Beseler, Georg: Volksrecht und Juristenrecht. Leipzig, 1843.Drittes Kapitel. Weise kann es geschehen, daß sich das anomalische Recht alsjus generale darstellt, und daß umgekehrt das jus com- mune in einzelnen Instituten durch specielle Rechtsnormen fast ganz außer Kraft gesetzt ist. Indessen ist die Zerlegung des Rechtsstoffs nach diesen Drittes Kapitel. Weiſe kann es geſchehen, daß ſich das anomaliſche Recht alsjus generale darſtellt, und daß umgekehrt das jus com- mune in einzelnen Inſtituten durch ſpecielle Rechtsnormen faſt ganz außer Kraft geſetzt iſt. Indeſſen iſt die Zerlegung des Rechtsſtoffs nach dieſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0104" n="92"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Kapitel</hi>.</fw><lb/> Weiſe kann es geſchehen, daß ſich das anomaliſche Recht als<lb/><hi rendition="#aq">jus generale</hi> darſtellt, und daß umgekehrt das <hi rendition="#aq">jus com-<lb/> mune</hi> in einzelnen Inſtituten durch ſpecielle Rechtsnormen faſt<lb/> ganz außer Kraft geſetzt iſt.</p><lb/> <p>Indeſſen iſt die Zerlegung des Rechtsſtoffs nach dieſen<lb/> Begriffsbeſtimmungen keine durchaus nothwendige, und nicht<lb/> fuͤr jedes poſitive Recht begruͤndet. Der Gegenſatz von <hi rendition="#aq">jus<lb/> generale</hi> und <hi rendition="#aq">speciale</hi> iſt immer nur zufaͤllig, und von der<lb/> Rechtsverfaſſung der einzelnen Staaten bedingt. So kennt<lb/> das roͤmiſch-juſtinianiſche Recht, abgeſehen etwa von einigen<lb/> unbedeutenden Ortsgebraͤuchen, gar keine ſpeciellen Rechtsnor-<lb/> men, und auch das franzoͤſiſche Recht iſt auf aͤhnliche Weiſe<lb/> generaliſirt worden. Aber auch der Gegenſatz von <hi rendition="#aq">jus com-<lb/> mune</hi> und <hi rendition="#aq">singulare,</hi> welcher allerdings eine mehr innerliche<lb/> Begruͤndung hat, iſt doch auch nicht immer derſelbe; denn er<lb/> ſetzt ſchon, um conſequent durchgefuͤhrt zu werden, eine ſehr<lb/> beſtimmte Abgrenzung des reinen Rechtsgebietes voraus, und<lb/> eine Einheit und Sicherheit der Principien, welche ſich nicht<lb/> allenthalben gleichmaͤßig finden, und nicht bloß von der allge-<lb/> meinen Beſchaffenheit des Rechts, ſondern auch von deſſen<lb/> formeller Ausbildung weſentlich abhaͤngen. — Fragen wir nun,<lb/> wie es ſich mit dem Begriff des gemeinen Rechts in Deutſch-<lb/> land verhalte, ſo zeigt ſich einer aufmerkſamen Betrachtung<lb/> bald, daß die Sache hier ihre ganz beſondere Schwierigkeit<lb/> hat, und daß ſie auch in der Wiſſenſchaft noch nicht zu ei-<lb/> nem voͤlligen Abſchluß gediehen iſt. Das kommt theils von<lb/> der großen, verwirrenden Mannichfaltigkeit her, welche uͤber-<lb/> haupt das deutſche Rechtsweſen charakteriſirt; theils hat es<lb/> darin ſeinen Grund, daß wir zwei weſentlich verſchiedene Ele-<lb/> mente in unſerm Rechte haben, ein deutſches und ein roͤmi-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0104]
Drittes Kapitel.
Weiſe kann es geſchehen, daß ſich das anomaliſche Recht als
jus generale darſtellt, und daß umgekehrt das jus com-
mune in einzelnen Inſtituten durch ſpecielle Rechtsnormen faſt
ganz außer Kraft geſetzt iſt.
Indeſſen iſt die Zerlegung des Rechtsſtoffs nach dieſen
Begriffsbeſtimmungen keine durchaus nothwendige, und nicht
fuͤr jedes poſitive Recht begruͤndet. Der Gegenſatz von jus
generale und speciale iſt immer nur zufaͤllig, und von der
Rechtsverfaſſung der einzelnen Staaten bedingt. So kennt
das roͤmiſch-juſtinianiſche Recht, abgeſehen etwa von einigen
unbedeutenden Ortsgebraͤuchen, gar keine ſpeciellen Rechtsnor-
men, und auch das franzoͤſiſche Recht iſt auf aͤhnliche Weiſe
generaliſirt worden. Aber auch der Gegenſatz von jus com-
mune und singulare, welcher allerdings eine mehr innerliche
Begruͤndung hat, iſt doch auch nicht immer derſelbe; denn er
ſetzt ſchon, um conſequent durchgefuͤhrt zu werden, eine ſehr
beſtimmte Abgrenzung des reinen Rechtsgebietes voraus, und
eine Einheit und Sicherheit der Principien, welche ſich nicht
allenthalben gleichmaͤßig finden, und nicht bloß von der allge-
meinen Beſchaffenheit des Rechts, ſondern auch von deſſen
formeller Ausbildung weſentlich abhaͤngen. — Fragen wir nun,
wie es ſich mit dem Begriff des gemeinen Rechts in Deutſch-
land verhalte, ſo zeigt ſich einer aufmerkſamen Betrachtung
bald, daß die Sache hier ihre ganz beſondere Schwierigkeit
hat, und daß ſie auch in der Wiſſenſchaft noch nicht zu ei-
nem voͤlligen Abſchluß gediehen iſt. Das kommt theils von
der großen, verwirrenden Mannichfaltigkeit her, welche uͤber-
haupt das deutſche Rechtsweſen charakteriſirt; theils hat es
darin ſeinen Grund, daß wir zwei weſentlich verſchiedene Ele-
mente in unſerm Rechte haben, ein deutſches und ein roͤmi-
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