Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.p1b_190.001 p1b_190.002 Ja, zu den Füßen dieses stolzen Mannes p1b_190.004 p1b_190.006Nur Gott noch einmal danken; nicht dem Manne, p1b_190.005 Der Mann will keinen Dank. (Lessing, Nathan.) p1b_190.007Denn eben wo Begriffe fehlen, p1b_190.008 p1b_190.013Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. p1b_190.009 Mit Worten läßt sich trefflich streiten, p1b_190.010 Mit Worten ein System bereiten. p1b_190.011 An Worte läßt sich trefflich glauben, p1b_190.012 Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben. (Goethe, Faust.) p1b_190.014Sags noch einmal, und gleich soll diese Hand, p1b_190.015 p1b_190.017Die deine Lieb' erschlug, aus Lieb zu dir, p1b_190.016 Weil treue Liebe dir zu Lieb erschlagen. (Shakespeare, König Richard.) p1b_190.018 p1b_190.020 Beseligt sein und selig tief empfinden, p1b_190.022 p1b_190.023Wie du beseliget, beseligest. (Rückert.) p1b_190.024Jch singe, wie der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet, p1b_190.025 p1b_190.026Das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet. (Goethe, Sänger.) p1b_190.027Aber der Hörenden floß die schmelzende Thrän' auf die Wang hin; p1b_190.028 p1b_190.033So wie der Schnee hinschmilzt auf hochgescheitelten Bergen, p1b_190.029 Welchen der Ost hinschmelzte, nachdem ihn geschüttelt der Westwind, p1b_190.030 Daß von geschmolzener Nässe gedrängt abfließen die Bäche: p1b_190.031 Also schmolz in Thränen der Gattin liebliches Antlitz, p1b_190.032 Welche den nahen Gemahl beweinete... (Homers Odyssee, übers. v. Voß, 19, 204.) p1b_190.034 8. Symploke. p1b_190.035 p1b_190.040 Jch habe niemand, niemand (Epizeuxis) p1b_190.042
Auf dieser großen weiten Erde, niemand. (Epiphora) p1b_190.043 So weit das Scepter meines Vaters reicht, p1b_190.044 So weit (Anaphora) die Schiffahrt unsre Flaggen sendet, p1b_190.045 Jst keine Stelle, keine - keine (Epizeuxis), wo p1b_190.046 Jch meiner Thränen mich entlasten darf, p1b_190.047 Als diese. O, bei allem, Roderich, p1b_190.048 Was du und ich dereinst im Himmel hoffen, p1b_190.001 p1b_190.002 Ja, zu den Füßen dieses stolzen Mannes p1b_190.004 p1b_190.006Nur Gott noch einmal danken; nicht dem Manne, p1b_190.005 Der Mann will keinen Dank. (Lessing, Nathan.) p1b_190.007Denn eben wo Begriffe fehlen, p1b_190.008 p1b_190.013Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. p1b_190.009 Mit Worten läßt sich trefflich streiten, p1b_190.010 Mit Worten ein System bereiten. p1b_190.011 An Worte läßt sich trefflich glauben, p1b_190.012 Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben. (Goethe, Faust.) p1b_190.014Sags noch einmal, und gleich soll diese Hand, p1b_190.015 p1b_190.017Die deine Lieb' erschlug, aus Lieb zu dir, p1b_190.016 Weil treue Liebe dir zu Lieb erschlagen. (Shakespeare, König Richard.) p1b_190.018 p1b_190.020 Beseligt sein und selig tief empfinden, p1b_190.022 p1b_190.023Wie du beseliget, beseligest. (Rückert.) p1b_190.024Jch singe, wie der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet, p1b_190.025 p1b_190.026Das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet. (Goethe, Sänger.) p1b_190.027Aber der Hörenden floß die schmelzende Thrän' auf die Wang hin; p1b_190.028 p1b_190.033So wie der Schnee hinschmilzt auf hochgescheitelten Bergen, p1b_190.029 Welchen der Ost hinschmelzte, nachdem ihn geschüttelt der Westwind, p1b_190.030 Daß von geschmolzener Nässe gedrängt abfließen die Bäche: p1b_190.031 Also schmolz in Thränen der Gattin liebliches Antlitz, p1b_190.032 Welche den nahen Gemahl beweinete... (Homers Odyssee, übers. v. Voß, 19, 204.) p1b_190.034 8. Symploke. p1b_190.035 p1b_190.040 Jch habe niemand, niemand (Epizeuxis) p1b_190.042
