wie lauter Röslein blühn,</l>
                  <lb n="p1b_452.020"/>
                  <l>Mein Blut ja soll dich färben.</l>
                  <lb n="p1b_452.021"/>
                  <l>Den ersten Schluck, an's Schwert die Hand,</l>
                  <lb n="p1b_452.022"/>
                  <l>Den trink ich, für das Vaterland</l>
                  <lb n="p1b_452.023"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Zu sterben, zu sterben.</hi> </l>
                </lg>
                <lg>
                  <lb n="p1b_452.024"/>
                  <l>Und schnell den zweiten hinterdrein,</l>
                  <lb n="p1b_452.025"/>
                  <l>Und der soll für die Freiheit sein,</l>
                  <lb n="p1b_452.026"/>
                  <l>Der zweite Schluck vom Herben!</l>
                  <lb n="p1b_452.027"/>
                  <l>Dies Restchen &#x2500; nun, wem bring' ich's gleich?</l>
                  <lb n="p1b_452.028"/>
                  <l>Dies Restchen dir, o römisch Reich,</l>
                  <lb n="p1b_452.029"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Zum Sterben, zum Sterben!</hi> </l>
                </lg>
                <lg>
                  <lb n="p1b_452.030"/>
                  <l>Dem Liebchen &#x2500; doch das Glas ist leer,</l>
                  <lb n="p1b_452.031"/>
                  <l>Die Kugel saust, es blitzt der Speer;</l>
                  <lb n="p1b_452.032"/>
                  <l>Bringt meinem Kind die Scherben!</l>
                  <lb n="p1b_452.033"/>
                  <l>Auf! in den Feind wie Wetterschlag!</l>
                  <lb n="p1b_452.034"/>
                  <l>O Reiterlust, am frühen Tag</l>
                  <lb n="p1b_452.035"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Zu sterben, zu sterben!</hi> </l>
                </lg>
                <p><lb n="p1b_452.036"/><hi rendition="#g">Julius Mosen</hi> benutzt die Eingangsworte als Refrain, nachdem er dieselben <lb n="p1b_452.037"/>
wiederholt hat, um Alles im Blick nach <hi rendition="#g">drüben</hi> zu vereinigen.</p>
                <lb n="p1b_452.038"/>
                <lg>
                  <l><hi rendition="#g">Da drüben</hi> überm Walde,</l>
                  <lb n="p1b_452.039"/>
                  <l>Da singt ein Vogel schön,</l>
                  <lb n="p1b_452.040"/>
                  <l>Da drüben an dem Bache</l>
                  <lb n="p1b_452.041"/>
                  <l>Seh ich ein Rehlein gehn,</l>
                  <lb n="p1b_452.042"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Da drüben!</hi> </l>
                </lg>
                <lg>
                  <lb n="p1b_452.043"/>
                  <l>Und wo der Vogel singet,</l>
                  <lb n="p1b_452.044"/>
                  <l>Und wo das Rehlein geht,</l>
                  <lb n="p1b_452.045"/>
                  <l><hi rendition="#g">Da drüben</hi> bei den Tannen</l>
                  <lb n="p1b_452.046"/>
                  <l>Der Liebsten Hütte steht,</l>
                  <lb n="p1b_452.047"/>
                  <l> <hi rendition="#g">Da drüben.</hi> </l>
                </lg>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[452/0486] p1b_452.001 Die Rose ist im Morgentau erwacht p1b_452.002 Und grüßet wie im Heiligtume, p1b_452.003 Geheim von einer Zaubermacht p1b_452.004 Entfacht als Wunderblume. p1b_452.005 O schmück mit deiner ganzen Zier p1b_452.006 Das Reich, das neue, große; ─ p1b_452.007 Allvater Deutschlands, Kaiser, dir p1b_452.008 Des Friedens schönste Rose. p1b_452.009 Ergreifend wirken die Kehrreime von Georg Herwegh. Jch erinnere an p1b_452.010 den stehenden (Mein ganzer Reichtum ist mein Lied) in dem berühmten Gedichte p1b_452.011 „Leicht Gepäck“, sowie an den flüssigen im Reiterlied: p1b_452.012 Die bange Nacht ist nun herum, p1b_452.013 Wir reiten still, wir reiten stumm, p1b_452.014 Und reiten in's Verderben. p1b_452.015 Wie weht so scharf der Morgenwind! p1b_452.016 Frau Wirtin, noch ein Glas geschwind p1b_452.017 Vorm Sterben, vorm Sterben. p1b_452.018 Du junges Gras, was stehst so grün? p1b_452.019 Mußt bald wie lauter Röslein blühn, p1b_452.020 Mein Blut ja soll dich färben. p1b_452.021 Den ersten Schluck, an's Schwert die Hand, p1b_452.022 Den trink ich, für das Vaterland p1b_452.023 Zu sterben, zu sterben. p1b_452.024 Und schnell den zweiten hinterdrein, p1b_452.025 Und der soll für die Freiheit sein, p1b_452.026 Der zweite Schluck vom Herben! p1b_452.027 Dies Restchen ─ nun, wem bring' ich's gleich? p1b_452.028 Dies Restchen dir, o römisch Reich, p1b_452.029 Zum Sterben, zum Sterben! p1b_452.030 Dem Liebchen ─ doch das Glas ist leer, p1b_452.031 Die Kugel saust, es blitzt der Speer; p1b_452.032 Bringt meinem Kind die Scherben! p1b_452.033 Auf! in den Feind wie Wetterschlag! p1b_452.034 O Reiterlust, am frühen Tag p1b_452.035 Zu sterben, zu sterben! p1b_452.036 Julius Mosen benutzt die Eingangsworte als Refrain, nachdem er dieselben p1b_452.037 wiederholt hat, um Alles im Blick nach drüben zu vereinigen. p1b_452.038 Da drüben überm Walde, p1b_452.039 Da singt ein Vogel schön, p1b_452.040 Da drüben an dem Bache p1b_452.041 Seh ich ein Rehlein gehn, p1b_452.042 Da drüben! p1b_452.043 Und wo der Vogel singet, p1b_452.044 Und wo das Rehlein geht, p1b_452.045 Da drüben bei den Tannen p1b_452.046 Der Liebsten Hütte steht, p1b_452.047 Da drüben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/486
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/486>, abgerufen am 22.11.2024.