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Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.

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Das Volksrecht als gemeines Ständerecht.
des Adelsstandes anführt. Betrachtet man diese aber vom
Standpuncte des gemeinen Rechts aus, so ergiebt sich, daß sie
weniger eine juristische als eine sociale Bedeutung haben, und je-
denfalls nicht von einer solchen intensiven Kraft sind, daß darauf
ein besonderes Standesrecht begründet werden könnte. Aehn-
lich verhält es sich mit dem Wappenrecht, dessen sich auch
manche nichtadeliche Familien erfreuen, ohne daß sie dazu eines
besonderen Wappenbriefes bedürften; beim Adel ist der her-
kömmliche Gebrauch eines besonderen Wappens nur gebräuch-
licher, wie er denn überhaupt ein größeres Gewicht auf seine
Familie legt, als in andern Kreisen der Bevölkerung gewöhn-
lich ist. Damit ist aber die genossenschaftliche Abschließung,
wie beim hohen Adel, noch nicht gegeben, und was man die
Autonomie des niedern Adels nennt, ist nichts anders als der
häufigere Gebrauch der Fideicommißstiftungen, der sich bei dem-
selben findet, ohne daß er gemeinrechtlich dabei besonders pri-
vilegirt wäre. Auch enthält das Familienfideicommiß nicht, wie
die autonomische Beliebung, ein Gesetz, welches unmittelbar die
Familie und nur mittelbar das Vermögen erfaßt; sondern es
ist eben eine Disposition, die unmittelbar auf das letztere geht,
und namentlich den Grundbesitz nach Art einer andern Real-
belastung, wenn auch auf besondere Weise, afficirt. Von den
einzeln vorkommenden Stammgütern, bei denen sich in verschie-
dener Weise die Wirkung des Beispruchsrechts der näch-
sten Erben und die Bevorzugung der Agnaten bei der Suc-
cession in den Grundbesitz erhalten haben, kann ebensowenig
ein besonderes Standesrecht des niedern Adels hergeleitet wer-
den; dasselbe ist vielmehr im Zweifel auch hinsichtlich des Ver-
mögens nach den Grundsätzen des gemeinen Landrechts zu
beurtheilen.


Das Volksrecht als gemeines Staͤnderecht.
des Adelsſtandes anfuͤhrt. Betrachtet man dieſe aber vom
Standpuncte des gemeinen Rechts aus, ſo ergiebt ſich, daß ſie
weniger eine juriſtiſche als eine ſociale Bedeutung haben, und je-
denfalls nicht von einer ſolchen intenſiven Kraft ſind, daß darauf
ein beſonderes Standesrecht begruͤndet werden koͤnnte. Aehn-
lich verhaͤlt es ſich mit dem Wappenrecht, deſſen ſich auch
manche nichtadeliche Familien erfreuen, ohne daß ſie dazu eines
beſonderen Wappenbriefes beduͤrften; beim Adel iſt der her-
koͤmmliche Gebrauch eines beſonderen Wappens nur gebraͤuch-
licher, wie er denn uͤberhaupt ein groͤßeres Gewicht auf ſeine
Familie legt, als in andern Kreiſen der Bevoͤlkerung gewoͤhn-
lich iſt. Damit iſt aber die genoſſenſchaftliche Abſchließung,
wie beim hohen Adel, noch nicht gegeben, und was man die
Autonomie des niedern Adels nennt, iſt nichts anders als der
haͤufigere Gebrauch der Fideicommißſtiftungen, der ſich bei dem-
ſelben findet, ohne daß er gemeinrechtlich dabei beſonders pri-
vilegirt waͤre. Auch enthaͤlt das Familienfideicommiß nicht, wie
die autonomiſche Beliebung, ein Geſetz, welches unmittelbar die
Familie und nur mittelbar das Vermoͤgen erfaßt; ſondern es
iſt eben eine Dispoſition, die unmittelbar auf das letztere geht,
und namentlich den Grundbeſitz nach Art einer andern Real-
belaſtung, wenn auch auf beſondere Weiſe, afficirt. Von den
einzeln vorkommenden Stammguͤtern, bei denen ſich in verſchie-
dener Weiſe die Wirkung des Beiſpruchsrechts der naͤch-
ſten Erben und die Bevorzugung der Agnaten bei der Suc-
ceſſion in den Grundbeſitz erhalten haben, kann ebenſowenig
ein beſonderes Standesrecht des niedern Adels hergeleitet wer-
den; daſſelbe iſt vielmehr im Zweifel auch hinſichtlich des Ver-
moͤgens nach den Grundſaͤtzen des gemeinen Landrechts zu
beurtheilen.


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[205/0217] Das Volksrecht als gemeines Staͤnderecht. des Adelsſtandes anfuͤhrt. Betrachtet man dieſe aber vom Standpuncte des gemeinen Rechts aus, ſo ergiebt ſich, daß ſie weniger eine juriſtiſche als eine ſociale Bedeutung haben, und je- denfalls nicht von einer ſolchen intenſiven Kraft ſind, daß darauf ein beſonderes Standesrecht begruͤndet werden koͤnnte. Aehn- lich verhaͤlt es ſich mit dem Wappenrecht, deſſen ſich auch manche nichtadeliche Familien erfreuen, ohne daß ſie dazu eines beſonderen Wappenbriefes beduͤrften; beim Adel iſt der her- koͤmmliche Gebrauch eines beſonderen Wappens nur gebraͤuch- licher, wie er denn uͤberhaupt ein groͤßeres Gewicht auf ſeine Familie legt, als in andern Kreiſen der Bevoͤlkerung gewoͤhn- lich iſt. Damit iſt aber die genoſſenſchaftliche Abſchließung, wie beim hohen Adel, noch nicht gegeben, und was man die Autonomie des niedern Adels nennt, iſt nichts anders als der haͤufigere Gebrauch der Fideicommißſtiftungen, der ſich bei dem- ſelben findet, ohne daß er gemeinrechtlich dabei beſonders pri- vilegirt waͤre. Auch enthaͤlt das Familienfideicommiß nicht, wie die autonomiſche Beliebung, ein Geſetz, welches unmittelbar die Familie und nur mittelbar das Vermoͤgen erfaßt; ſondern es iſt eben eine Dispoſition, die unmittelbar auf das letztere geht, und namentlich den Grundbeſitz nach Art einer andern Real- belaſtung, wenn auch auf beſondere Weiſe, afficirt. Von den einzeln vorkommenden Stammguͤtern, bei denen ſich in verſchie- dener Weiſe die Wirkung des Beiſpruchsrechts der naͤch- ſten Erben und die Bevorzugung der Agnaten bei der Suc- ceſſion in den Grundbeſitz erhalten haben, kann ebenſowenig ein beſonderes Standesrecht des niedern Adels hergeleitet wer- den; daſſelbe iſt vielmehr im Zweifel auch hinſichtlich des Ver- moͤgens nach den Grundſaͤtzen des gemeinen Landrechts zu beurtheilen.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_volksrecht_1843/217>, abgerufen am 24.11.2024.