Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_271.001 p1b_271.003
[Musik]
(== 1/2 Taktpause, also: p1b_271.005 p1b_271.008 p1b_271.011 Es stand | in al | ten Zei | ten - (katal.) ein Schloß | so hoch | und hehr. | - | p1b_271.015(brachykat.) p1b_271.016 p1b_271.020 p1b_271.022 Den Frost | aus Ruß | land bringst | du uns? | Da bringst | du schlech | ten p1b_271.024 p1b_271.025Plun | der. - (Rückerts Napoleon.) p1b_271.026 p1b_271.027 (Goethe, Das Parterre spricht.) p1b_271.029b. Seht, da sitzt er auf der Matte, aufrecht sitzt er da - | - | (Hier p1b_271.030 (Schiller in Nadowessiers Totenlied.) p1b_271.032 (Schillers Ritter Toggenburg.) p1b_271.034d. Als ich still und ruhig spann - |, ohne nur zu stocken | - | (Hier p1b_271.035 (Goethe, Die Spinnerin.) p1b_271.038 p1b_271.040 (Gleim.) p1b_271.042 (Rückert in Beyers biogr. Denkm. 221.) p1b_271.001 p1b_271.003
[Musik]
(== ½ Taktpause, also: p1b_271.005 p1b_271.008 p1b_271.011 Es stānd │ in āl │ ten Zeī │ ten ─̇ (katal.) ein Schloß │ so hoch │ und hehr. │ – │ p1b_271.015(brachykat.) p1b_271.016 p1b_271.020 p1b_271.022 Den Frost │ aus Ruß │ land bringst │ du uns? │ Da bringst │ du schlech │ ten p1b_271.024 p1b_271.025Plun │ der. ─̇ (Rückerts Napoleon.) p1b_271.026 p1b_271.027 (Goethe, Das Parterre spricht.) p1b_271.029β. Seht, da sitzt er auf der Matte, aufrecht sitzt er da ─̇ │ – │ (Hier p1b_271.030 (Schiller in Nadowessiers Totenlied.) p1b_271.032 (Schillers Ritter Toggenburg.) p1b_271.034δ. Als ich still und ruhig spann ─̇ │, ōhne nūr zu stōcken │ – │ (Hier p1b_271.035 (Goethe, Die Spinnerin.) p1b_271.038 p1b_271.040 (Gleim.) p1b_271.042 (Rückert in Beyers biogr. Denkm. 221.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0305" n="271"/><lb n="p1b_271.001"/> einer katalektischen, die ganze Pause am Schluß macht sie zur <hi rendition="#g">brachykatalektischen</hi> <lb n="p1b_271.002"/> Reihe. (Diese haben die Alten nur bei Dipodien angenommen.)</p> <p> <lb n="p1b_271.003"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_271.004"/> <p> <hi rendition="#c"><figure type="notatedMusic"/> (== ½ Taktpause, also: <lb n="p1b_271.005"/> katalektische Reihe.) <lb n="p1b_271.006"/> Still mit │ Nebel= │ glanz ─̇ │ – │ (½ und 1 Taktpause, also: <lb n="p1b_271.007"/> katal. u. brachykatal. Reihe.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_271.008"/> (½taktig nennen wir die Pause mit Rücksicht auf Silbenzahl des zweisilbigen <lb n="p1b_271.009"/> Taktes. Jm Hinblick auf Zeitmaß müßten wir sie ⅓taktig nennen, <lb n="p1b_271.010"/> was das obige Notenbeispiel veranschaulichen wird.)</p> <p><lb n="p1b_271.011"/> Der Uhland'sche Nibelungenvers wird allgemein als sechstaktiger Jambus <lb n="p1b_271.012"/> aufgefaßt. Und doch ist er bei Hinzurechnung der Pausen ein vollständiger <lb n="p1b_271.013"/> achttaktiger Jambus, z. B.</p> <lb n="p1b_271.014"/> <lg> <l>Es stānd │ in āl │ ten Zeī │ ten ─̇ (katal.) ein Schloß │ so hoch │ und hehr. │ – │</l> </lg> <lb n="p1b_271.015"/> <p> <hi rendition="#right">(brachykat.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_271.016"/> (Nachdem das Gesetz der rhythmischen Pausen ausgesprochen ist, wird <lb n="p1b_271.017"/> jeder ersehen, daß am Schluß der ersten rhythmischen Reihe ½ Takt fehlt, <lb n="p1b_271.018"/> dagegen am Schluß der zweiten Reihe ein ganzer Takt, durch deren Hinzufügung <lb n="p1b_271.019"/> der Vers ─ wie bemerkt ─ zum achttaktigen <hi rendition="#g">Jambus</hi> wird.)</p> <p><lb n="p1b_271.020"/> Jn derselben Weise wurden auch von geachteten Litterarhistorikern u. A. <lb n="p1b_271.021"/> häufig achttaktige Verse als siebentaktige aufgeführt, z. B.</p> <p><lb n="p1b_271.022"/><hi rendition="#aq">a</hi>. <hi rendition="#g">Jambisch</hi> (⏑ –).</p> <lb n="p1b_271.023"/> <lg> <l>Den Frost │ aus Ruß │ land bringst │ du uns? │ Da bringst │ du schlech │ ten</l> <lb n="p1b_271.024"/> <l> <hi rendition="#et">Plun │ der. ─̇</hi> </l> </lg> <lb n="p1b_271.025"/> <p> <hi rendition="#right">(Rückerts Napoleon.)</hi> </p> <p><lb n="p1b_271.026"/><hi rendition="#aq">b</hi>. <hi rendition="#g">Trochäisch</hi> (– ⏑).</p> <p> <lb n="p1b_271.027"/> <hi rendition="#et"><foreign xml:lang="grc">α</foreign>. Strēnge Frǟulein zū begrǖßen mūß ich mīch bequēmen │ – │</hi> </p> <lb n="p1b_271.028"/> <p> <hi rendition="#right">(Goethe, Das Parterre spricht.)