Auf dieser großen weiten Erde, niemand. (Epiphora) p1b_190.043 So weit das Scepter meines Vaters reicht, p1b_190.044 So weit (Anaphora) die Schiffahrt unsre Flaggen sendet, p1b_190.045 Jst keine Stelle, keine ─ keine (Epizeuxis), wo p1b_190.046 Jch meiner Thränen mich entlasten darf, p1b_190.047 Als diese. 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B. <hi rendition="#g">den</hi> wollt ihr freigeben, <lb n="p1b_190.038"/> <hi rendition="#g">den</hi> der Senat <hi rendition="#g">verurteilt hat, den</hi> das römische Volk <hi rendition="#g">verurteilt <lb n="p1b_190.039"/> hat, den</hi> die Meinung Aller <hi rendition="#g">verurteilt hat</hi>?</p> <p> <lb n="p1b_190.040"/> <hi rendition="#g">Beispiele:</hi> </p> <lb n="p1b_190.041"/> <lg> <l>Jch habe <hi rendition="#g">niemand, niemand</hi> (Epizeuxis)</l> <lb n="p1b_190.042"/> <l>Auf dieser großen weiten Erde, <hi rendition="#g">niemand.</hi> (Epiphora)</l> <lb n="p1b_190.043"/> <l><hi rendition="#g">So weit</hi> das Scepter meines Vaters reicht,</l> <lb n="p1b_190.044"/> <l>So weit (Anaphora) die Schiffahrt unsre Flaggen sendet,</l> <lb n="p1b_190.045"/> <l>Jst keine Stelle, <hi rendition="#g">keine</hi> ─ keine (Epizeuxis), wo</l> <lb n="p1b_190.046"/> <l>Jch meiner Thränen mich entlasten darf,</l> <lb n="p1b_190.047"/> <l>Als diese. 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Beispiele:
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a. Flexion des Substantivs.
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Ja, zu den Füßen dieses stolzen Mannes p1b_190.004
Nur Gott noch einmal danken; nicht dem Manne, p1b_190.005
Der Mann will keinen Dank.
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(Lessing, Nathan.)
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Denn eben wo Begriffe fehlen, p1b_190.008
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. p1b_190.009
Mit Worten läßt sich trefflich streiten, p1b_190.010
Mit Worten ein System bereiten. p1b_190.011
An Worte läßt sich trefflich glauben, p1b_190.012
Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.
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(Goethe, Faust.)
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Sags noch einmal, und gleich soll diese Hand, p1b_190.015
Die deine Lieb' erschlug, aus Lieb zu dir, p1b_190.016
Weil treue Liebe dir zu Lieb erschlagen.
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(Shakespeare, König Richard.)
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(Vgl. das Lateinische: pater hic tuus? patrem hunc appellas? p1b_190.019
patris tu hujus filius es?)
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b. Flexion des Verbums.
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Beseligt sein und selig tief empfinden, p1b_190.022
Wie du beseliget, beseligest.
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(Rückert.)
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Jch singe, wie der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet, p1b_190.025
Das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet.
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(Goethe, Sänger.)
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Aber der Hörenden floß die schmelzende Thrän' auf die Wang hin; p1b_190.028
So wie der Schnee hinschmilzt auf hochgescheitelten Bergen, p1b_190.029
Welchen der Ost hinschmelzte, nachdem ihn geschüttelt der Westwind, p1b_190.030
Daß von geschmolzener Nässe gedrängt abfließen die Bäche: p1b_190.031
Also schmolz in Thränen der Gattin liebliches Antlitz, p1b_190.032
Welche den nahen Gemahl beweinete...
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(Homers Odyssee, übers. v. Voß, 19, 204.)
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8. Symploke. p1b_190.035
Symploke (griech. συμπλοκή == Verflechtung) ist, wie schon der p1b_190.036
Name besagt, diejenige Wiederholung, welche mehrere der bisherigen p1b_190.037
Wiederholungsarten miteinander verflicht. Z. B. den wollt ihr freigeben, p1b_190.038
den der Senat verurteilt hat, den das römische Volk verurteilt p1b_190.039
hat, den die Meinung Aller verurteilt hat?
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Beispiele:
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Jch habe niemand, niemand (Epizeuxis) p1b_190.042
Auf dieser großen weiten Erde, niemand. (Epiphora) p1b_190.043
So weit das Scepter meines Vaters reicht, p1b_190.044
So weit (Anaphora) die Schiffahrt unsre Flaggen sendet, p1b_190.045
Jst keine Stelle, keine ─ keine (Epizeuxis), wo p1b_190.046
Jch meiner Thränen mich entlasten darf, p1b_190.047
Als diese. O, bei allem, Roderich, p1b_190.048
Was du und ich dereinst im Himmel hoffen,
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Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/224>, abgerufen am 16.02.2025. |