</hi> </p> <lb n="p1b_271.029"/> <p> <hi rendition="#et"><foreign xml:lang="grc">β</foreign>. 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Rōsen pflǖcke, Rōsen blǖhn ─̇; mōrgen │ īst nicht │ hēut'. ─̇ │ – │</hi> </p> <lb n="p1b_271.041"/> <p> <hi rendition="#right">(Gleim.)</hi> </p> <p> <lb n="p1b_271.042"/> <hi rendition="#et2">(Hier ist der Vordersatz katal., der Nachsatz katal. und brachykatal.) <lb n="p1b_271.043"/> Ebenso: Wenn von Flügel und Klavier ─̇ │ meine liebsten Lieder. ─̇ –</hi> </p> <lb n="p1b_271.044"/> <p> <hi rendition="#right">(Rückert in Beyers biogr. Denkm. 221.)</hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0305]
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einer katalektischen, die ganze Pause am Schluß macht sie zur brachykatalektischen p1b_271.002
Reihe. (Diese haben die Alten nur bei Dipodien angenommen.)
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Beispiele:
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[Abbildung]
(== ½ Taktpause, also: p1b_271.005
katalektische Reihe.) p1b_271.006
Still mit │ Nebel= │ glanz ─̇ │ – │ (½ und 1 Taktpause, also: p1b_271.007
katal. u. brachykatal. Reihe.)
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(½taktig nennen wir die Pause mit Rücksicht auf Silbenzahl des zweisilbigen p1b_271.009
Taktes. Jm Hinblick auf Zeitmaß müßten wir sie ⅓taktig nennen, p1b_271.010
was das obige Notenbeispiel veranschaulichen wird.)
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Der Uhland'sche Nibelungenvers wird allgemein als sechstaktiger Jambus p1b_271.012
aufgefaßt. Und doch ist er bei Hinzurechnung der Pausen ein vollständiger p1b_271.013
achttaktiger Jambus, z. B.
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Es stānd │ in āl │ ten Zeī │ ten ─̇ (katal.) ein Schloß │ so hoch │ und hehr. │ – │
p1b_271.015
(brachykat.)
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(Nachdem das Gesetz der rhythmischen Pausen ausgesprochen ist, wird p1b_271.017
jeder ersehen, daß am Schluß der ersten rhythmischen Reihe ½ Takt fehlt, p1b_271.018
dagegen am Schluß der zweiten Reihe ein ganzer Takt, durch deren Hinzufügung p1b_271.019
der Vers ─ wie bemerkt ─ zum achttaktigen Jambus wird.)
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Jn derselben Weise wurden auch von geachteten Litterarhistorikern u. A. p1b_271.021
häufig achttaktige Verse als siebentaktige aufgeführt, z. B.
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a. Jambisch (⏑ –).
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Den Frost │ aus Ruß │ land bringst │ du uns? │ Da bringst │ du schlech │ ten p1b_271.024
Plun │ der. ─̇
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(Rückerts Napoleon.)
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b. Trochäisch (– ⏑).
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α. Strēnge Frǟulein zū begrǖßen mūß ich mīch bequēmen │ – │
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(Goethe, Das Parterre spricht.)
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β. Seht, da sitzt er auf der Matte, aufrecht sitzt er da ─̇ │ – │ (Hier p1b_271.030
ist 1½ Taktpause hinzuzurechnen.)
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(Schiller in Nadowessiers Totenlied.)
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γ. Rītter, trēue Schwēsterliēbe wīdmet Eūch dies Hērz ─̇ │ – │ (Ebenso.)
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(Schillers Ritter Toggenburg.)
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δ. Als ich still und ruhig spann ─̇ │, ōhne nūr zu stōcken │ – │ (Hier p1b_271.035
fehlt in der ersten katalektischen Reihe ½ Takt, in der zweiten brachykatalektischen p1b_271.036
ein ganzer Takt.)
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(Goethe, Die Spinnerin.)
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(Ähnliche Pausen finden sich in Goethes Tischlied, in Offne p1b_271.039
Tafel, im Heidenröslein u. s. w.)
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ε. Rōsen pflǖcke, Rōsen blǖhn ─̇; mōrgen │ īst nicht │ hēut'. ─̇ │ – │
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Ebenso: Wenn von Flügel und Klavier ─̇ │ meine liebsten Lieder. ─̇ –
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(Rückert in Beyers biogr. Denkm. 221.)
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